Manuskript

Ein Algorithmus schreibt Geschichten

Künstliche Intelligenz kann heute selbstständig Texte schreiben. Aber kann sie auch Literatur verfassen? Der Schriftsteller Daniel Kehlmann hat versucht, das herauszufinden.

2020 tippte der Schriftsteller Daniel Kehlmann den Anfang einer Geschichte in seinen Computer: „Ich war auf Wohnungssuche. Es lief nicht gut.“ Dann ließ er einen schreibenden Algorithmus die Geschichte fortsetzen. Dem fiel ein: „Hey Mann, du hast einen knackigen Arsch, und du hast vor nichts Angst.“ Auf die Wohnungssuche ging er nicht weiter ein.
Völlig gescheitert findet Kehlmann sein Experiment nicht. Der Algorithmus hat seiner Meinung nach ein paar schöne, absurde Textfragmente verfasst. Aber insgesamt schaffte er es nicht, den Text so zu planen, dass zwischen den Sätzen ein innerer Zusammenhang entstand. „Man merkt, dass da keiner zu Hause ist“, sagt Kehlmann.
Die Stärke künstlicher Intelligenz ist, dass sie vorausberechnen kann, welches Wort wahrscheinlich auf ein anderes folgt. Die Algorithmen wissen aber nicht, wie man eine Geschichte erzählt, was Menschen lustig, langweilig oder unpassend finden. Die vielen unausgesprochenen Regeln dafür kennen sie nicht. Denn sie haben weder Gefühle noch machen sie Erfahrungen.
Der Literaturwissenschaftler Hannes Bajohr findet, dass man andere Maßstäbe an künstliche Intelligenz anlegen sollte. Er schlägt vor, mehr über die Ästhetik herauszufinden, die sie von sich aus mitbringt. Seiner Meinung nach „muss man mit Maschinen anders Literatur und vielleicht auch andere Literatur schreiben.“ Wie es zum Beispiel die Dichterin und Programmiererin Allison Parrish aus New York macht: Sie lässt Algorithmen ganz neue Wörter erfinden.

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