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Manuskript

Unterwegs im SinnesWald

Eine Symbiose von Kunst, Natur und Geschichte hat ein Künstlerpaar in der Nähe von Köln geschaffen: den SinnesWald Sculpture Park. Jedes Jahr gibt es ein neues Thema, zu dem sich Künstler etwas einfallen lassen.


Ein paar Dutzend Häuser und viel Grün – fast so etwas wie eine Siedlung im Wald ist der Ortsteil Balken im nordrhein-westfälischen Leichlingen, rund 20 Kilometer Luftlinie von Köln entfernt. Nur an wenigen Orten schlängelt sich die Wupper so malerisch durch die Landschaft wie hier. Einige hundert Meter vom Flussufer entfernt, im Inneren des Waldes, rauscht der Murbach. Ein Schild mit der Aufschrift „SinnesWald Sculpture Park“ weist nicht nur Spaziergängerinnen und Spaziergängern den Weg in einen groß angelegten Park, sondern auch denjenigen, die gezielt kommen, um die Dauerfreiluftausstellung zu besuchen. Liebevoll kümmern sich Wicze Braun und Wolfgang Brudes um das fünf Hektar große Anwesen. Wicze Braun ist hier aufgewachsen und hat das Gelände 1986 nach dem Tod ihrer Eltern, die es 30 Jahre zuvor nach ihrer Flucht aus Ostpreußen erworben hatten, übernommen. Kaum jemand würde allerdings vermuten, dass er an einem Ort ist, der vor Geschichte nur so strotzt, sagt Wicze Braun:

„Die Grundmauern dieses Anwesens [Gebäudes] sind aus dem 14. Jahrhundert. Es war eine Mühle [zum Antrieb von Maschinen].“

Der Ursprung der Wassermühle aus Bruchstein lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Im Laufe der Zeit wurde die alte Mühle für verschiedene Zwecke genutzt. Denn für Fabrikanten und Unternehmer war die Möglichkeit, die Wasserkraft des Murbachs zum Antrieb ihrer Maschinen zu nutzen, von großem Vorteil. Wicze Braun und Wolfgang Brudes erzählen, welche Produktionsstätten es dort nacheinander gab:

„Eine Harnisch-Poliererei. Die Harnische, das sind ja die Rüstungen, die man im Krieg früher eingesetzt hat, und die sollten halt unheimlich gut glänzen, damit der Feind geblendet ist. Und das passierte also auch hier. / [Eine] Drahtzieherei, [eine] Schalenschneiderei. 1856 ist auf diesen Grundmauern diese jetzt auch noch bestehende Fabrik aufgebaut worden, und als Erstes war es eine Wollspinnerei. Und das hat uns gut gefallen, deswegen haben wir es jetzt auch ‚Spinnerei‘ genannt, weil’s so schön doppeldeutig ist. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Prothesen hergestellt für die Versehrten des Ersten Weltkriegs.“

Ritter nutzten als eine Art Kriegstaktik polierte Rüstungen, um ihre Gegner zu blenden. Eher ziviler Nutzung waren dann die Schalenschneiderei, ein alter regionaler Handwerksbetrieb zur Herstellung von Holzgriffstücken für Messer oder Werkzeuge, sowie die Drahtzieherei. Um Draht zu erhalten, wurden vorgeformte Metallstangen durch eine Art Loch gezogen, bis sie die gewünschte Dicke hatten. 1855 erwarb dann ein Tuchfabrikant aus Leichlingen die alte Mühle. Auf dem heute noch erhaltenen Basisgeschoss ließ er eine größere Fabrik aus Ziegelsteinen errichten, die er als Woll-Spinnerei nutzte, einen Betrieb zur Herstellung von Garn. 1916 kaufte ein Solinger Fabrikant von chirurgischen Instrumenten das Anwesen. Er produzierte hier künstliche Körperteile, Prothesen, für die Versehrten des Ersten Weltkriegs, also diejenigen, die durch Kriegsverletzungen körperlich behindert waren.

Wesentlicher Bestandteil der Mühlenanlage ist der 1500 Quadratmeter große Teich. Als das Paar das Anwesen übernahm, war allerdings zunächst jede Menge Körpereinsatz gefragt, unter anderem auch, um die idyllische Insellandschaft anzulegen, die heutzutage im Park zum Verweilen einlädt. Wicze Braun erinnert sich:

„Diese kleine Insellandschaft, das ist der alte Karpfenteich. Das war das Stauwasser für den Betrieb der Mühle. Wenn der Bach dann mal zu wenig Wasser hatte, dann konnte man aus diesem Mühlenteich eben nachschöpfen. Und als wir dann hier angefangen haben, war dieser Teich verlandet, und wir haben mit eigener Muskelkraft Wasser hervorgeholt, indem wir, ja, die Erde zu Inseln gebildet haben. Und das ist dann im Laufe der Zeit entstanden, nämlich elf Inseln und ringsum Wasser, und wir lassen jetzt den Murbach durch diese Insellandschaft fließen.“

Der Teich diente als eine Art Wasserreservoir, wenn der Murbach zu wenig Wasser führte. Man konnte aus ihm nachschöpfen, Wasser entnehmen. Denn sonst wäre die Fabrikproduktion zum Erliegen gekommen, weil sich das Mühlrad nicht gedreht und keine Energie für die Maschinen erzeugt hätte. In dem Teich tummelten sich auch Karpfen, ein sehr beliebter Speisefisch. Doch als das Paar das Anwesen übernahm, führte der Teich kein Wasser mehr, war verlandet. Die Insellandschaft mit Seerosen und Wildgräsern bietet nicht nur Skulpturen Platz, sondern ist auch Heimat zahlreicher Tierarten wie Eisvögeln, Wasseramseln, Libellen und auch Fledermäusen.

Doch nicht nur diese Insellandschaft haben die beiden gestaltet. Neben dem ehemaligen Mühlenteich führen Wege den Berg hoch in den Wald hinein. Teils am Wegesrand, teils zwischen den Bäumen verstreut stehen Figuren und Skulpturen aus verschiedenen Materialien. Auch hier war zunächst einige Arbeit nötig, die sie aber letzten Endes auf die Idee mit dem Skulpturenpark brachte, so Wolfgang Brudes:

„Wir haben hohe Bäume gefällt, unter anderem auch eine Weide. Und Weidenholz ist gut geeignet zum Schnitzen; und dafür haben wir einen Künstler gesucht und haben den in der Stadt gefunden übers Kulturamt. Und daraus ergab sich die Bekanntschaft mit drei Bildhauern, mit denen wir die erste Ausstellung auf der Wiese gemacht haben. Die Ausstellung hatte den Namen ‚Das Ideal einer Wiese ist diese‘.“

Das war im Jahr 1993. Angefangen hat alles mit einer Handvoll Künstlerinnen und Künstlern. Mittlerweile liegt die Zahl bei 60 bis 80 pro Ausstellung. Wicze Braun und Wolfgang Brudes arbeiten vor allem mit Künstlerinnen und Künstlern aus der Region zusammen. Jährlich gibt es eine neue Ausstellung zu einem bestimmten Thema. Die Terroranschläge in den USA 2001 brachten die beiden dazu, politische und gesellschaftliche Themen zu wählen, wie beispielsweise Krieg und Frieden, Freundschaft, Nachhaltigkeit, Achtsamkeit, Freiheit oder Neugier. Steht das Motto für das nächste Jahr fest, werden die Künstlerinnen und Künstler aufgerufen, Entwürfe ihrer Arbeiten einzureichen. Das Paar sichtet diese, wählt aus – und muss ab und zu auch Arbeiten ablehnen, weil sie zum Beispiel das Thema nicht genau treffen.

Rund 40.000 Besucherinnen und Besucher kommen jedes Jahr in den SinnesWald. Eintritt nehmen seine Besitzer nicht, bitten aber um eine Spende. Davon wird der Park unterhalten – neben den Mitteln eines Fördervereins und durch eine Stiftung.

Doch der atmosphärische Ort mit der im doppelten Sinne künstlerischen Gartengestaltung ist nicht alles. Im Sommer werden Filme in einem Open-Air-Kino gezeigt, und ein Teil des Wohnhauses wird regelmäßig zu einem öffentlichen Kulturraum. Denn Platz dafür ist ausreichend da, sagt Wolfgang Brudes:

„Es gibt also hier unten in dem unteren Geschoss die eigentliche Fabrikebene, wo die Maschinen früher standen. Und das ist ’n großer Veranstaltungsraum mit etwa 200 Quadratmetern, wo wir also Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen und dergleichen veranstalten.“

Mit den Jahren ist aus dem SinnesWald mehr geworden als ein reiner Skulpturenpark, nämlich ein kleines Kulturzentrum, eines, das manchen, der dort war, dazu bewegt, dem Künstlerpaar schriftlich zu danken:

„Wir möchten uns ganz herzlich dafür bedanken, dass ihr uns heute so einen schönen Pfingstmontag bereitet habt. Das Mitsingkonzert war ganz wunderbar und der folgende Rundgang durch eure anregende neue Ausstellung (wieder) ein Genuss. / Es war ein wahrhaft wundervolles Erlebnis, in diesem Zauberwald zu wandeln! Vielen Dank, dass ihr so was möglich gemacht habt!“

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