Nachrichten für Lehrkräfte

Expertenteam spricht sich für Einsatz von KI an Schulen aus

KI-Technologien wie ChatGPT können laut Bildungsexpertinnen und -experten ein Gewinn für den Unterricht und eine Entlastung für Lehrkräfte sein. Dafür sind jedoch bestimmte Voraussetzungen notwendig.

Auf einem Computerbildschirm ist ein ChatGPT-Chat zu sehen. Eine Frau schaut auf den Chatverlauf. (Quelle: CHRISTIAN BEUTLER/KEYSTONE/picture alliance)

Künstliche Intelligenz (KI) mit Programmen wie ChatGPT an Schulen einzusetzen, hat aus Sicht führender Bildungsexperten großes Potenzial. Für eine lernförderliche und verantwortungsbewusste Nutzung dieser Instrumente müssen jedoch viele Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt sein, betonte die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz in einem im Januar 2024 veröffentlichten Papier. Darin empfiehlt das Gremium kurzfristig eine Übergangsphase zur systematischen Erprobung solcher KI-Tools „bei offener Fehlerkultur“ und weist gleichzeitig auf Risiken und Hürden hin: „KI kann und sollte den Lehr-Lernprozess unterstützen, die finale Entscheidung beziehungsweise Bewertung und die Verantwortung für das Endprodukt muss bei Menschen liegen.“ Die Kommission sieht schnellen Handlungsbedarf insbesondere im Bereich der Lehrerfortbildung und empfiehlt, Fortbildungsangebote möglichst zügig auszubauen, um Lehrkräfte für den Umgang mit KI zu qualifizieren.

Einsatz erst an weiterführenden Schulen empfohlen

Der Einsatz von KI soll durch geschulte Lehrkräfte eng begleitet werden und nicht zu früh erfolgen. Als Zielgruppe sieht die Kommission insbesondere ältere Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, denn die KI-Programme könnten vor allem dann unterstützen, „wenn Lernende über hohe fachliche, Schreib-, Lese- und digitale Kompetenzen verfügen“. Daher empfiehlt sie den Einsatz von KI erst ab der achten Klasse. In der Grundschule sollte auf texterstellende KI-Instrumente wie ChatGPT ganz und in den ersten Jahren der weiterführenden Schule weitgehend verzichtet werden. Insbesondere der Aufbau der Lese- und Schreibkompetenzen in den ersten Schuljahren sollte ohne ChatGPT und Co. erfolgen. Vom achten Jahrgang an könne dann ein regelmäßiger Einsatz als Schreibunterstützung erfolgen – wobei parallel weiterhin auch Texte ohne diese Hilfsmittel erstellt werden sollten.

Neue Zukunftskompetenzen gefragt

Dass das Thema KI längst in den Schulen angekommen ist, zeigen aktuelle Schätzungen, die davon ausgehen, dass mindestens 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland ChatGPT bereits als Informationsquelle oder für die Textproduktion und -übersetzung verwenden. Als problematisch bewertete die Kommission, dass die Texte, die von intelligenten Chatbots wie ChatGPT produziert werden, auf den ersten Blick meist plausibel klingen, jedoch oft auch erfundene Sachverhalte – sogenannte Halluzinationen – und Fehler enthalten. Daher sei im Umgang mit der KI kritisches und analytisches Denken sowie fachliches Wissen erforderlich. Die Schülerinnen und Schüler müssten in der Lage sein, Inhalte hinsichtlich Qualität, Korrektheit, Vertrauenswürdigkeit zu bewerten und die Steuerung im Prozess durch ihre Spracheingaben zu übernehmen. Ein versierter Umgang der Schülerinnen und Schüler mit den KI-Instrumenten solle deshalb als neues Lernziel geübt und auch geprüft werden. Entsprechend müssten Lehrkräfte qualifiziert sein: „Die dynamische Entwicklung der Tools fordert die Lehrkräfte besonders.“ Die Verantwortung für eine Verwendung der KI – etwa zur Aufgabenerstellung oder Leistungsbeurteilung – soll laut Empfehlung bei den Lehrerinnen und Lehrern liegen.

Lehrkräfte können von der neuen Technologie profitieren

Für Lehrkräfte bringen die KI-gestützten Technologien jedoch nicht nur Herausforderungen und eine neue Verantwortung mit sich, sondern auch viele neue Möglichkeiten für die Vorbereitung und Gestaltung des Unterrichts. Den Bildungsexperten zufolge könnten sie noch stärker von KI profitieren als bisher gedacht, etwa im Rahmen der Unterrichtsplanung oder beim Erstellen von Wissenstests und Unterrichtsmaterial für unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betonte: „Wenn wir KI verantwortungsvoll und gezielt in der Bildung einsetzen, können wir damit Kinder und Jugendliche individueller fördern und Lehrkräfte und Ausbildungspersonal entlasten.“

To-Do-Liste für die Bildungspolitik

Bei allen Vorteilen sieht die Kommission auch „technologische, ethische und rechtliche Probleme“, die einen rechtmäßigen Einsatz im Schulbereich in Frage stellten. Die kommerziellen KI-Tools seien nicht für Schulen gemacht worden und ihr Einsatz marktwirtschaftlichen Interessen unterworfen. Hier sehen die Expertinnen und Experten die Bildungspolitik in der Pflicht: Ihr komme die Aufgabe zu, KI-Instrumente in geeignete Lernplattformen zu integrieren. Allen Lernenden und Lehrenden sollte zudem ein kostenfreier oder günstiger Zugriff auf diese Tools ermöglicht werden. Auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Saarlands Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), betonte in einer Mitteilung: „Technologischer Fortschritt darf nicht zu stärkerer sozialer Ungleichheit führen, sondern die Chancen müssen für alle zugänglich sein.“

 

io (mit dpa)/sts