Deutschlands beliebteste Vornamen
Ganz oben auf der Liste der beliebtesten Vornamen des Jahres 2022 stehen alte Bekannte: Emilia und Noah – so nannten Eltern in Deutschland ihre Neugeborenen im vergangenen Jahr am häufigsten. Das geht aus der jährlichen Auswertung des Hobbynamensforschers Knud Bielefeld hervor.
Emilia führte schon 2021 die weibliche Vornamensliste an und zählt bereits seit 2013 zu den zehn häufigsten Mädchennamen. Noah war 2020 zum ersten Mal Spitzenreiter und belegte 2021 hinter Matteo den zweiten Platz des Rankings, das der 55-jährige Wirtschaftsinformatiker Bielefeld seit 1996 auf seiner Internetseite beliebte-vornamen.de publiziert. Für seine jährlichen Ranglisten wertet er Geburtsmeldungen von Kliniken und Standesämtern aus über 420 deutschen Städten aus.
Besonders beliebt: Vornamen mit L, M und N
„Bei der Wahl der Vornamen zeichnet sich ein neuer Trend ab“, fasst Knud Bielefeld das Ergebnis seiner aktuellen Nachforschungen zusammen. So würden immer häufiger Namen gewählt, die ausschließlich die besonders angenehm klingenden Konsonanten L, M und N enthielten und in denen zugleich zwei Vokale zusammenstießen. „Emilia passt perfekt in dieses Schema“, so der Namensforscher. Und auch Noah, bei dem das H am Ende ja nicht zu hören sei, könne man dazu zählen.
Der Name Emilia geht laut Bielefeld auf einen alten lateinischen Namen zurück. Er sei seit dem Hit „Big Big World“ der schwedischen Sängerin Emilia aus dem Jahr 1998 im Trend. Noah wiederum stamme aus dem Alten Testament. „Seine Beliebtheit lässt aber nicht darauf schließen, dass deutsche Eltern religiöser werden“, so der Hobbyforscher. Der Name sei vielmehr erst in die Top Ten gelangt, nachdem der frühere Tennis-Profi Boris Becker seinen Sohn Noah genannt habe.
Nur wenig Veränderungen im Jahr 2022
Insgesamt registriert Bielefeld seit Jahren kaum eine Veränderung im Bereich der vorderen Plätze der beliebtesten Vornamen. Rang zwei bis zehn bei den Mädchen belegen derzeit Mia, Sophia, Emma, Hannah, Lina, Mila, Ella, Leni und Clara. Bei den Jungen folgen auf Noah und Matteo die Namen Elias, Finn, Leon, Theo, Paul, Emil, Henry und Ben.
Der jahrelange Spitzenreiter Ben ist damit weiter abgerutscht. Auch frühere Top-Namen wie Lukas, Felix, Leonie und Anna verschwinden laut Bielefeld langsam aus den Favoriten. Eine solche Entwicklung ist nicht ungewöhnlich, denn „im Schnitt hält sich ein Name 10 bis 20 Jahre in den Top Ten“, so der Hobbyforscher.
Theo zählt dem Experten zufolge zu den Aufsteigern und ist 2022 zum ersten Mal unter den beliebtesten Vornamen. „Der Name ist seit 2008 langsam, aber stetig immer häufiger geworden“, weiß Bielefeld. Er passe in das gern genutzte Lautschema und entspreche zudem noch einem anderen Trend: „Kurze Namen sind allseits beliebt.“ Dass Theo „Gott“ bedeute und es anmaßend sein könnte, sein Kind so zu nennen, werde zwar in einigen Namensforen diskutiert. „Aber das ist wohl den wenigsten Eltern bewusst“, vermutet der Hobbyforscher.
Leano – bald unter den Top-Ten-Jungennamen?
Im hinteren Teil der Tabelle rückt nach Bielefelds Beobachtung der Jungenname Leano immer weiter nach vorn. Er habe großes Potenzial, in den nächsten Jahren die vorderen Plätze zu erreichen. Zugleich stehe er für das wachsende Feld von Namen, die frei erdacht seien, also eine „moderne Neuerfindung ohne Tradition und Bedeutung“. Wer dennoch nach einer Bedeutung sucht, wird laut Bielefeld häufig trotzdem fündig, denn es gebe reichlich Vornamenslexika, die sich fantasievolle Bedeutungen ausdenken würden.
Wie schon in den Vorjahren erkennt Bielefeld bei der Namenswahl deutliche regionale Unterschiede. So würden in Sachsen und den angrenzenden Bundesländern gerne Retro-Namen wie Kurt und Karl vergeben. In diesem Jahr sei ihm erstmals aufgefallen, dass viele Kinder dort auch Erwin genannt würden. „Diesen Namen werde ich weiter beobachten“, kündigt der Namensforscher an.
Zu den beliebtesten Vornamen von Kindern mit diversem Geschlecht hat Bielefeld bisher noch kein Ranking aufgestellt. Seit 2018 ist es in Deutschland möglich, „divers“ als Geschlecht bei der Geburt eintragen zu lassen. Das komme jedoch selbst in Millionenstädten nur sehr selten vor, bemerkt der Experte, und fügt hinzu: „Aus einer Handvoll Namen lässt sich leider keine Rangliste erstellen.“
Für seine Statistik zählt Bielefeld nur erste Vornamen und fasst unterschiedlich geschriebene, aber gleich klingende Namen – wie zum Beispiel Hannah und Hanna – zusammen. Insgesamt habe er dieses Jahr rund 250.000 Meldungen ausgewertet. Das entspricht etwa einem Drittel aller in Deutschland geborenen Babys. Eine ähnliche Statistik wie der Hobbyforscher gibt auch die Gesellschaft für deutsche Sprache heraus – jedoch immer erst im Frühjahr des Folgejahres.
io/sts (mit KNA/epd)