Deutsch lernen mit Erich Kästner
Erich Kästner war ein Pazifist mit Menschenkenntnis und Humor. Seine Bücher schrieb der beliebte deutsche Autor für Kinder und Erwachsene. Viele seiner Werke sind auch für den DaF/DaZ-Unterricht aufbereitet worden.
Die Kinderbücher von Erich Kästner haben Generationen begleitet. Mit Klassikern wie „Emil und die Detektive“ oder „Das doppelte Lottchen“ schrieb sich der 1899 geborene deutsche Autor weltweit in die Herzen von Millionen von Kindern und Erwachsenen. Seine Werke wurden in rund 70 Sprachen übersetzt und vielfach verfilmt, zuletzt „Das fliegende Klassenzimmer“ 2023 und „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ 2021. Am 23. Februar wäre Erich Kästner 125 Jahre alt geworden.
„Kästner öffnet Herzen“ – so die Geschäftsführerin des Erich Kästner Hauses für Literatur in seiner Geburtsstadt Dresden, Andrea O'Brien. Das liege an seinem großen Einfühlungsvermögen. Es gebe nur wenige Autoren, die so lebendig im Bewusstsein geblieben seien wie er. Ein Grund dafür sei seine „wahnsinnig klare Sprache, obwohl sie vieldeutig ist“. Er habe auch politische Zustände auf eine einfache Art und Weise dargestellt.
Erich Kästner im Unterricht
Auch deswegen wird Erich Kästner an Schulen gern gelesen. Viele seiner Bücher sind dabei auch für Deutschlernende aufbereitet worden und mithilfe von Worterklärungen und Textvereinfachungen bereits für niedrigere Niveaustufen ab A2 zugänglich. So hat etwa der Klett-Verlag in seiner Reihe „Easy Readers (DaF)“ zahlreiche Titel von Kästner im Programm und auch Cornelsen bietet einzelne Werke Kästners in vereinfachter und gekürzter Form in der Reihe „einfach lesen!“ an. Aber nicht nur die Geschichten selbst bieten spannende Gesprächsanlässe für den Unterricht, auch die Biografie des Autors ist interessant und kann für geschichtliche Exkurse oder Diskussionen zur aktuellen politischen Situation in Deutschland herangezogen werden.
Kästner verbrachte seine Kindheit und Jugend in Dresden, schrieb schon als Schüler Gedichte und wollte eigentlich Lehrer werden. Nach einem Jahr Militärdienst machte er das Abitur nach, studierte dann Germanistik, Geschichte, Philosophie, Zeitungskunde und Theaterwissenschaften. Dafür ging er 1919 nach Leipzig. Noch während des Studiums wurde er 1924 Redakteur der „Neuen Leipziger Zeitung“, bei der er später wegen eines Gedichts entlassen wurde. 1927 ging er nach Berlin, schrieb für „Die Weltbühne“ oder „Vossische Zeitung“. 1929 erschien sein erster Roman für Kinder „Emil und die Detektive“, der zwei Jahre später verfilmt wurde, nach einem Drehbuch von Billy Wilder. Bis heute ist „Emil und die Detektive“ eins seiner erfolgreichsten Bücher.
Publikationsverbot während der NS-Zeit
1933 wurde Kästner Zeuge, wie seine Bücher von den Nazis als „undeutsche Literatur“ auf dem Berliner Opernplatz verbrannt wurden. Aufgrund des Publikationsverbots konnte er nur noch unter Pseudonymen in Deutschland veröffentlichen. „Er hat versucht, unter dem Radar zu bleiben und irgendwie am Ball“, erzählt O'Brien. Obwohl sein Werk offiziell verboten war und er unter seinem Namen nicht veröffentlichen durfte, emigrierte Kästner nicht wie viele seiner Autorenkollegen. Ein Grund dafür dürfte die enge Bindung zu seiner Mutter gewesen sein. Aber vor allem hatte er wohl die politische Situation falsch eingeschätzt: „Er hat sich einfach geirrt, dachte, es ist ein Spuk“, so sein Biograf Sven Hanuschek.
Kästners Bücher wurden im deutschsprachigen Ausland weiter gedruckt und noch in Deutschland vertrieben. Erst ab 1943 hatte er tatsächlich Berufsverbot, bis zum Kriegsende lebte er von Ersparnissen. Nach 1945 verfasste Kästner unter anderem Chansons und Texte fürs Kabarett, war politisch engagiert, hielt Reden für Frieden und Abrüstung. 1949 erschien „Die Konferenz der Tiere“, in der Tiere sich für eine friedliche Zukunft einsetzen, weil die Menschen daran scheitern.
Viel zitierte Mahnungen vor Nationalismus und Militarismus
Kästner war überzeugter Pazifist und ein humorvoller und kritischer Beobachter der Gesellschaft. Viele seiner Aussagen zum Dritten Reich werden heute wieder viel zitiert, in Artikeln und Online-Posts oder bei den Demonstrationen vielerorts in Deutschland gegen den erstarkenden Rechtsextremismus. „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät“, konstatierte Kästner 1958 in einer Rede zur Bücherverbrennung. „Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.“
Erich Kästner starb 1974 in München. Bis heute sind längst nicht all seine Texte identifiziert. Laut O'Brien hat Kästner unter 70 Pseudonymen geschrieben. „Es gibt noch eine ganze Menge nicht bekannter Texte von ihm – auch sehr viele frühe“, sagt sie. Mit Überraschungen dürfe also immer noch gerechnet werden.
io/ip (mit epd/dpa)