Manuskript

Flucht ins Land der Täter

Sie haben die Verfolgung durch die Nazis überlebt, jetzt werden sie aus der Ukraine nach Deutschland in Sicherheit gebracht. Jüdische Organisationen haben die Evakuierung von Holocaust-Überlebenden möglich gemacht.

Erschöpft steigen drei alte Frauen in Berlin aus einem Bus des Roten Kreuzes aus. Drei Tage waren sie unterwegs, um zu überleben und das Trauma eines zweiten Kriegs in ihrem Leben hinter sich zu lassen. Eine von ihnen ist Alla Senelnikowa. Die jüdische Ukrainerin wurde als Kind von den Nazis verfolgt. Und jetzt: wieder Krieg.

Sie sagt: „Ich bedauere eigentlich, dass ich noch am Leben bin, weil ich das ganze Kriegsgeschehen jetzt zum zweiten Mal durchleben muss.“ Gemeinsam mit anderen Holocaust-Überlebenden wurde Senelnikowa aus der Ukraine evakuiert und nach Deutschland gebracht. Möglich wurde dies durch den Einsatz jüdischer Hilfsorganisationen.

Aron Schuster von der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden und einer der Organisatoren der Hilfsaktion glaubt, dass insgesamt etwa 10.000 Holocaust-Überlebende in der Ukraine leben. Zunächst ist geplant, etwa 400 pflegebedürftigen Menschen zu helfen –  wenn sie das möchten. 50 Evakuierungen konnten bereits durchgeführt oder eingeleitet werden.

Die Menschen werden ausgerechnet in das Land gebracht, das den Zweiten Weltkrieg begonnen und für die Ermordung von sechs Millionen Juden verantwortlich ist. Für manche Holocaust-Überlebenden ist es nicht leicht, nach Deutschland, in das Land der Täter von damals, zu kommen. Aber die meisten der bisher evakuierten Menschen sind einfach nur dankbar, dass es diese Möglichkeit gibt, sagt Schuster. Auch Alla Senelnikowa ist froh, dass sie „hier so menschlich empfangen wurde.“