"Nachfrage nach Deutsch ist ungebrochen"
Alle fünf Jahre zählt das Auswärtige Amt, wie viele Menschen weltweit Deutsch lernen. Die zuständige Staatsministerin Michelle Müntefering hat mit der Deutschen Welle über die Ergebnisse der Studie gesprochen.
Deutsche Welle: Wieso ist es Ihnen so wichtig, einen genauen Überblick über die Deutschlernenden weltweit zu haben?
Michelle Müntefering: Die Förderung der deutschen Sprache ist eine tragende Säule unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Wir können unsere Förderinstrumente nur dann strategisch einsetzen, wenn wir wissen, wie sich die Deutschlernerzahlen entwickeln, vor allem in welchen Ländern und Regionen es besondere Nachfrage nach Deutsch gibt. Es gibt im Übrigen keine vergleichbare umfassende Studie über den Stand der deutschen Sprache. Entsprechend groß ist somit auch das Interesse in der Fachwelt.
In vielen Ländern hat Deutsch an Schulen einen schweren Stand - andere Fremdsprachen wie Englisch und Spanisch werden oft bevorzugt. Mit welchem Gefühl blicken Sie für Deutsch in die Zukunft?
Ausgesprochen optimistisch: Die Nachfrage nach Deutsch ist ungebrochen und wir sehen jetzt wieder eine leichte Zunahme mit 15,4 Millionen Personen, die Deutsch lernen. Ich wünsche mir, dass wir darauf nun aufbauen. Das ist die wichtigste Erkenntnis der aktuellen Erhebung. Erfreulich auch: Während 2015 weltweit circa 95.000 Schulen Deutschunterricht angeboten haben, sind es heute circa 106.000 Schulen. Die Kooperationsprogramme der Mittlerorganisationen – Lehrerfortbildungen, Schülerwettbewerbe, Jugendprüfungen – erreichen ca. 90 Prozent dieser Schulen.
In der Erwachsenenbildung ist das Bild vielerorts positiver als an den Schulen. Immer mehr Erwachsene lernen Deutsch, um sich beruflich zu qualifizieren. Kann das eine Zukunftsstrategie für Deutsch als Fremdsprache sein, obwohl Erwachsene oft kürzer lernen und weniger an Institutionen wie Schulen gebunden sind?
Insbesondere im Kontext der Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist der Erwerb von Deutschkenntnissen in den Herkunftsländern unabdingbar. Das wird weiter Nachfrage nach Deutsch erzeugen. Wir sind gut darauf vorbereitet: Digitale Sprachlern- und Prüfungsangebote des Goethe-Institutes oder der Deutschen Welle kommen bereits jetzt überall auf der Welt bei der sprachlichen Qualifizierung von Fachkräften zum Einsatz. Für die sprachliche Vorbereitung seiner ausländischen Stipendiaten auf den Kontakt mit der deutschen Wissenschaft und Gesellschaft nutzt der DAAD das Online-Angebot der Deutsch-Uni-Online. Wir entwickeln diese digitalen Sprachlern- und Prüfungsangebote im Kontext der Fachkräftegewinnung weiter.
Sie sprechen es selbst bereits an: Der Trend beim Deutsch lernen geht auch zum Online lernen. Bildungsangebote wie die der Deutschen Welle werden immer wichtiger - auch aufgrund der Covid19-Pandemie. Was wird seitens der Politik unternommen, um dem wachsenden Bedarf nach online verfügbaren und mobilen Angeboten gerecht zu werden?
Ich denke, wir haben gemeinsam mit den Partnern schnell und flexibel die notwendigen Krisenmaßnahmen auf den Weg gebracht. Beispielsweise wurden Ersatztermine für die Prüfungen für das deutsche Sprachdiplom unbürokratisch angeboten und erstmals der Einsatz von Videoformaten ermöglicht. Und schließlich: Den finanziell in Bedrängnis geratenen deutschen Auslandsschulen hat der Bundestag über das Auswärtige Amt zusätzliche Mittel in Millionenhöhe zur Verfügung gestellt. Ebenso dem Goethe-Institut, das unter anderem mit den Fit-Schulen ebenfalls maßgeblich für den Erfolg der PASCH-Initiative verantwortlich ist. Ich bin sicher: Die Digitalisierung in der Vermittlung von Deutsch wird weiter zunehmen. Unsere Mittler und Partner leisten dabei hervorragende Arbeit. Und klar ist auch: Wir brauchen sie auch in Zukunft. Denn eine gemeinsame Sprache ist der beste Klebstoff, das beste Bindemittel für Verständigung.
Zur Datenerhebung: Das Auswärtige Amt führt die Datenerhebung "Deutsch als Fremdsprache weltweit" alle fünf Jahre mit seinen Partnern Goethe-Institut, DAAD, und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen durch. Dieses Jahr beteiligte sich zum ersten Mal auch die Deutsche Welle mit Zahlen zur Online-Nutzung.