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Bundesweiter Vorlesetag: zum Lesen verführen

Am 17. November ist bundesweiter Vorlesetag. Doch nicht alle Eltern stöbern mit ihren Kindern regelmäßig in Büchern. Das hat viel mit Bildung, aber auch mit eigenen Erfahrungen zu tun.

Symbolbild Vorlesen

Vorlesen macht klug. Es erweitert den Wortschatz, fördert die Konzentration und regt die Fantasie an. Das sind nur ein paar der vielen Gründe, warum Vorlesen so wichtig ist. In vielen Familien ist es ein Ritual, das Eltern und Kinder zu schätzen wissen: Vor dem Zubettgehen wird eine Geschichte vorgelesen.

Allerdings ist es nicht in allen Familien verbreitet. Einer Studie zufolge, die von der Stiftung Lesen zusammen mit der Deutschen Bahn Stiftung und der Wochenzeitung „Die Zeit“ in Auftrag gegeben wurde, lesen bundesweit mehr als ein Drittel der Eltern ihrem ein- bis achtjährigen Nachwuchs selten oder nie vor. Auch das gemeinsame Betrachten von Bilderbüchern mit den ganz Kleinen fehlt oft.

Das trifft vor allem auf Mütter und Väter zu, die einen geringen Bildungsabschluss haben und denen selbst als Kind kaum vorgelesen wurde. Der Anteil der Eltern, die selten oder nie vorlesen, habe sich zwar von rund 40 Prozent im Vorjahr auf über 36 Prozent verringert, berichtet Simone Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen. „Wir können aber keine Entwarnung geben.“

Lesende Eltern geben Kindheitserfahrungen weiter

Eltern, denen in ihrer Kindheit früher selbst vorgelesen wurde, lesen dem eigenen Nachwuchs eher vor. 72 Prozent der Befragten, die sich an Geschichten aus ihrer Kindheit erinnern, geben diese an ihre Kinder weiter. Auf diese Weise entstehe eine „gemeinsame Welt“ zwischen den Generationen, sagt Ehmig.

Meist findet sich in Familien, in denen regelmäßig vorgelesen wird, ein Fundus an Kinderbüchern und sonstigem Lesestoff.  Außerdem nutzten diese Familie verstärkt elektronische Lesemedien, so die Expertin – und zwar gemeinsam mit den Kindern: „Die Vorstellung, dass Kinder vor Bildschirmen 'geparkt' würden, trifft nicht zu.“

Grafik zeigt Kinder und Tiere, die einem lesenden Mann zuhören
null DW

Kinder, die schon zu Hause regelmäßig mit Büchern in Kontakt kommen, haben es später leichter, in der Schule lesen zu lernen. „Je früher ich beginne, desto eher ist das Lesen Teil meiner Lebenswelt“, so Ehmig. Wer noch keine Leseerfahrung mit den Eltern gesammelt hat, tut sich dagegen schwer. Das führe häufig zu Frustrationen, weiß die Expertin.

Dass manche Eltern ihren Kindern selten oder gar nicht vorlesen, begründen sie oft damit, dass sie keine guten Lesenden seien. Sie könnten sich auch nicht in die Figuren der Geschichten hereinversetzen. „Damit setzen sie sich viel zu sehr unter Druck“, sagt Simone Ehmig. Es komme nicht auf Perfektion an, das Vorlesen sei gesellschaftlich viel zu idealisiert.

Zum Vorlesen motivieren 

Im Institut für Lese- und Medienforschung der Stiftung hat man sich daher überlegt, wie man Eltern zum Vorlesen motivieren kann – zum Beispiel, indem man ihnen Bücher schenkt, die Ausleihmöglichkeiten in Schulen und Kitas verbessert und vor allem bei den Kindern selbst das Interesse an Büchern weckt.

Wenn die Kinder in der Kita oder Schule erleben, wie viel Freude das Vorlesen bereitet, fordern sie es auch zu Hause ein, so die Überlegung. „In Familien, in denen selten vorgelesen wird, geht die Initiative für das Vorlesen laut Studie in 50 Prozent der Fälle von den Kindern aus“, weiß Simone Ehmig.

Genau deshalb wurde 2004 der bundesweite Vorlesetag ins Leben gerufen. Er soll Kinder ermutigen, das Thema in die Familien hineinzutragen. Dazu passt auch das diesjährige Motto: „Lesen verbindet!“ 

suc/ip (dpa/kna)