Eine Festtafel in einem asiatischen Land mit unzähligen Speisen und festlich gekleidete Menschen

Frisch aufgetischt

"Liebe geht durch den Magen" sagt ein altes Sprichwort. Vielleicht liegt es also an den Kochkünsten mancher Menschen, dass wir sie zum Fressen gern haben. In die Pfanne gehauen werden wir allerdings nicht so gern.

Küche und Kochen, Essen und Trinken sind mit einer Menge Gefühlen verbunden –sprachlich betrachtet. Und nicht nur das: Reichlich Charaktere lassen sich kulinarisch bestens ins Bild fassen.

Beliebte und unbeliebte Zeitgenossen

Was allerdings nicht ausschließlich für geliebte und verehrte Menschen gilt, denen man quasi aus der Hand frisst. Schließlich ist jemand, der ständig eine Extrawurst braucht und immer Sonderwünsche äußert, kein besonders beliebter Zeitgenosse.

Der kann einem dann noch soviel Honig ums Maul schmieren, Komplimente machen und einen mit Lobessprüchen überhäufen. Er bleibt trotzdem ein unbeliebter Gast, den man am liebsten dahin schicken würde, wo der Pfeffer wächst. Die Wüste ginge ersatzweise auch.

Auch Schaumschläger kochen nur mit Wasser

Ähnlich unbeliebt sind Menschen, die überall ein Haar in der Suppe finden, die ständig und überall etwas auszusetzen haben, nicht nur am Essen. Stets müssen sie zu allem ihren Senf dazu geben und andere mit ihrer Meinung belästigen. Da ist es gut, wenn man ein gesundes Selbstbewusstsein hat und sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt.

Bei näherem Hinsehen zeigt sich ohnehin, dass auch der anspruchsvollste Schaumschläger letztlich nur mit Wasser kocht, eben ein Mensch ist wie du und ich, also keinesfalls etwas Besonderes. Und wie dichtete Wilhelm Busch so schön: "Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut".

Besser Tee trinken als vor Wut kochen

Wie ließen sich Ruhe, Gleichmut und reife Überlegung besser ausdrücken, als mit abwarten und Tee trinken. Zugegeben, solches Abwarten geschieht nicht immer ganz freiwillig. Aber wenn man in einer Autoschlange auf der Autobahn steht oder im Restaurant bereits eine Stunde auf sein Essen wartet, dann ist es das Beste, was man sich selbst sagen kann.

Auf jeden Fall sind Gleichmut und Besonnenheit gesünder, als sich maßlos aufzuregen und anschließend vor Wut zu kochen. Mit unbeherrschten Reaktionen hat sich schon manch einer in große Schwierigkeiten gebracht oder – um im Bild zu bleiben – in Teufels Küche.

Auf den Geschmack kommen

Geschmäcker sind verschieden und Essgewohnheiten ebenso. Die eine isst wie ein Spatz nur Miniportionen, der andere frisst wie ein Scheunendrescher und verschlingt mit Bärenhunger riesige Portionen in Windeseile.

Der eine mag lieber Gemüse, der andere lieber Salat. Der eine lieber Fisch, die andere lieber Fleisch. Wer aber charakterlich weder Fisch noch Fleisch ist, der ist vor allem eins, nämlich schwer einzuordnen, ein Mensch, der sich nicht entscheiden kann für eine Meinung, einen Geschmack oder eine Lebensweise.

Seelisches Gleichgewicht

An manches muss man sich allerdings auch erst gewöhnen: Der Appetit kommt beim Essen, sagt man, und das gilt nicht für Kulinarisches. Langsam auf den Geschmack kommen kann man auch bei Musikvorlieben, in der Literatur und sogar in Beziehungen zu anderen Menschen.

Natürlich kann gutes Essen helfen, Freunde zu finden und Zuneigung zu vertiefen. Nicht umsonst sagt man: Liebe geht durch den Magen. Und in der Volksweisheit Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen zeigt sich, dass Genuss auch für das seelische Gleichgewicht gut ist, was oft unterschätzt wird. Für Freundschaften zählen auf die Dauer natürlich andere Dinge.

Beleidigte, treulose und freundliche Charaktere

Wer sich stets als treulose Tomate erweist und seine Freunde vernachlässigt, wird irgendwann auch nicht mehr eingeladen. Und überempfindliche Menschen, die dauernd beleidigte Leberwurst spielen, wohl auch nicht.

Angriffslustige und aggressive Menschen sollte man ohnehin meiden. Mit denen ist nicht gut Kirschen essen. Das sollte freundlichen Charakteren und guten Freunden vorbehalten bleiben. Eben jenen, mit denen man auch das letzte Stück Brot teilen würde.

Ein gefundenes Fressen, das …

Es kommt bei armen Menschen ja leider öfter auf den Tisch, der selten reichlich gedeckt ist. Hier ist Schmalhans Küchenmeister, und wen es ganz besonders hart trifft, der nagt am Hungertuch und schiebt Kohldampf. Da nützt auch ein gefundenes Fressen nichts. Das ist nämlich keine wonnevolle Gratis-Köstlichkeit, die einem der Zufall schenkt.

Nein, hier geht es um etwas Gemeines: eine Situation, die der Feind für sich ausnutzt. Da hat doch der ehrwürdige Richter, der heute über korrupte Politiker urteilen will, in seiner Jugend etwas ausgefressen, im Supermarkt einmal eine Tüte Süßigkeiten geklaut – als Mutprobe, weil er der Kleinste in der Gruppe aus dem Wohnviertel war.

dem Feind schmeckt

Wenn das seine Gegner erfahren! Ein gefundenes Fressen für die Angeklagten, das sie mit Genuss der Presse servieren würden, um den verhassten Richter damit ordentlich in die Pfanne zu hauen. Der dagegen darf sich keinerlei Emotion erlauben, allenfalls heimlich denken, dass diese Verbrecher endlich mal ihr Fett abbekommen sollen und bestraft werden.

Die Zutaten müssen stimmen

Zum Glück gibt es immer noch genug Journalisten, die misstrauisch sind. Reporter, die den Braten riechen, die heiße Geschichte als kalten Kaffee oder Käse bezeichnen und den Verbrechern ihre Suppe versalzen.

Zur Pressearbeit gehört schließlich, Fakten und Wahrheiten zu vermitteln und seinen Lesern, Hörern und Zuschauern reinen Wein einzuschenken. Ist doch klar wie Kloßbrühe. Klar ist auch, dass der Mensch viel von seinem Charakter durch seine Essgewohnheiten ausdrückt. Für den Philosophen Ludwig Feuerbach sogar soviel, dass er sagt: "Der Mensch ist, was er isst".

Der Seele etwas bieten

Und der einstige Premierminister von Großbritannien, Winston Churchill, hat sehr schön zusammengefasst, welch enges Verhältnis Genuss und Geist besitzen. Er meinte: "Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen". Recht hat er! Churchill starb mit 90 Jahren!

Autor: Günter Birkenstock

Redaktion: Beatrice Warken