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Als Einzelkämpfer im Bundestag

Stefan Seidler vertritt im deutschen Bundestag die Interessen von Dänen, Friesen und anderen nationalen Minderheiten. Er ist dort der einzige Abgeordnete einer kleinen Partei – was ihn aber überhaupt nicht stört.

Die meisten Bundestagsabgeordneten sind Teil einer Fraktion, machen also zusammen mit ihren Parteikolleginnen und -kollegen Politik. Bei Stefan Seidler ist das anders. Er ist der einzige Abgeordnete des „Südschleswigschen Wählerverbandes“ (SSW), der Partei der Dänen und Friesen. Über 50.000 Angehörige dieser Gruppe leben in Norddeutschland. Sie sind deutsche Staatsbürger, sprechen aber eine andere Sprache und haben eigene Schulen und Kindergärten.

Insgesamt gibt es in Deutschland vier nationale Minderheiten mit einer eigenen sprachlichen und kulturellen Identität. Vom Gesetz her sind sie besonders geschützt – deshalb gilt die Fünf-Prozent-Hürde für den SSW als Partei der Dänen und Friesen nicht. Stefan Seidler brauchte bei der Bundestagswahl 2021 nur so viele Stimmen, wie für einen Sitz nötig sind. 55.000 Menschen wählten seine Partei – mehr als genug.

Wichtig ist dem 42-Jährigen, dass es Chancengleichheit für Minderheiten gibt. Besonders am Herzen liegen ihm der Schutz ihrer Kultur und ihrer Sprachen. Deshalb vertritt er auch die Interessen der Sorben sowie der Sinti und Roma – der anderen nationalen Minderheiten in Deutschland. Seiler hat zu allen Gruppen gute Kontakte, übrigens auch zu deutschen Minderheiten im Ausland: „Da freuen sich viele, dass wieder jemand da ist, der daran erinnert, was Minderheiten überhaupt sind.“

Dass er als Einzelkämpfer Politik macht, stört Seidler nicht; er ist gut vernetzt im Bundestag. „Ich denke, es gibt Menschen da oben, die noch höhere Posten haben, die sich wesentlich einsamer fühlen als ich.“ Auch seine erste Rede hat Stefan Seidler schon gehalten. Ein bisschen nervös war er zwar: „Aber dann habe ich mir gedacht, was die können, kann ich schon lange.“

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