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"Westworld" - würdiger "Game of Thrones"-Nachfolger?

Felix Schlagwein
14. Oktober 2016

Was passiert, wenn Menschen für ihre Handlungen keinerlei Konsequenzen tragen müssen? Die neue HBO-Produktion "Westworld" experimentiert mit dieser Illusion - und könnte damit "Game of Thrones" vom Serien-Thron stoßen.

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HBO Serie Westworld
Bild: HBO

Man stelle sich ein Disneyland der Zukunft vor. Nur ohne Märchenschloss, dafür mit Saloons, mit Revolvern statt Lollipops und ohne Menschen, die als Mickey Maus verkleidet für Fotos posieren. Dafür mit Androiden im Cowboydress, die von echten Menschen kaum zu unterscheiden sind. Willkommen in Westworld, Hauptschauplatz der neuen gleichnamigen Science-Fiction-Serie des amerikanischen Fernsehsenders HBO. In diesen Vergnügungspark in Wild-West-Manier tauchen die zahlungskräftigen Besucher von Westworld ein. Hier können sie sich so richtig austoben, mit Pferden durch die Prärie reiten, sich an Revolver und Schrotflinte probieren und den Tag bei einem Glas Whiskey am Pokertisch ausklingen lassen. Zu Diensten steht ihnen dabei die humanoide Bevölkerung, an der sie selbst ihren finstersten Gelüsten freien Lauf lassen können.

Gelebte Gewaltfantasien in Westernkulisse

Der Besucher von Westworld entscheidet selbst, ob er sich auf die Seite der Guten oder der Bösen schlägt. Er kann in der beeindruckenden Szenerie fischen gehen oder Gold suchen, Freundschaften mit den Androiden schließen und sich sogar in sie verlieben. Aber er kann sie auch foltern, vergewaltigen und ermorden. Es ist ein Ort fernab der Wirklichkeit, an dem menschliches Handeln, sei es noch so pervers, keine Konsequenzen nach sich zieht.

HBO Serie Westworld
Schießen die Androiden bald zurück? Westworld verspricht Spannung in WesternatmosphäreBild: HBO

Die geschändeten Roboter werden von Technikern und Programmierern repariert und wieder einsatzbereit gemacht. Sie sollen ihrem immer gleichen Tagesablauf nachgehen, doch schon ab der ersten Folge wird klar: Einige von ihnen zeigen Verhaltensweisen, die ihre Programmierung nicht vorsieht. Sie scheinen eine Art eigenes Bewusstsein zu entwickeln. Die bekannte Science-Fiction-Katastrophe, dass Roboter so intelligent werden, dass sie eines Tages ihre künstliche Intelligenz hinter sich lassen und außer Kontrolle geraten, ist in Westworld von Anfang an absehbar.    

Shakespeare und Fliegen als böses Omen

Westworld fordert Konzentration vom Zuschauer. Da die Androiden, die von ihren Schöpfern als "Gastgeber" bezeichnet werden, kaum von den Besuchern zu unterscheiden sind, fällt die Einordnung oft schwer. Orientieren kann man sich am berühmtesten Dramatiker aller Zeiten, den die Bewohner von Westworld ein ums andere Mal zitieren. Die populären Sätze William Shakespeares deuten bereits an, dass der idyllisch wirkenden Westernstadt eine düstere Zeit bevorsteht: "Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier", aus "Der Sturm", oder "so wilde Freude nimmt ein wildes Ende", aus "Romeo und Julia" - Worte, die aus den Mündern der Robotermenschen klingen, wie die Parolen einer bevorstehenden Revolution.  

HBO Serie Westworld
Einer der Schöpfer von Dolores und Co. - Lee SizemoreBild: HBO

Alles spricht dafür, dass sich die Gastgeber bald aus ihrer Opferrolle befreien. Als beim Betreiber von Westworld Panik darüber ausbricht, dass die Roboter aufgrund eines Software-Updates außer Kontrolle geraten könnten, beruhigt der Chefprogrammierer: "Sie sind so programmiert, dass sie nicht einmal einer Fliege etwas zuleide tun können." Doch auf Dolores (Artikelbild), die laut Aussage ihrer Erschaffer am häufigsten reparierte Menschenmaschine des Parks, scheint diese bewusst beruhigende Aussage nicht mehr vollständig zuzutreffen. Die junge humanoide Frau, deren Name sicher nicht zufällig auf Latein "Schmerzen" bedeutet, hat anscheinend schon zu viele Qualen erlitten und kann wenig später sehr wohl einer Fliege etwas zuleide tun - sie zerschlägt das Insekt auf ihrem Hals.  

Mit prominenter Besetzung zum Quotenhit   

Jonathan Nolan, J.J. Abrams und Lisa Joy, die Produzenten von Westworld, haben sich als Vorlage für ihr Serienkonzept des gleichnamigen Films von Michael Crichton aus dem Jahr 1973 bedient. Mit prominenten Namen wie Anthony Hopkins, Ed Harris, Evan Rachel Wood, Jeffrey Wright und Thandie Newton feierte Westworld eine äußerst erfolgreiche Premiere. Mehr als drei Millionen Amerikaner verfolgten die Ausstrahlung der ersten Folge - fast eine Million mehr als beim Debüt von Game of Thrones im April 2011.

Das Ende dieses extrem erfolgreichen Fantasyepos rund um "Das Lied von Eis und Feuer" naht - und das stets hungrige Serienpublikum sucht schon jetzt nach einem würdigen Nachfolger. Ob es ihn in Westworld findet, bleibt abzuwarten, denn bisher gibt es lediglich die ersten beiden Folgen zu sehen. Doch so viel lässt sich bereits jetzt sagen: Westworld verspricht viel. In Deutschland zeigt der Bezahlsender Sky die erste Staffel in englischer Sprache. Die Serie kommt voraussichtlich im Frühjahr 2017 in deutscher Sprache ins Fernsehen.