Ist die Handschrift vom Aussterben bedroht?
Früher gab es in der Schule das Fach „Schönschrift“, heute tippen die Kinder ihre Nachrichten auf dem Smartphone oder auf dem Tablet. Ist das Schreiben mit der Hand im Zeitalter der Digitalisierung noch wichtig?
Heutzutage hat es die Handschrift an den Schulen zunehmend schwerer, sich zu behaupten. Der Einsatz von Tablets wird vielerorts forciert, im Unterricht wird getippt statt geschrieben. Und privat tippen Schülerinnen und Schüler ihre Nachrichten ins Smartphone. Briefeschreiben ist bei der jungen Generation definitiv out.
Handschriftliches lässt sich besser merken
Doch das bleibt nicht ohne Folge für das Lernen. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass alles, was mit der Hand geschrieben wurde, besser und einfacher zu merken ist und länger im Gedächtnis bleibt. Forscher erklären, dass beim Schreiben das motorische Gedächtnis aktiv wird. Sobald wir mit dem Stift über das Papier gleiten, „sieht“ das Gehirn nicht nur, was es tut, es fühlt die Buchstaben auch. Die Bewegungen von Hand und Fingern prägen sich in das Gehirn ein. „Wer tippt, hält mehr Wörter und Informationen fest“, sagt der Psychologe Markus Kiefer. Wer sich hingegen von Hand Notizen mache, schreibe langsamer und müsse deshalb schon beim Schreiben den Inhalt filtern und auf die Essenz reduzieren. Das helfe dabei, komplexe Sachverhalte zu verstehen.
Internationaler Tag der Handschrift
Dabei helfe übrigens nicht nur die motorische, sondern auch die räumliche Komponente beim Schreiben mit der Hand, sagt Kiefer. Wer etwas auf Papier notiert, weiß eher noch als bei einem Text auf dem Bildschirm, wo genau eine Notiz stand – und kann sich dadurch besser daran erinnern. „Das kann auf digitalen Geräten nur simuliert werden“, sagt Kiefer, „da kann man aber nicht wirklich durchblättern.“
Die Wissenschaft also zeigt: Es gibt gute Gründe dafür, warum das Schreiben mit der Hand nicht aus den Lehrplänen verschwinden sollte.
Mittlerweile gibt es sogar einen Internationalen Tag der Handschrift, jedes Jahr am 23. Januar. Dann finden Wettbewerbe und andere Aktionen statt, um das handschriftliche Wort zu fördern. Denn nicht zuletzt sind Handschriften auch ein individueller Ausdruck der Persönlichkeit. Möchte jemand ein getipptes Autogramm von seinem Idol? Wohl eher nicht. Und ein handgeschriebener Liebesbrief macht allemal mehr her als ein getippter auf dem Smartphone – das weiß jeder, der schon mal einen bekommen hat.
suc/sts (dpa)