Manuskript

Ein Hotelzimmer für Obdachlose

Wegen Corona ist für viele Obdachlose kein Platz mehr in den Notunterkünften. Hotels dürfen im Moment keine Touristen beherbergen. In Berlin macht man nun aus der Not eine Tugend – und bringt Obdachlose in Hotels unter.

Abends kommt Christian in sein Zimmer in Berlin und macht es sich auf seinem Bett gemütlich. Alltag, könnte man denken, aber nicht für Christian – er lebt nämlich seit mehreren Jahren auf der Straße. Doch seit November 2020 ist er in einem Hotelzimmer in der „Pension Reiter“ untergebracht. „Vorher habe ich in einem Container geschlafen“, sagt er. „Aber hier, das ist eine echte Pension. Das ist viel besser.“ Dass Christian hier übernachten kann, liegt auch an Corona.

Denn die Pandemie ist für Obdachlose besonders gefährlich – nicht nur wegen der Krankheit selbst. Zwar gibt es in Berlin Notunterkünfte. Dort schläft man allerdings dicht gedrängt in Mehrbettzimmern. Um den notwendigen Abstand einhalten zu können, gibt es dort nur noch halb so viele Betten wie vorher. Außerdem können Obdachlose in den leeren Innenstädten kaum noch Geld verdienen, Passanten weichen ihnen aus. Im kalten Berliner Winter ist das eine lebensbedrohliche Situation.

Gleichzeitig liegt der Tourismus in Deutschland brach, die Hotelzimmer stehen leer. In Berlin hat man deshalb aus der Not eine Tugend gemacht. Mehrere Hotels beherbergen Obdachlose: Zwei, höchstens drei Personen dürfen ein Zimmer teilen. Dafür erhalten die Hotelwirte von der Stadt eine Aufwandsentschädigung.

Jede Nacht ein sicheres Bett zu haben, verbessert nicht nur die körperliche, sondern auch die seelische Verfassung der Obdachlosen. Manch einer, der am Anfang keine Zukunft für sich sieht, schmiedet nach ein paar Wochen schon Pläne. Auch Christian hat jetzt ein bisschen Geld gespart und hofft auf eine eigene Wohnung in seiner Heimat Rumänien.

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