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Friesisch: So spricht der Norden

Friesisch ist mehr als eine Sprache, es ist Heimat und Lebensgefühl. In Nordfriesland ist Friesisch in vielen Orten zu hören, zu sehen und wird auch unterrichtet.

Der Strand der Stadt Wyk auf Föhr mit den typischen Strandkörben. Im Hintergrund sind Häuser zu sehen (Quelle: picture alliance)

Urlaub in Nordfriesland, das bedeutet nicht nur Schafe, Windräder und weiter Horizont, sondern auch: Friesisch. Der Landstrich an der Nordsee hat seine eigene Sprache. Meike Ohlsen ist Dozentin an der Universität Flensburg und lehrt Fering, den friesischen Dialekt von der Nordseeinsel Föhr. Mit dem Friesischen ist sie aufgewachsen. „Ich habe erst als ich älter wurde verstanden, dass das etwas Besonderes ist.“

In der Kindheit sei es für Ohlsen „völlig normal“ gewesen Fering zu sprechen. Imme wieder hätten sich Feriengäste für die anders klingende Sprache interessiert und ihr Fragen gestellt. Und noch heute sei sie stolz, dass sie „so eine kleine Sprache spricht“.

Friesisch ist mit dem Deutschen und dem Englischen verwandt. Gesprochen wird es heute von rund 8.000 Menschen, an der Nordseeküste und auf den Inseln Amrum, Föhr, Sylt und Helgoland. Für Feriengäste aus dem Süden nicht immer ganz leicht erkennbar: Friesisch und Plattdeutsch sind unterschiedliche Sprachen, werden aber oft miteinander verwechselt. Beim Nordfriisk Instituut in Bredstedt gibt es seit 2015 eine eigene Ausstellung zu Gegenwart und Geschichte des Friesischen.

Grafik: Karte von Nordfriesland (Quelle: DW)
Friesisch wird an der Nordseeküste und auf einigen friesischen Inseln gesprochen

„Es hat mal ein Professor vor 30 Jahren gesagt: Friesisch ist das bestgehütete Geheimnis der Bundesrepublik Deutschland. Davon sind wir heute zum Glück weg. Man sieht und hört es viel öfter“, sagt Claas Riecken, Lektor am Nordfriisk Instituut. Zum Teil hätten sich die Friesen sogar geschämt und ihre Sprache dann nur untereinander gesprochen. Da sei ein anderes Selbstbewusstsein entstanden, sagt Riecken. „Insbesondere auf den Inseln Amrum und Föhr kann man häufig Friesisch im Alltag hören.“

Urlauberinnen und Urlauber können Friesisch nicht nur hören, sondern auch sehen. In allen Städten und Dörfern in Nordfriesland sind die Ortsschilder zweisprachig gehalten. Wer sich für die Sprache interessiert, kann an den Volkshochschulen in Husum, auf Föhr, Amrum und Helgoland Kurse besuchen. Auch an den Universitäten in Kiel und Flensburg wird Friesisch gelehrt.

Zweisprachiges Ortsschild auf Deutsch und Friesisch von Niebüll bzw. Naibel in Nordfriesland (Quelle: picture alliance/Zoonar)
Seit 2004 sieht man immer öfter zweisprachige Ortsschilder in Nordfrieslandnull picture alliance/Zoonar

In der Oberstufe auf Föhr kann Friesisch sogar als zweite Fremdsprache gewählt werden, sagt Ohlsen. „Bis dahin war ich im Fering Analphabet. Ich konnte es sprechen, aber nicht schreiben.“ Sie habe dann angefangen die Grammatik zu lernen, denn sie möchte zum Erhalt der Sprache beitragen, „und sei es nur, dass meine Studentinnen mitkriegen, dass es Friesisch überhaupt gibt“, sagt Ohlsen.

Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Frisistik und Minderheitenforschung der Universität Flensburg arbeitet zwar in der nördlichsten Stadt Deutschlands, lebt aber auf der nordfriesischen Insel Föhr, im Dorf Nieblum. Friesisch ist für sie also ein Stück Heimat. „Dass es so wenige Friesisch-Sprechende gibt, kriege ich jetzt gar nicht so mit. Meine komplette Familie spricht Fering, auch viele aus dem Bekannten- und Freundeskreis. Es gibt tatsächlich Tage, da spreche ich kein Hochdeutsch, sondern nur Fering.“

„Friesisch wird sich bewahren, da bin ich ziemlich sicher. Aber eben nicht so, dass es ganze Dörfer gibt, die nur Friesisch sprechen. Es ist ein Angebot, das Leuten Halt gibt in einer globalisierten Welt. Und das, merken wir, wird von Menschen gesucht“, so Claas Riecken.

(epd)