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Jetzt ist es amtlich: „Deppen-Apostroph“ erlaubt

Sprachpuristen müssen jetzt tapfer sein: Der Apostroph in „Eva‘s Blumenladen“ ist kein Rechtschreibfehler mehr. So ist es im amtlichen Regelwerk nachzulesen. Aber das heißt nicht, dass der Apostroph jetzt alles darf ...

An einer Hauswand hängt ein Schild mit der Aufschrift „Merkel`s Imbiss “ (Stephan Schulz/dpa/picture alliance)

Seit einigen Jahrzehnten ist es insbesondere in kleinen Unternehmen üblich, einen Apostroph zu verwenden, um den Besitz von etwas anzuzeigen: Hilde's Imbiss, Uwe‘s Schlüsselservice oder Sylvia‘s Haarsalon werben allerorten um Kundschaft. Grammatik-Kennerinnen und -Kennern stellten sich dabei regelmäßig die Nackenhaare auf, denn schließlich wird der Besitz im Deutschen durch die Verwendung des Genitivs ohne Apostroph gekennzeichnet – anders als im Englischen, wo „Henry's bar“ absolut korrekt ist. Schnell etablierte sich für dieses Phänomen im Deutschen die abfällige Bezeichnung „Deppenapostroph“.

Bei Eigennamen erlaubt

Doch auf einmal kann niemand mehr wegen dieses vermeintlichen Fehlers die Nase rümpfen, denn der Rat für deutsche Rechtschreibung hat den kleinen Strich jetzt für zulässig erklärt. Im neuesten amtlichen Regelwerk der zentralen Instanz zur Bewahrung der Einheitlichkeit im deutschen Sprachraum findet sich unter dem Abschnitt „Apostroph“ folgender neuer Passus: „Die Verwendung des Apostrophs zur Abgrenzung des Genitiv-s bei Eigennamen ist möglich, wenn die Gesamtkonstruktion ein Eigenname ist.“

Sprich: Im Firmen- oder Markennamen kann jeder seinen Apostroph dort platzieren, wo es ihm gefällt, und bewegt sich trotzdem im Rahmen des Regelwerks. Aber warum hat der Rat die Regeln überhaupt geändert? Offenbar ist den Wächtern über die deutsche Sprache aufgefallen, wie häufig der Apostroph auf Firmenschildern auftaucht. Man habe sich gewissermaßen der Realität angepasst, heißt es.

Auf einem Schild steht „Mandy's Nageloase" (Jan Woitas/dpa/picture alliance)
„Mandy's Nageloase" wirbt – sprachlich korrekt – für einen Schönheitssalon null Jan Woitas/dpa/picture alliance

Kein Freibrief für Apostroph-Wildwuchs

Einen generellen Freibrief für den Deppen-Apostroph gibt es allerdings nicht. Handelt es sich nicht um einen Eigennamen, gilt weiterhin die gute alte Genitiv-Regel: Es heißt also korrekterweise „Evas Blumen sind schön" – und nicht etwa „Eva's Blumen sind schön“.

Im Netz findet man auf der Seite „Keine Macht dem Deppenapostroph“ viele weitere abstruse Beispiele, wie man den Apostroph auf keinen Fall nutzen sollte. Vor allem der Plural wird immer öfter zum Opfer der falschen Zeichensetzung. Da preist ein Supermarkt „Anana's aus Costa Rica“ an, oder man wird aufgefordert, „keine nassen Mopp's in die Toilette“ zu stellen.

Thomas Mann benutzte ihn auch ...

Schwarz-Weiß-Foto zeigt Thomas Mann (Fritz Eschen/akg-images/picture alliance)
Zu Manns Zeiten war der Deppenapostroph sehr verbreitet null Fritz Eschen/akg-images/picture alliance

Doch zurück zu Eva's Blumenladen. Dass diese Variante jetzt im deutschen Sprachraum korrekt ist, wird in manchen Kreisen als „Normalisierung von Anglizismen“ angeprangert.

Vergessen wird dabei, dass schon der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe oder der Literatur-Nobelpreisträger Thomas Mann den Apostroph nicht regelkonform genutzt haben: „... und Hans Castorp fand bald nichts mehr gegen das regelmäßige Erscheinen Dr. Krokowski's zu erinnern ...“, schrieb Mann in seinem vor 100 Jahren veröffentlichten Roman „Der Zauberberg“. Na dann ...

suc/io (mit dpa)