Manuskript

Mit Wasserstoff in die Zukunft

Im norddeutschen Ort Bosbüll fahren Busse mit Wasserstoff, der durch Windenergie hergestellt wird. Die Wärme, die bei der Wasserstoffgewinnung entsteht, wird zum Beispiel zum Heizen genutzt. Das Modellprojekt soll zeigen, dass klimafreundliche Energienutzung auch alltagstauglich ist.

SPRECHER:
Wenn nur Wasser aus dem Auspuff kommt …

SVEN HÄNSEL (Busfahrer):
Man weiß es auch, dass, wenn ich alleine fahre, ich der Einzige bin, der C02 produziert.

SPRECHER:
Und [wenn] die ganze Welt etwas lernen kann …

ANDRÉ STEINAU (Leiter Wasserstoffprojekt GP Joule GmbH):
Unsere Wasserstoffproduktion in Bosbüll ist eigentlich die Blaupause, die Sie überall auf der Welt aufbauen können.

SPRECHER:
Und [wenn] sie auch stolz auf das sind, was sie erreicht haben …

MAX BÖHM (Einwohner von Bosbüll):
Das ist schon, ja, genial eigentlich, dass wir das hier vor Ort produzieren und nutzen können.

SPRECHER:
Dann sind wir ganz oben im Norden: Deutschlands erstes Modellprojekt, bei dem eine Region ohne fossile Brennstoffe auskommen will und voll auf Wasserstoff setzt. Doch wie gut klappt das? Und wie teuer ist das für die Bewohner? Seit einigen Wochen fahren zwei Busse mit Wasserstoff im Linieneinsatz. Für das Projekt wurden mehrere Tankstellen gebaut, an denen auch Autos Wasserstoff tanken können. Und wie findet der Fahrer den neuen Bus?

SVEN HÄNSEL:
Das Gute an dem Bus ist, dass er geräuschlos fährt. Man hört nur den Elektromotor und man hört nur das Lenkgetriebe, ansonsten ist Ruhe. Wenn natürlich Fahrgäste im Bus sind, kann man die Gespräche mithören. Manchmal ist es nicht so schön, aber man hört dann irgendwann nicht mehr hin und achtet dann eben auf andere Sachen im Bus – wie zum Beispiel den Straßenverkehr.

SPRECHER:
Doch ist der Bus auch alltagstauglich?

DANIEL MARX (Vorsitzender von DB Regio Bus Nord):
Aktuell ist das Problem, dass es manchmal mit der Tankung schwierig ist. Das heißt, dass der Bus und die Tankanlage nicht miteinander sprechen. Das ist ein Software-Problem. Das kann man lösen. Mit ein paar Software-Updates sollte das gelöst sein.

SPRECHER:
Das Herzstück des Wassersoff-Projekts.

ANDRÉ STEINAU:
Das ist hier unser Elektrolyseur. Den muss ich einmal öffnen.

SPRECHER:
André Steinau hat das Modellprojekt ins Leben gerufen. Seine Firma betreibt den Elektrolyseur. Mehrere Millionen Euro hat der gekostet. In dem Container wird aus Wasser der begehrte Wasserstoff gewonnen. Dafür wird viel Strom benötigt.

ANDRÉ STEINAU:
Wir leben hier im Netzengpassgebiet. Das heißt, Windstrom wird hier abgeschaltet. Das heißt, wir haben Überschussstrom. Und da war die Idee: Was fangen wir mit dem Strom an? Wir wollen ihn nicht wegwerfen. Und die eine Idee ist, in dieser Stromüberschusszeit diesen Strom zwischenzuspeichern und dann zu nutzen, wenn er nicht … wenn die erneuerbare Energie nicht direkt vorhanden ist, und darüber hinaus dann Anwendungen zu finden, dass wir die Energie nicht nur wieder ins Stromnetz zurückgeben, sondern in die anderen Sektoren wie Mobilität und auch Wärme.

SPRECHER:
Und so wird’s gemacht: Mithilfe des Windstroms wird Wasserstoff aus gereinigtem Leitungswasser abgespaltet. Der wird dann zu den örtlichen Wasserstofftankstellen transportiert. Bei der Wasserstoffgewinnung entsteht viel Wärme. Diese wird ins örtliche Fernwärmenetz geleitet, so werden Häuser C02-neutral beheizt, und zwar die im nahegelegenen Dorf Bosbüll. Max Böhm profitiert davon. Bislang gebe es keine Probleme damit, meint der Handwerker.

MAX BÖHM:
Die Wärme ist jetzt ein Anfang mit dem Gesamtprojekt … natürlich auch in Bezug auf die Busse [ist das] auch ein Anfang. Schön wäre es natürlich, wenn auch hier einfach ein oder zwei Wasserstoffautos vor der Tür stehen würden. Das ist momentan preislich noch nicht so, dass sich jeder das leisten kann oder dass auch wir uns das leisten können. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass das schon Zukunft hat, definitiv.

SPRECHER:
Ein Wasserstoffauto kostet ungefähr doppelt so viel wie ein vergleichbares Dieselmodell. Deshalb fahren erst 30 Stück in der Region. Auch das Tanken ist teurer. Für 500 Kilometer sind 50 Euro fällig, während es beim Diesel 47 sind und beim Elektroauto 25 Euro.

ANDRÉ STEINAU:
Also, wir müssen uns daran gewöhnen, dass eine klimaschutzorientierte Wirtschaft teurer ist als eine fossilorientierte Wirtschaft. Das heißt Klimaschutz: Und da sind wir ja alle daran interessiert, dass wir unsere Welt retten. Und wir sind jetzt am Anfang hier einer Technologie, die es schon lange gibt, aber die es halt noch nicht im Masseneinsatz in der Form gab und gibt und die durch den Masseneinsatz aber auch günstiger wird.

SPRECHER:
Schon in wenigen Jahren könnte die klimafreundliche Energienutzung genauso teuer sein wie die herkömmliche, so glauben sie hier. Die Beispiele zeigen, dass die angewandte Technik bereits alltagstauglich ist.

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