Manuskript

Ein digitales Museum für Geräusche

Alte Musikinstrumente, ein Telefon ohne digitale Technik: Die Geräusche dieser Gegenstände begleiteten uns früher im Alltag, aber heute hört man sie kaum noch. Die Essener Jan Derksen und Tjorben Meier wollen solche vergessenen Klänge retten. Dazu haben sie im Internet ein Museum für verschwindende Geräusche gegründet. „Conserve the sound“ erinnert seine Besucher an frühere Zeiten.

SPRECHER:
Verschwindende Geräusche, die viele fast vergessen haben, faszinieren Jan Derksen.

JAN DERKSEN (Macher von „Conserve the sound“):
Ich bin Jan Derksen und ich bin einer der Macher von „Conserve the sound“, das ist ein Online-Museum für verschwindende Geräusche.

SPRECHER:
Rund 120 verschiedene Geräusche sind schon in dem Online-Archiv – vom Diaprojektor bis zur Sofortbildkamera. Und es werden immer mehr. Denn Geräusche, die aus dem Alltag verschwinden, finden Jan Derksen und sein Mitarbeiter Tjorben Meier überall. Angefangen in ihrer Heimatstadt Essen, im Westen Deutschlands.

JAN DERKSEN:
Wir gehen jetzt ins Schausteller- oder Kirmesmuseum in Essen und wir hoffen, dass wir da ganz viele tolle, alte Geräusche finden und ganz viele alte, tolle Geräte. Weil, auf der Internetseite haben wir schon ganz viele tolle Fotos gesehen und wir sind schon ganz gespannt, was wir da finden.

SPRECHER:
Das „Markt- und Schaustellermuseum Essen“ wird seit 1985 ehrenamtlich betrieben. In der Sammlung: rund 9000 Objekte aus mehr als 200 Jahren Schaustellergeschichte. Eine Fundgrube für die Macher von „Conserve the sound“. Besonders angetan sind sie von dieser Drehorgel aus dem Jahr 1914.

JAN DERKSEN:
Ja, so, wie man das so von früher irgendwie eher so kennt, ist das auch. So dieses … eigentlich ist das ja wirklich so dieser ikonische Sound irgendwie von so Jahrmärkten, ’ne? Immer wenn auch heutzutage in irgendwelchen Filmen von Jahrmärkten früher erzählt wird, hört man ja genau den Sound, ’ne? Super!

SPRECHER:
Vorbereitungen für die Ton- und Fotoaufnahmen der Drehorgel. Dazu genügt ein kleiner, mobiler Rekorder und ein Mikrofon. Für Jan Derksen haben die so gesammelten Klänge eine ganz eigene Qualität.

JAN DERKSEN:
Das Besondere an den verschwindenden Geräuschen ist, dass das wirklich direkt, ja, so eine persönliche Erinnerung bei den Menschen sofort wachruft. Also jeder kann mit einem Klick oder mit einem Geräusch in ganz bestimmte Situationen wieder zurückverfolgt oder zurückversetzt werden. Und man ist sofort wieder eben auf dem Jahrmarkt zum Beispiel, wo man mit fünf irgendwie, was weiß ich, 1950 über den Jahrmarkt gelaufen ist.

SPRECHER:
Trotzdem belassen es die Macher nicht beim reinen Geräusch, sondern fotografieren die Klangquelle auch. Die ursprüngliche Idee, wirklich nur die Klänge zu präsentieren, haben sie bald wieder verworfen.

JAN DERKSEN:
Das soll ja wirklich auch im Internet funktionieren und im Internet ist es leider nun mal so, dass es … der erste Reiz ist halt das Visuelle, deswegen muss es halt auch schön aussehen. Deswegen ist ganz klar, dass wir da auch immer noch versuchen, schöne Fotos von den Gegenständen zu machen.

SPRECHER:
Beruflich betreibt Jan Derksen ein Studio für Kommunikationsdesign. Einige Sammlerstücke im Büro erzählen beispielhaft, wie Geräusche allmählich verschwinden.

JAN DERKSEN:
Zum Beispiel ein Klassiker von uns, was man auch bei uns auf der Seite findet, ist natürlich dieses schöne Wählscheibentelefon. Erst abheben natürlich. Ja, als Pendant dazu haben wir dann quasi die Weiterentwicklung, diese tollen, kleinen Handys. Die machen natürlich viel, viel weniger Geräusche, nur noch ganz kleine, wenn man ganz genau hinhört. Und dann später wurd’s dann ganz lautlos auf den ersten Smartphones, wo man dann völlig lautlos nur noch durch die Gegend gewischt hat.

SPRECHER:
Die heutigen Foto- und Tonaufnahmen werden bearbeitet und anschließend online gestellt. Geld verdienen die Macher mit „Conserve the sound“ nicht, das Projekt lebt von Fördergeldern. Aber ein Ende ist nicht in Sicht.

JAN DERKSEN:
Es gibt jede Menge Geräusche, die man noch suchen und finden kann. Also eigentlich ist das ja ein lebenslanges Projekt, also, solange es die Menschheit gibt und solange der Mensch Geräusche produziert, könnte man dieses Projekt eigentlich weiterführen.

SPRECHER:
„Conserve the sound“: eine digitale Zeitreise mit Klängen und Geräuschen, die mehr sagen als tausend Bilder.