Manuskript

Faire Kleidung aus Europa

Sven Diestelow, Inhaber mehrerer Modeshops und Geschäftsführer des Labels Cyroline, verkauft Mode, die in Europa zu fairen Bedingungen hergestellt wird. Er möchte damit ein Zeichen gegen die immer billiger werdende Mode von bekannten Modeketten setzen, die meist außerhalb der EU zu unfairen Bedingungen produziert wird. Der Ein T-Shirt wird bei Sven Diestelow zum Beispiel in Polen hergestellt. Die Baumwolle stammt aus Griechenland.

SPRECHER:
Er ist ein Querdenker – und das, weil er die gesamte Logik der Fast-Fashion-Industrie in Frage stellt. Schneller, mehr, billiger ist für Sven Diestelow nicht Ansporn für sein Handeln.

SVEN DIESTELOW (Inhaber mehrerer Modeshops):
In erster Linie ist mir ganz wichtig, dass niemand ausgebeutet wird. Das ist schon mal wichtig. Und zum anderen ist [da] natürlich der Umweltaspekt, dass die Umwelt geschont wird. Wir haben ja nur die eine Welt, ne.

SPRECHER:
Um sein ehrgeiziges Ziel zu erreichen, geht er weiter als viele andere.

SVEN DIESTELOW:
Es gibt ganz viele nachhaltige Fashion Brands, aber bei den meisten ist der Unterschied, dass wir es wirklich innerhalb Europas versuchen – vom Rohstoff bis zum fertigen Shirt alles so regional – und hier meine ich die EU ganz einfach mit –  zusammenzuhalten.

SPRECHER:
Fashion made in Europe: Der europäische Binnenmarkt macht das leicht, oder? Das will ich überprüfen, kaufe mir mein Shirt 100 Prozent made in Europe und folge der Produktionskette. Der erste Weg ist kurz. Nur ein paar Kilometer entfernt befinden sich die Büroräume und das Lager. Hier wird der Vertrieb für den Online-Shop organisiert. Neue Kollektionen [werden] entworfen und Schablonen gefertigt, mit denen T-Shirts bedruckt werden. Und auch für mein Shirt ist das die letzte Station, bevor es ausgeliefert wird. Von hier mache ich mich mit Sven Diestelow auf den Weg nach Polen. In Lodz betreibt er seine eigene Schneiderei mit zehn Mitarbeitern und will so seine eigenen Maßstäbe setzen

SVEN DIESTELOW:
Muss man wirklich ’n Kleidungsstück 20.000 Kilometer um die Welt schiffen? Natürlich ist ’ne Fernost-Produktion viel, viel, viel günstiger als das, was ich hier betreibe, aber da kann ich ja auch gar nichts beeinflussen.

SPRECHER:
Mit den Produktionsmengen der Textilindustrie, die außerhalb der EU produziert werden, kann er nicht mithalten. An seinem Standort hält er aber fest.

SVEN DIESTELOW:
Hier, speziell in … im Umkreis von Lodz, gibt es ’ne komplette Infrastruktur für die Textilherstellung. Textil besteht ja nicht nur aus ’nem Stoff oder aus ’nem Nähgarn, sondern man braucht Knöpfe, man braucht Färbereien, man braucht Strickereien, man braucht … viele, viele Dinge mehr wie zum Beispiel auch mal ’nen Reißverschluss oder Ähnliches, und all das gibt es hier.

SPRECHER:
Auch mein T-Shirt entsteht hier, wird aus dem gefärbten Stoff zurechtgeschnitten, zusammengenäht und zu guter Letzt für den Versand fertiggemacht. In der Strickerei ums Eck entsteht aus Garn der Stoff, aus dem dann mein T-Shirt wird. Und das geht in die ansässige Färberei. Die Nähe zur Schneiderei soll kurze Transportwege garantieren. Und das Unternehmen muss sich bei der Produktion in Polen an europäische Umweltstandards halten. Der Weg entlang der Produktionskette meines Shirts führt mich weiter nach Griechenland. Von dort kommt nämlich die Baumwolle. Zwar macht der Baumwollanbau des Landes 80 Prozent der gesamten Baumwollproduktion der EU, aber nicht einmal ein Prozent der weltweiten Baumwollproduktion aus. Der größte Teil der Baumwolle wird also von weit her importiert. Das Familienunternehmen Varvaressos macht das anders. Die griechische Garn-Spinnerei nutzt die Baumwolle von Bauern aus dem Umland. Und das hat seinen Preis. Mein T-Shirt kostet ungefähr 20 Euro – weit mehr als ein vergleichbares Shirt der Fast-Fashion-Industrie.

CECILE VARVARESSOS (Inhaberin Textilfabrik Varvaressos):
Die Qualität hat auch ihren Wert. Und wenn wir es nicht bezahlen möchten als europäische Bürger, dann muss es jemand in Asien bezahlen.

SPRECHER:
Bezahlen – in Form von harter Arbeit – eine Folge des Fast-Fashion-Trends: schneller und mehr produzieren, damit wir weniger bezahlen. Ein Trend, der auch dem griechischen Familienunternehmen zu schaffen macht.

CECILE VARVARESSOS:
Dass es rückgängig gegangen [zurückgegangen] ist in den letzten Jahren, hat mit den hohen Produktionskosten zu tun und mit dem asiatischen Wettbewerb, der zu sehr günstigen Preisen anbietet. Wir arbeiten gerade daran – und das ist unser Gedanke –, also die gesamte Kette in Europa zu halten und auch transparent zu sein.

SPRECHER:
Transparenz ist ein guter Weg, neues Bewusstsein zu schaffen. Doch das wird bestimmt nicht einfach. Letztendlich liegt es an den Käufern, ihr Konsumverhalten zu überdenken. Mein neues T-Shirt aber beweist, dass es funktionieren kann: Fair Fashion made in Europe.

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