Manuskript

Kreuzfahrten – bequem, aber umweltschädlich

Auf einem Schiff über die Weltmeere fahren, dabei einen Service wie in einem Hotel genießen und zwischendurch hübsche Hafenstädte anschauen: Kreuzfahrten sind eine beliebte Art, zu verreisen. Ein Nachteil daran ist, dass die Schiffe die Umwelt stark verschmutzen und mit ihren Schadstoffen dem Klima zusätzlich schaden. Einige Städte wollen dem Kreuzfahrttourismus Grenzen setzen. Die Meinungen dazu sind geteilt.

SPRECHERIN:
Beschränkung der Kreuzfahrt – das streben einige europäische Städte an. Venedig und Barcelona haben das Anlegen größerer Passagierschiffe in der Innenstadt bereits eingeschränkt. Damit wollen sie Umweltschäden und Überfüllung der Stadtzentren verringern. Transport and Environment, eine Nichtregierungsorganisation, sagt in einer Studie: Die Umweltverschmutzung durch die Kreuzfahrtindustrie in Europa nimmt zu. Dagegen haben Städte, die das Anlegen von Schiffen untersagen, ökologische Vorteile.

CONSTANCE DIJKSTRA (Transport and Environment):
Eine große Überraschung war, dass Venedig im Jahr 2019 durch Kreuzfahrtschiffe am stärksten verschmutzt war und im Jahr 2022 auf den 40. Platz zurückfiel. Und das lag an einem Verbot, das das Anlegen großer Kreuzfahrtschiffe erschwert.

SPRECHERIN:
Andere Hafenstädte orientieren sich an solchen Beispielen, darunter mehrere in Belgien. Für eine Studie wurden die Einwohner von Antwerpen, Brügge und Gent zum Kreuzfahrtverkehr befragt. Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Einwohner sagen, dass die Schiffe negative Auswirkungen auf ihre Umwelt haben. Marjan Nauwelaert leitete die Studie. Von ihrem Büro in Antwerpen kann man ein angedocktes Kreuzfahrtschiff am anderen Ende der Stadt sehen. Sie sagt, die größte Sorge der Einwohner seien die Emissionen.

MARJAN NAUWELAERT (Studienleiterin):
Das Schiff liegt genau dort, man kann es die ganze Zeit sehen. Die Luftqualität war wirklich das Wichtigste, vor allem auch hier in Antwerpen, wo es eine Umweltzone gibt. Das wurde sehr oft erwähnt. Die Leute sagen, dass wir zwar in einer Umweltzone leben, aber gleichzeitig hier ein Schiff anlegt, das mit Schweröl betrieben wird.

SPRECHERIN:
In Belgien ist der Widerstand in Brügge am größten, obwohl die Schiffe fast 15 Kilometer von der Stadt entfernt anlegen. Die jüngste Umfrage ergab: Mehr als 70 Prozent der Einwohner von Brügge wollen weniger Kreuzfahrtpassagiere haben.

SPRECHERIN:
In Antwerpen dagegen sind immer mehr Einwohner für den Kreuzfahrttourismus.

BEWOHNER VON ANTWERPEN:
Sie mögen die Touristen hier und es sind nicht zu viele. In anderen Städten wie Venedig gibt es zu viele Touristen. Aber hier ist es normal.

SPRECHERIN:
Für die Besucher ist die Nähe der Anlegestelle zur Altstadt ein großes Plus.

KREUZFAHRTOURISTIN:
Ich bin zum ersten Mal hier und schon jetzt beeindruckt von den wunderschönen Gebäuden. Wir haben auch schon Hamburg besucht, aber da war das Zentrum weit weg. Meiner Meinung nach ist es viel besser, im Stadtzentrum anzulegen und dort auch wieder loszufahren. Mehr Zeit in der Stadt!

SPRECHERIN:
Der Stadtrat für Mobilität in Antwerpen, Koen Kennis, lobt ebenfalls die gute Zugänglichkeit des Terminals im Stadtzentrum. Er ließ es gerade renovieren.

KOEN KENNIS (Stadtrat für Mobilität in Antwerpen):
Sie gehen direkt in die Stadt. Sie brauchen keine Busse, sie brauchen keine zusätzlichen Verkehrsmittel, um die Stadt zu besuchen. Und das ist auch sehr wichtig, denn das belastet unsere Stadt viel weniger.

SPRECHERIN:
Die Besucher seien, so Kennis, eine wichtige Einnahmequelle.

KOEN KENNIS:
Es sind 60 bis 70 Euro pro Tag, die sie hierlassen. Das ist wichtig für die Stadt. Es bringt Wohlstand.

SPRECHERIN:
Laut einer Studie gibt ein Passagier einer Hochseekreuzfahrt im Durchschnitt nur 40 Euro pro Tag aus, bei Luxusreisenden sind es 66 Euro. Das liegt vor allem daran, dass die Schiffe selbst für Mahlzeiten und Unterhaltung sorgen.

MARJAN NAUWELAERT:
Wir haben festgestellt, dass Kreuzfahrtpassagiere im Durchschnitt etwas weniger als fünf Stunden an ihrem Reiseziel bleiben.

SPRECHERIN:
Wenn das stimmt, wie können Hafenstädte dann mit Schiffen wie der Icon of the Seas von Royal Caribbean konkurrieren?

TIM MEYER (Geschäftsführer von Meyer Turku):
Das Schiff selbst wird zum Ziel.

SPRECHERIN:
Das größte Kreuzfahrtschiff der Welt, von Meyer Turku in Finnland gebaut, bietet mehr als 20 Restaurants, sieben Swimmingpools und endlose Unterhaltungsmöglichkeiten für bis zu 7600 Personen. Laut Meyer-Turku-Chef Tim Meyer bietet dieses All-inclusive-Angebot auch die Möglichkeit, umweltbewusster zu sein.

TIM MEYER:
Wir haben alles an Bord. Es ist alles ein System. Wir sind in der Lage, den Energieverbrauch zu optimieren. Jedes Mal, wenn wir einen Prototyp bauen, können wir pro Passagier den Energieverbrauch um 20 Prozent reduzieren.

SPRECHERIN:
Die Icon of the Seas wird mit LNG und Brennstoffzellen angetrieben. Das Schiff kann außerdem an Strom angeschlossen werden, wenn es im Hafen liegt, was ab 2030 in Europa vorgeschrieben wird.

CONSTANCE DIJKSTRA:
Europa musste dieses zur Pflicht machen, weil es bisher keine Nachfrage von Kreuzfahrtschiffen gab, sich an die landseitige Stromversorgung anzuschließen. Und der Grund dafür ist einfach: Es ist viel billiger, alle Hotels und Schwimmbäder mit einem schmutzigen Brennstoff zu versorgen, als den Strom vom Hafen zu kaufen.

SPRECHERIN:
Einige Vertreter der Kreuzfahrtbranche fordern Klimaneutralität bis 2050. Bis dahin werden die Städte jedoch schwierige Entscheidungen darüber treffen müssen, wem sie den Besuch in ihren Häfen gestatten und was das kosten wird.

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