Nachrichten für Lehrkräfte

„Neue Dimension des Judenhasses an Schulen“

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Vordringen der israelischen Armee in den Gazastreifen steigt in Deutschland die Zahl der antisemitischen Vorfälle. Betroffen davon sind auch Schulen.

Kerzen stehen vor einem Schild mit der Aufschrift "Stop Antisemitismus". im Hintergrund stehen Polizisten. (Quelle: Sven Kaeuler/dpa/picture alliance)

Judenfeindliche Sprüche im Klassenzimmer, Mobbing oder Klischees in Schulbüchern – Antisemitismus an deutschen Schulen ist kein neues Phänomen, dem Zentralrat der Juden in Deutschland ist das lange bekannt. Doch nach den jüngsten terroristischen Angriffen der Hamas und der israelischen Reaktion darauf sieht der Zentralrat eine „neue Dimension des Judenhasses an deutschen Schulen“, die für ihn ein Schock sei.

Ein Sprecher des Zentralrats verwies auf Initiativen gegen Antisemitismus an Schulen. In dem Begegnungsprojekt „Meet a Jew“ habe es in der Vergangenheit nur recht selten antisemitische Anfeindungen gegen jüdische Freiwillige gegeben, die bundesweit an zahlreichen Schulen für einen Austausch mit nicht-jüdischen Schülern unterwegs sind. „Häufig gingen gerade muslimische Schüler mit einem Aha-Effekt über die vielen Gemeinsamkeiten des Glaubens nach Hause“, so der Sprecher. Umso bedrückender sei es, wenn jetzt in Schulen geplante Begegnungen abgesagt würden, weil die Stimmung der Schülerschaft so israel- und judenfeindlich sei, dass Ausschreitungen nicht ausgeschlossenen werden könnten.

Lehrerverband: Gewalt noch die Ausnahme

Auch der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, erkennt, dass die Lage regional immer angespannter werde: „Das gilt besonders für solche Schulen, an denen viele Schüler mit Wurzeln im arabischen Raum unterrichtet werden.“ Häufig herrsche hier ein gefestigtes antisemitisches Weltbild, das die Kinder und Jugendlichen zu Hause oder in den Schulen ihrer Heimatländer vermittelt bekommen hätten. Ein großes Problem seien zudem soziale Netzwerke. „Dort wird Antisemitismus vielfach offen aus- und vorgelebt“, so Düll. Allerdings seien offen gewalttätige Auseinandersetzungen an Schulen – wie jüngst zwischen einem Lehrer und einem Schüler in Berlin-Neukölln – noch die Ausnahme.

Die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, forderte Bund und Länder wegen der „Zunahme von antisemitischen, israelfeindlichen und islamistischen Parolen“ zum Handeln auf. Bisher helfe das deutsche Antidiskriminierungsrecht nicht gegen Diskriminierung an Schulen. „Es ist unglaublich: Antisemitisches Mobbing und Diskriminierung ist in deutschen Klassenzimmern bis heute nicht verboten. Eine Ausnahme bildet Berlin, wo es ein Landesantidiskriminierungsgesetz gibt“, sagte Ataman. Auch die anderen Länder müssten solche Gesetze einführen, forderte sie.

Die Kultusministerkonferenz teilte am Donnerstag mit, sie werde zusammen mit allen zuständigen Stellen alles dafür tun, den Schulfrieden zu wahren, „indem jede Form von Antisemitismus, Solidaritätsbekundungen mit und Rechtfertigungen von terroristischen Aktivitäten verurteilt und unterbunden werden.“ Weiter hieß es in der Mitteilung: „An unseren Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen gibt es keinen Platz für Antisemitismus und keinen Platz für Israelhass!“


ip/rh (dpa, kna)