Europas größte Baustelle: der Fehmarnbelttunnel
Wenn man mit dem Zug von Hamburg in die dänische Hauptstadt Kopenhagen fahren möchte, braucht man dafür momentan fünf Stunden. Der 18 Kilometer lange Fehmarnbelttunnel unter der Ostsee soll die Fahrtzeit auf zweieinhalb Stunden verkürzen. Das ehrgeizige Projekt soll bis 2029 fertiggestellt werden. Dann wird die unterirdische Verbindung zwischen Deutschland und Dänemark voraussichtlich der längste und tiefste Straßen- und Eisenbahntunnel der Welt sein.
SPRECHER:
Die ersten fertigen Teile eines Rekordprojektes – dem längsten Tunnel der Welt in Fertigbauweise.
THOMAS DANIELSEN (dänischer Verkehrsminister):
Es ist ein wichtiges Projekt, das Nordeuropa und Südeuropa zusammenbringt.
SPRECHER:
Das allererste Teilstück wurde vom dänischen König eingeweiht. So wichtig ist dieses Projekt.
HENRIK VINCENTSEN (Geschäftsführer Femern A/S):
Heute ist ein großer Tag, denn es ist ein wichtiger Meilenstein, den Tunnel nach Deutschland zu bauen.
SPRECHER:
Es ist ein Projekt der Superlative: Für den Tunnel wurde Europas größte Baustelle geschaffen. Hier kommt auch der größte Schwimmbagger der Welt zum Einsatz. Willkommen bei Europas Megaprojekt – mit Mega-Challenges, die noch zu meistern sind. Ein kritischer Moment bei der Fertigung: das Betonieren. 30 Stunden lang ohne Pause wird der Beton vergossen: zehntausende Tonnen allein für ein Segment.
GERHARD CORDES (Projektleiter):
[Das] Entscheidende, was wir hier machen müssen, ist, dass wir ein Element in einem Guss betonieren. Das heißt nicht, wie sonst üblich, dass wir erst die Bodenplatte machen, dann die Wände machen und dann die Decke machen, sondern wir betonieren das ganze Segment in einem Guss, weil wir die Temperaturspannung im Griff haben müssen, um Risse zu vermeiden, die bei einer wasserundurchlässigen Konstruktion natürlich kritisch wären.
SPRECHER:
Es ist alles glatt gegangen bei den ersten Fertigbauteilen: jedes 217 Meter lang und 42 Meter breit.
HENRIK VINCENTSEN:
Es ist eine große Anerkennung für die unzähligen Stunden, die wir investiert haben, von Seiten der Unternehmer, von unseren Designern, von uns in der Bauorganisation und allen, die dazugehören.
SPRECHER:
Der Tunnel wird später aus insgesamt 89 Fertigbauteilen bestehen – mit zwei Röhren für Züge und zwei für Autos. Die Megabauteile werden später im Meer versenkt und miteinander verbunden. Anschließend folgt der Innenausbau.
GERHARD CORDES:
Es ist bekannt, dass wir, wenn wir den Graben ausheben, einige Riffe zerstören. Das ist aber nur ein ganz kleiner Teil, 0,015 Prozent von der Gesamtfläche der Riffe wird zerstört. Dafür werden aber … ein Vielfaches der zerstörten Riffe wird neu hergestellt.
SPRECHER:
Der Tunnel wird Süddänemark mit Norddeutschland verbinden. Durch ihn sparen Bahnreisende und Autofahrer 160 Kilometer an Fahrstrecke. Er ist Teil eines EU-Projekts, das Bahnreisen zwischen Nord- und Südeuropa schneller macht und das Flugzeug überflüssig. Zum EU-Projekt gehört auch der Brennerbasistunnel, der Österreich und Italien verbinden wird. Der wird mit 64 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. Zurück nach Dänemark. Wird sich das Projekt auch rechnen? Sieben Milliarden Euro Baukosten sind dafür veranschlagt.
MATTHIAS LAUBENSTEIN (Projektleiter):
Unsere Annahmen beruhen auf einer Verkehrsprognose, die besagt, dass wir mit circa 111 Zügen am Tag rechnen können, und darauf basiert natürlich dann auch unsere Finanzanalyse, und bei den PKW-Verkehren gehen wir davon aus, dass 2030 circa 12000 PKW dann die feste Fehmarnbelt-Querung nutzen werden.
SPRECHER:
Dann werden voraussichtlich 73 Euro Mautgebühr pro Auto fällig, Preis für Zugdurchfahrten noch unbekannt. Sicher ist, frühestens nach 20 Jahren sind die Baukosten wieder eingespielt. Wichtiger als die Finanzierung ist natürlich die Sicherheit.
GERHARD CORDES:
Wenn in der Mitte des Tunnels Wasser eindringen würde, dann hätten wir ‘n ziemliches Problem, würde ich sagen. Also, die Wände sind statisch darauf bemessen, dass […] bei einem Zugunfall oder auch bei einem Autounfall mit gewisser Geschwindigkeit mit einem Sicherheitsfaktor die Wände standhalten und es kein Problem gibt.
SPRECHER:
2029 soll der Tunnel fertig sein. Den bezahlen übrigens die Dänen ganz allein. Denn denen ist das Projekt offenbar wichtiger als den Deutschen.