Ein Junge sitzt am Schreibtisch vorm Laptop

„Kurs findet statt!“- Tipps fürs Homeoffice

Corona hat die Welt fest im Griff, viele Einrichtungen haben geschlossen. Wir geben Tipps, wie Sie Ihre Kurse auch online weiterführen und Ihre Schüler sinnvoll aus der Ferne begleiten können.

Welche Tools kann ich nutzen, um meine Lerner von zu Hause aus zu unterrichten? Wie vermittele ich damit meine Inhalte? Und wo finde ich passende digitale Lernmaterialien? Das sind Fragen, die sich derzeit DaF-Lehrkräfte auf der ganzen Welt  stellen. Eine Patentlösung gibt es nicht: „Die Antworten hängen unter anderem von den Ansprüchen der Lehrkräfte, den Gruppengrößen sowie den technischen und finanziellen Möglichkeiten ab“, betont Réka Licht, die sich mit „DeutschTutor“, einer Online-Privatschule für Deutsche Sprache, schon lange vor Aufkommen des Corona-Virus auf den digitalen DaF-Unterricht spezialisiert hat.

Digitale Tools und Materialien

Wer seinen Präsenzunterricht mehr oder weniger eins zu eins in ein digitales Klassenzimmer verlegen möchte, kann dafür sogenannte „Konferenz-Software“ nutzen. Manche Institutionen arbeiten bereits mit kostenpflichtigen Tools wie Adobe Connect oder Vitero. Lehrkräfte können aber auch auf kostenlose Varianten wie Zoom, Whereby, Sykpe, Google Hangouts, JoinMe, BigBlueButton, Clickmeeting oder Webroom zurückgreifen. „Die meisten dieser Tools wurden nicht für den Fremdsprachenunterricht entwickelt, erweisen sich in der Praxis aber durchaus als hilfreich“, sagt Réka Licht.

DaF-Lehrkräfte können ihre Lerner auch beim selbständigen Lernen begleiten – mit Hilfe von Lernplattformen wie Moodle, Ilias oder das speziell auf die Bedürfnisse von DaF-Lehrkräften zugeschnittene Tool „Deutschfuchs“. Sie dienen unter anderem als Materialpool, bieten aber auch interaktive Übungen und können zur Kommunikation genutzt werden, etwa wenn die Lehrkraft Aufgaben direkt online korrigieren oder den Lernenden Feedback geben möchte. Kostenlose Online-Angebote zum Deutsch lernen für alle Niveaustufen gibt es auch bei der Deutschen Welle, zum Beispiel die „Langsam gesprochenen Nachrichten“, das „Top-Thema“, Nicos Weg oder „Alltagsdeutsch“.

Entwicklung neuer Formate läuft auf Hochtouren

Die Bildungsverlage bieten auf ihren Online-Plattformen schon seit Jahren digitale Materialien an. Und die Entwicklung weiterer Angebote läuft derzeit auf Hochtouren. „Noch diese Woche möchten wir alle unsere Lehrwerke, die im Einsatz sind, als interaktive Versionen zur Verfügung stellen, so dass beispielsweise Audios und Videos in die PDFs eingebunden sind“, erklärt beispielsweise Sylvia Tobias vom Hueber Verlag.

Darüber hinaus können Lehrkräfte im Online-Unterricht natürlich auch ihre eigenen Materialien wie zum Beispiel Präsentationen einsetzen, indem sie sie über eine „Bildschirm teilen"-Option darstellen oder auf einem Selbstlern-Portal hochladen.

Herausforderung für Lehrkräfte und Lernende

Unabhängig davon, welche Tools eingesetzt werden, ist die schnelle Umstellung auf das digitale Lernen sowohl für die Lehrkräfte als auch für die Lernenden eine Herausforderung. Beide Seiten müssen nicht nur den Umgang mit der Technik lernen, sondern sich auch in die etwas andere Didaktik hineinfinden. „Wenn ich das Tool kenne und verstanden habe, kann ich damit nicht automatisch unterrichten. Ich brauche noch die Fähigkeit, die Methoden aus dem Präsenzunterricht in den virtuellen Raum zu übersetzen“, meint Kathrin Hahn, die in der Münchner Zentrale des Goethe-Instituts die Erprobung digitaler und innovativer Sprachlern-Angebote vorantreibt. Im physischen Klassenraum würde man die Lerner beispielsweise für ein Gespräch herumlaufen lassen, jetzt müsse man Chatgruppen oder virtuelle Diskussionsräume bilden.Wer schon einmal an einer Webkonferenz teilgenommen hat, weiß, dass sich das anders anfühlt als ein reales Meeting. „Im virtuellen Klassenzimmer vergeht die Zeit einfach anders“, meint Reka Licht. Ein Grund dafür ist, dass unsere Sinne am Bildschirm nur eingeschränkt genutzt werden. Die Expertin empfiehlt Lehrkräften im virtuellen Klassenzimmer deshalb, ihre Lerner häufig persönlich anzusprechen und immer zu kommentieren, was sie tun: „Wenn Stille herrscht, sind die Teilnehmer leicht verunsichert. Schon zwei, drei Sekunden können sich dann sehr lang anfühlen.“

Überhaupt sollten Lehrkräfte ihre Arbeitsorganisation grundlegend überdenken: „Wenn ich in dieser Ausnahmesituation rund um die Uhr für meine Lerner ansprechbar bin, riskiere ich, in der nächsten oder übernächsten Woche mit meiner Kraft und meiner Motivation am Ende zu sein. Stattdessen kann ich zum Beispiel E-Mail-Sprechzeiten anbieten“, sagt Reka Licht.

Bildschirm mit Frau und Info-Blatt
Bei der DAFWEBKON sind Webkonferenzen schon immer an der Tagesordnung null DW/V.Freitag

Improvisationstalent ist gefragt

In der Praxis des Online-Unterrichts gilt es dann immer wieder, mit den unterschiedlichsten Herausforderungen umzugehen. Nicht überall ist es selbstverständlich, dass die Lehrkraft und die Lernenden zuhause überhaupt einen Computer besitzen. Manche verschicken deshalb Materialien über Nachrichtendienste wie WhatsApp, der Austausch von Emails oder Telefonate sind Alternativen.

Selbst wenn alles klappt, fällt es vielen Lehrkräften im Online-Unterricht schwerer, einzuschätzen, wo ihre Lerner stehen und welche Unterstützung sie benötigen. Schließlich ist bisher noch unklar, ob die derzeit oft improvisierten Online-Sessions überhaupt ähnliche Ergebnisse bringen wie der herkömmliche DaF-Unterricht. Und sicherlich hätten sich viele mehr Zeit gewünscht, um sich mit der Welt des digitalen Unterrichts vertraut zu machen.

Seite mit Aufgaben
Vokabeln wiederholen und Verbkonjugation: auch im digitalen Unterricht wichtig null DW/S. Kinkartz

 Die gute Nachricht allerdings bringt Reka Licht auf den Punkt: „Niemand muss wegen Corona aufhören, Deutsch zu lernen oder zu lehren!“ Viele Experten berichten schon jetzt von positiven Erfahrungen mit dem Online-Unterricht.

Beim Goethe-Institut China beispielsweise , das schon seit Ende Januar für den Publikumsverkehr geschlossen ist, steigt die Zahl der Kursteilnehmer in den Online-Kursen während der Corona-Krise mit jedem neuen Kursangebot deutlich an. Die „alten" Lerner haben die Umstellung gut akzeptiert, waren dankbar, in dieser besonderen Situation weiterlernen zu können, und zeigten sich auch bei Schwierigkeiten verständnisvoll. Und auch die meisten Lehrkräfte haben sich mittlerweile ans digitale Unterrichten gewöhnt. Dabei hilft ihnen natürlich immer mal wieder die Kunst der Improvisation, die ja auch im Präsenzunterricht durchaus gefragt ist.

Im Anhang finden Sie eine Liste mit digitalen Lehrangeboten und Unterrichtsmaterialien.