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Manuskript

Das Fest Allerheiligen

Alle Jahre wieder am 1. November feiert die römisch-katholische Kirche Allerheiligen. An diesem Tag gedenken die Menschen verstorbener Wohltäter und Märtyrer. Doch wie wird man eigentlich „heilig“?

Allerheiligen: Der Begriff beinhaltet, zumindest sprachlich gesehen, im Prinzip schon das, was unter ihm zu verstehen ist. Es wird der Heiligen gedacht, Menschen, die in religiöser und ethischer Sicht als vorbildlich angesehen werden. In Deutschland ist der Tag in Bundesländern mit überwiegend katholischer Bevölkerung ein gesetzlicher Feiertag, aber auch in einigen anderen europäischen Ländern sowie auf den Philippinen. In der evangelisch-lutherischen Kirche wird Allerheiligen als Gedenktag gefeiert, denn  evangelische Christen kennen im Grunde keine Heiligenverehrung. Weil es ein sogenannter „stiller Feiertag“ ist, sind laute Musik- oder öffentliche Tanzveranstaltungen verboten. Menschen wie etwa Franz von Assisi oder die deutsche Nonne und Universalgelehrte Hildegard von Bingen werden als Heilige verehrt. Was aber bedeutet es eigentlich, „heilig“ zu sein? Pfarrer Lutz Nehk, Seelsorger einer Berliner Kirche, meint:

„Ich würde versuchen, das mit dem Wort ‚echt‘ zu erklären. Einmal ‚echt‘ nach dem Evangelium gelebt. Dass ein Mensch entdeckt, dass das Evangelium für ihn der Leitfaden des Lebens und vor allen Dingen der Leitfaden des Handelns ist. Das Zweite ist: ‚echt‘, ich selber sein. Das heißt, dass ich versuche, herauszubekommen, was denn die Berufung für mein Leben ist – und genau das leben. Nicht versuchen, ein anderer zu sein, ein Star oder irgendein Vorbild. Und wenn diese beiden ‚Echtheiten‘ zusammenkommen, dann würde ich sagen, kommt da ein Heiliger bei raus.“

Eine allgemeine Definition für den Begriff „Heilige“ beziehungsweise „Heiliger“ lautet: „eine Person, die Gegenstand religiöser Verehrung ist“. In der Umgangssprache spricht man ironisch von einem „Heiligen“, wenn diese Person einen tadellosen Lebenswandel führt. Für Lutz Nehk beinhaltet „Heiligkeit“ zweierlei: zum einen, auf der Basis des Evangeliums zu leben, der Heilsbotschaft Jesu Christi. Das Evangelium im Neuen Testament der Bibel besteht aus vier Büchern. Dort erfährt man – vereinfacht gesagt – nicht nur etwas von Jesu Geburt und Tod, sondern auch über seine vielen guten Taten. Wer sich das als Leitfaden nimmt, wer also danach lebt, auf den trifft nach Ansicht von Lutz Nehk die Bezeichnung „heilig“ zu. Ein Heiliger kann aber auch jemand werden, der herausgefunden hat, was die eigene Berufung, die eigene Aufgabe im Leben, das Lebensziel, ist. Pfarrer Lutz Nehk meint, dass die Grundlage zum Heiligsein schon zu Lebzeiten gelegt wird:

„Die Heiligen von morgen sind die Mitmenschen von heute. Denn keiner, der nicht gelebt hat, kann heilig werden, sondern nur jemand, der gelebt hat – und der muss jetzt leben. Wir erleben das ja zum Beispiel bei Mutter Teresa – sie war ja eine Zeitgenossin von uns. Wir erleben das bei Papst Johannes XXIII., den viele noch als ‚normalen‘ Menschen erlebt haben, so dass wir sagen können: Natürlich leben Heilige unter uns.“

Die indische Ordensschwester und Missionarin Mutter Teresa wurde Anfang September 2016, Papst Johannes XXIII. Ende April 2014 heiliggesprochen. In der römisch-katholischen Kirche hat allein der Papst das Recht, Verstorbene heiligzusprechen. Die Voraussetzung dafür ist entweder, dass jemand des Glaubens wegen leiden oder sterben musste oder dass jemand selbstlos für andere tätig war. Allerdings, sagt Pfarrer Lutz Nehk, gibt es auch unzählige Menschen, die nicht heiliggesprochen werden, aber deswegen auch „Heilige“ sein können:

„Es sind nicht nur die heilig, die heiliggesprochen werden, sondern die wirklich heiligmäßig leben. Von denen hat die Kirche vielleicht gar nicht mal die Namen, aber sie leben in meiner Nachbarschaft.“

Und sie handeln gemäß des Spruchs im Matthäus-Evangelium: „Tue Gutes und sprich nicht drüber.“ Es genügt, selbst das Richtige zu tun. Die Entscheidung darüber trifft jede und jeder selbst – wie es ein Gleichnis, eine anschauliche kurze Erzählung, in einer Textsammlung des Pfarrers Karlheinz Summerer besagt:

„Ein junger Mann hatte einen Traum. Er betrat einen Laden. Hinter der Ladentheke sah er einen Engel stehen. Hastig fragte er den Engel: ‚Was verkaufen Sie, mein Herr?‘ Der Engel gab freundlich zur Antwort: ‚Alles, was Sie wollen.‘ Da fing der junge Mann sofort an zu bestellen. ‚Dann hätte ich gern: eine saubere Umwelt, das Ende der Kriege in der Welt, bessere Bedingungen für die Randgruppen in der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in Lateinamerika, und …‘ Da fiel ihm der Engel ins Wort und sagte: ‚Entschuldigen Sie, junger Mann. Sie haben mich verkehrt verstanden. Wir verkaufen hier keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen.‘“

Allerheiligen: ein Tag des Gedenkens an Menschen, die von der Kirche heiliggesprochen wurden – weil sie wegen ihres Glaubens verfolgt wurden oder sich selbstlos für andere aufopferten. Besonders diejenigen, die auf dieser Erde noch viel zu tun haben, die ihre Berufung gefunden haben, dürften an einem derartigen Tag dem Text des deutschen Rappers Sido zustimmen:

„Ich ruf es nach oben, der Himmel soll warten, / denn ich hab noch was vor, der Himmel muss warten. / Wenn alles vorbei ist, nimm mir den Atem, / doch noch bleib ich hier, der Himmel muss warten …“

An Allerheiligen wird Verstorbener gedacht, die in ihrem Leben Gutes getan haben.
Allerheiligen ist in ganz Deutschland ein offizieller Feiertag.
In der Alltagssprache werden Menschen ironisch als „Heilige“ bezeichnet, wenn sie moralisch vorbildlich leben.

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