Mit dem Profi im Studio

Auch in den bewegten Zeiten von Corona bleibt ihr mit den langsam gesprochenen Nachrichten immer auf dem Laufenden. Schaut mit uns hinter die Kulissen dieses beliebten Deutschlern-Formats.

Das Leben in Deutschland steht in diesen Wochen weitgehend still. Schulen und Geschäfte sind wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Die Menschen sollen zu Hause bleiben. Auch ein Großteil der Mitarbeiter unserer Redaktion arbeitet im Homeoffice, um wie gewohnt unser Deutschlernangebot anbieten zu können. Ins Funkhaus in Bonn kommt momentan nur eine Handvoll Mitarbeiter. Zu ihnen gehört auch unser Kollege Michael. Er ist professioneller Sprecher und die Stimme hinter unserem beliebten Format „Langsam gesprochene Nachrichten“.

Aufnahme läuft 

Täglich um 9:00 Uhr deutscher Zeit leuchtet über der Tür zum Studio 1 eine rote Lampe mit der Aufschrift: „Bitte Ruhe“. Das bedeutet: „Bitte nicht stören, hier läuft jetzt eine Aufnahme!“ Michael spricht dann die aktuellen Nachrichten des Tages für die Deutschlerner, einmal im Originaltempo und einmal langsam und verständlich.

Er ist ein Profisprecher. Seine Arbeit ist das Sprechen, sein Werkzeug ist seine Stimme. Was so einfach klingt, verlangt viel Training und hohe Konzentration. Gerade beim  Sprechen der langsamen Nachrichten für Deutschlerner müsse er besonders gründlich vorgehen, betont Michael. „Jede Endung muss klar ausgesprochen werden, jede Nachricht muss auch im langsamen Tempo den richtigen Sprech-Duktus (Sprechstil und -melodie Anm. d. Red.) haben, damit die langen und verschachtelten Nachrichtensätze für Deutschlerner leichter verständlich sind.“ Er freut sich sehr, dass weltweit so viele Deutschlerner von diesem Angebot profitieren und natürlich, „dass wir sie dabei unterstützen können, ihr Deutsch zu vertiefen.“

Tipps vom Profi

Radiosprecher liest im Studio die Nachrichten vor.
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Profisprecher müssen jede Menge Dinge beachten, damit ihre Stimme am Mikrofon sauber und kräftig klingt. Zum Beispiel sollten sie vor einer Mikrofonaufnahme keine Milch trinken; sie verklebt nämlich die Mundschleimhaut und verursacht hörbare Schmatzgeräusche. Und klassisches Sprudelwasser ist für Sprecher ebenfalls tabu: „Von stark prickelndem Sprudelwasser würde man unangenehm aufstoßen“, schmunzelt der langjährige Profi und verrät noch mehr aus dem Nähkästchen: „Man darf nie hungrig ins Studio gehen. Das Knurren eines leeren Magens kann man ja nicht bewusst kontrollieren – und man hört es ganz deutlich.“ 

Außerdem müssen sich Sprecher vor jeder Aufnahme „aufwärmen“. Sie lockern die Mundpartie mit Dehnübungen – und dabei schneiden sie schon mal verrückte Grimassen. „Die Aufwärmübungen mache ich schon auf dem Weg zur Arbeit. Ich komme immer mit dem Fahrrad, und die Leute denken wahrscheinlich oft, ich bin verrückt“, amüsiert sich Michael.

Mit Schal und Salbeiblättchen kann nichts schief gehen

Der größte Albtraum für jeden Sprecher ist es übrigens, erkältet zu sein und die Stimme zu verlieren. Ob Michael wohl deshalb fast immer Schals trägt? „Ja, ich liebe Schals, aber ich passe auch sehr auf meine Stimme auf“, lacht er. „Meine Stimme ist schließlich mein kostbarstes Gut. Zum Beispiel habe ich gegen Heiserkeit immer Salbeiblättchen bei mir.“

Ein Mann mit toller Stimme 

Doch wie wird man eigentlich Nachrichtensprecher? Die meisten Sprecher haben eine Schauspielausbildung oder sind Journalisten von Beruf. Michael landete eher zufällig in der Branche, erzählt er lachend: „Als Student jobbte ich in der Tourismus-Information in Köln. Einmal rief eine Frau an, die ein Hotelzimmer suchte. Als ich für sie die Unterkunft gebucht habe, sagte sie zum Abschied: ‚Sie haben eine so tolle Radio-Stimme, machen sie etwas daraus!‘ Und ich dachte mir: Warum eigentlich nicht?“

Gesagt, getan. Michael absolvierte eine Stimmausbildung und sprach die Nachrichten für mehrere große Rundfunkanstalten. In der Deutschen Welle liest er neben den Nachrichten auch noch andere Formate wie das Top-Thema oder Alltagsdeutsch. Für ihn ist klar: „Bis heute bin ich dieser unbekannten Frau dankbar! Ich habe einen abwechslungsreichen, spannenden Job, der Leuten etwas bringt.“