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60 Jahre danach: ein Leben mit Contergan

Das Medikament Contergan sollte schwangeren Frauen helfen, doch löste es schwere Fehlbildungen bei ihren ungeborenen Kindern aus. Noch heute leiden die Betroffenen unter den Folgen. Die Hersteller wurden nie verurteilt.

Als Gunhild Krämer-Kornja 1962 zur Welt kam, glaubte der Arzt zunächst nicht, dass sie lange überleben würde. Das Mädchen hatte schwere Fehlbildungen an Armen und Händen, die inneren Organe lagen an der falschen Stelle. Ursache war das Medikament Contergan, das Krämer-Kornjas Mutter in der Schwangerschaft eingenommen hatte.

Ab 1957 verkaufte die Firma Grünenthal das Medikament, das man sogar ohne Rezept bekommen konnte. Es sollte schwangeren Frauen bei Übelkeit helfen. Doch dann wurden immer mehr Fälle von Nervenschäden bei Erwachsenen und Fehlbildungen bei Kindern bekannt. Ärzte schlugen Alarm, aber die Firma Grünenthal weigerte sich zunächst zu handeln. Erst nachdem Zeitungen darüber berichteten, wurde Contergan am 27. November 1961 in Deutschland vom Markt genommen.

Bis dahin war fast jedes zweite sogenannte Contergan-Kind kurz nach der Geburt gestorben. Als Kinder wurden manche Betroffene von ihren Eltern vor den Nachbarn versteckt. Heute leben etwa 5.000 Contergan-Opfer mit ihrer Behinderung in Deutschland. Zu ihrem Leben gehören viele Einschränkungen und Probleme im Alltag. Auch heute erleben sie immer noch Ausgrenzung.

1968 kam die Firma Grünenthal vor Gericht. Ein Urteil gab es nicht, doch die Betroffenen bekamen eine Entschädigungszahlung. Die Bundesregierung hat ihnen bis heute knapp zwei Milliarden Euro gezahlt, Grünenthal weit weniger. 2021 entschuldigte sich nun auch die Familie, der die Firma gehört. Für Gunhild Krämer-Kornja kommt das zu spät. Wut empfindet sie jedoch nicht: „Das lasse ich nicht mehr zu.“

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