Manuskript

Keine Lust auf Europawahl

Das EU-Parlament sitzt in Brüssel, für viele Bürger scheint das zu weit weg. Sie gehen lieber zur Bundestagswahl als zur Europawahl. Dabei hat die EU direkten Einfluss auf das Leben in Deutschland.


Alle fünf Jahre laden Politikerinnen und Politiker, die für die Europawahl kandidieren, zu Wahlveranstaltungen ein. Doch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist gering. „Eine Bundestagswahl, wo man das Gefühl hat, mitzuentscheiden, wer der Kanzler wird, das zieht einfach mehr", sagt der ostdeutsche Politiker Kurt Fischer.

Katharina Barley ist Vizepräsidentin der EU. Zu einer ihrer Wahlveranstaltungen in Ostdeutschland kommen gerade mal 20 Leute. Und über das Thema, wie man die Demokratie in der EU weiter stärken kann, wollen die Teilnehmer gar nicht mit ihr reden. Sie beschäftigt eher, warum der öffentliche Nahverkehr nicht besser ausgebaut wird oder was man gegen die vielen Wölfe in der Region tun kann.

Viele solcher Fragen werden im EU-Parlament entschieden. Laut EU-Recht sind Wölfe eine geschützte Art. Und manchmal gibt es Geld aus Brüssel, um das Schienennetz auszubauen. Die Verbindung zum Alltag der Menschen ist also da. Das Thema Asyl zum Beispiel sehen die Deutschen als größte Herausforderung für Deutschland und Europa. Trotzdem interessieren sich laut einer Umfrage 48 Prozent der Deutschen wenig oder gar nicht für die Europawahl.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder klagt, dass die EU für viele Bürger selbstverständlich geworden ist: offene Grenzen, Reisefreiheit, wirtschaftlicher Wohlstand – und vor allem Frieden. „Ein hohes Gutangesichts dessen, was außerhalb der EU stattfindet“, so Söder. Er weiß aus Erfahrung: Bei einer Europawahl erreicht man die Bevölkerung am besten, wenn man zuerst nach Herausforderungen im eigenen Land fragt – und diese dann zu europäischen Themen macht.