USA: Gericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

Mit vier zu drei Stimmen kassierte das Berufungsgericht des Bundesstaates New York das Urteil gegen den ehemaligen Filmproduzenten Harvey Weinstein. Zur Begründung verwiesen die Richter am Donnerstag auf Verfahrensfehler während des Prozesses. So seien Frauen als Zeuginnen zugelassen worden, deren Fälle nicht Gegenstand der Anklage gewesen seien.

Das Berufungsgericht kritisierte auch, dass der Richter Weinstein in einer Weise ins Kreuzverhör nahm, die ihn in einem "höchst nachteiligen" Licht darstellte. Abhilfe für diese "schweren Fehler" könne nur ein neues Verfahren sein, urteilte das Gericht. Nach Angaben der Zeitung "New York Times" muss nun Manhattans Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg entscheiden, ob er ein neues Verfahren gegen Weinstein einleitet.

Einer der überstimmten Richter sagte nach der Entscheidung, das Gericht mache mit diesem Urteil "die stetigen Fortschritte zunichte, die Überlebende von sexueller Gewalt in unserem Strafjustizsystem erkämpft haben".

Auslöser der #MeToo-Bewegung

Der heute 72-jährige Weinstein war 2020 in New York wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. Dagegen hatte er Berufung eingelegt.

Ein weiterer Prozess gegen den früheren Hollywood-Mogul in Los Angeles endete im Februar 2023 mit seiner Verurteilung zu 16 Jahren Gefängnis. Mehr als Dutzende Frauen werfen dem einst gefeierten Filmproduzenten sexuelle Angriffe bis hin zur Vergewaltigung vor. Die Enthüllungen lösten 2017 die #MeToo-Bewegung mit aus. Überall auf der Welt erkannten viele Frauen und auch einige Männer ihre eigenen Geschichten in denen der mutmaßlichen Weinstein-Opfer wieder - sie begannen, diese Geschichten unter dem Schlagwort "Me too" ("Ich auch") zu sammeln. 

Es ist vorerst unklar, welche Auswirkungen die Aufhebung des Urteils auf Weinstein haben wird, der in einem Gefängnis im Bundesstaat New York sitzt. Wegen der Verurteilung in dem zweiten Prozess aus Kalifornien wird er nicht auf freien Fuß kommen.

mak/kle (rtr, afp, dpa)

US-Außenminister rügt Chinas Lieferungen für Russlands Krieg

US-Außenminister Antony Blinken hat bei seinem Besuch in Peking die Bedenken der Vereinigten Staaten über chinesische Lieferungen für Russlands Krieg gegen die Ukraine angesprochen. China sei der Top-Lieferant für Maschinenwerkzeuge, Mikroelektronik und andere wichtige Güter, die zu zivilen und militärischen Zwecken verwendet werden könnten und Moskau in seiner Verteidigungsindustrie nutze, sagte Blinken. "Ohne Chinas Unterstützung hätte Russland zu kämpfen, seinen Angriff auf die Ukraine fortzusetzen", erklärte er weiter. 

China habe in der Vergangenheit gezeigt, dass seine Stimme in den Beziehungen zu Moskau Gewicht habe, sagte Blinken. Als Beispiel nannte er Sorgen im vergangenen Jahr, Russland könnte Nuklearwaffen einsetzen. Die russische Verteidigungsindustrie zu "befeuern", gefährde nicht nur die Sicherheit der Ukraine, sondern auch die Europas, sagte der US-Chefdiplomat.

Peking bestreitet Waffenlieferungen

China pflegt enge Beziehungen zu Russland, hat dem Partner nach eigenen Angaben aber keine Waffen für den Ukraine-Krieg geliefert. Zudem pocht die Regierung in Peking darauf, dass die normalen Handelsbeziehungen zwischen Russland und China nicht gestört oder eingeschränkt werden dürfen.

Die USA hätten China schon seit einiger Zeit gesagt, dass die transatlantische Sicherheit ein Kerninteresse Washingtons sei, betonte Blinken. "In meinen Unterredungen heute habe ich klargemacht: wenn China dieses Problem nicht angeht, werden wir das tun", so Blinken.

Blinken war mit Außenminister Wang Yi im Pekinger Staatsgästehaus Diaoyutai zusammengekommen. Nach US-Medienberichten trafen sich die beiden inklusive eines Arbeitsessens rund fünfeinhalb Stunden.

Wang und Xi: USA unterdrücken Chinas Wirtschaftsentwicklung

Der chinesische Außenminister Wang Yi und auch Präsident Xi Jinping warfen Blinken ihrerseits vor, dass die USA die wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik zu unterdrücken versuchten. Die USA beklagen unter anderem chinesische Billig-Exporte. "Die Beziehungen sind mit allen Arten von Störungen konfrontiert", sagte Wang gegenüber Blinken. "Chinas legitime Rechte auf Entwicklung werden in unangemessener Weise unterdrückt."

So sollten die USA nicht das Thema angeblicher chinesischer Überkapazitäten auf den Weltmärkten in den Vordergrund stellen. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte erst kürzlich betont, dass Bidens Regierung keinerlei Maßnahmen ausschließe, um auf Industrie-Überkapazitäten zu reagieren.

Antony Blinken und Wang Yi geben sich die Hand und posieren dabei für die Fotografen. Hinter ihnen stehen die Flaggen der USA und Chinas
Treffen zwischen den Außenministern Antony Blinken (links) und Wang Yi in Pekingnull Mark Schiefelbein/POOL/AFP/Getty Images

Xi bekräftigte bei einem Treffen mit Blinken, dass für ihn die Grundlage guter US-chinesischer Beziehungen in der Wirtschaft liege und dass die USA Chinas Entwicklung ausbremsen wollten. "Dies ist ein grundlegendes Problem, das angegangen werden muss", sagte Xi. Erst dann könnten sich die US-chinesischen Beziehungen wirklich stabilisieren und verbessern. Es sei wie der erste Knopf eines Hemdes, der zunächst einmal an der richtigen Stelle geknöpft werden müsse.

Etliche Konfliktfelder

Blinkens Besuch in Peking fällt in eine Zeit, in der verschiedenste Streitpunkte die jüngste Verbesserung in den US-chinesischen Beziehungen gefährden könnten. Neben der Haltung Chinas im Ukraine-Krieg sind dies auf politischer Ebene auch das demokratisch regierte Taiwan, das die Pekinger Führung als abtrünnige Provinz betrachtet, und Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer. Auch diese Themen seien von Blinken angesprochen worden, erklärte ein Sprecher seines Ministeriums. Das Gespräch mit Wang dauerte demnach fünfeinhalb Stunden.

Blinkens Besuch in Peking gehört zu einer Reihe hochrangiger Austäusche zwischen den USA und China, die auf eine Entspannung der zwischenzeitlich sehr schlechten Beziehungen abzielen. Beide Seiten setzen nun auf direkte persönliche Kontakte, um Missverständnisse zu vermeiden. So empfing US-Präsident Joe Biden Staatschef Xi im November in San Francisco. Doch die zahlreichen Konfliktthemen haben weiterhin das Potenzial, das Verhältnis zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt zu belasten.

Hoffnung auf Annäherung zwischen USA und China

Die US-Entscheidung zur Kurzvideo-App Tiktok wurde laut Blinken bei seinen Gesprächen nicht thematisiert. Der US-Kongress hatte sich aus Sorge über die Möglichkeit eines Zugriffs durch Chinas Regierung auf Daten von US-Amerikanern geeinigt, dass der chinesische Eigner Bytedance seine Anteile in den USA verkaufen muss - ansonsten droht ein Verbot der populären App.

kle/AR (rtr, dpa)

USA: Vertraute von Trump wegen Wahlbetrugs angeklagt

Den angeklagten Republikanern werde Verschwörung zur Wahlmanipulation zur Last gelegt, teilte Arizonas Generalstaatsanwalt Kris Mayes mit. Trotz der Niederlage von Donald Trump 2020 in Arizona hätten sie Dokumente unterzeichnet, wonach er die Wahl in dem Bundesstaat gewonnen habe.

Bei elf der Angeklagten handelt es sich demnach um Mitglieder der Republikanischen Partei aus Arizona, darunter den ehemaligen Parteichef im Bundesstaat. Unter den sieben anderen Angeklagten sind laut einem Bericht der "Washington Post" der ehemalige Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows, die Anwälte Jenna Ellis und John Eastman, Trumps Wahlkampfberater Boris Epshteyn sowie Trumps Privatanwalt Rudy Giuliani.

Arizonas Generalstaatsanwältin Kris Mayes
Arizonas Generalstaatsanwältin Kris Mayesnull Rob Schumacher/The Arizona Republic/USA TODAY NETWORK/picture alliance

Trump selbst wurde der "Washington Post" zufolge zwar nicht angeklagt, er soll aber als "nicht angeklagter Mitverschwörer" genannt worden sein. Vertreter mehrerer Angeklagter wiesen die Anklage nach Angaben der "Washington Post" als "politisch motiviert" zurück.

Schlüsselstaat Arizona

Arizona hatte bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020 eine wichtige Rolle gespielt. Der Bundesstaat im Westen der USA ist ein sogenannter Swing State, in dem sich Demokraten und Republikaner häufig sehr enge Rennen liefern. Zusammen mit Siegen in anderen Swing States wie Georgia und Pennsylvania war der knappe Erfolg des Demokraten Joe Biden in Arizona war entscheidend für den Ausgang der gesamten Wahl.

Ist Europa auf einen Wahlsieg von Trump vorbereitet?

Trump erkannte seine Niederlage aber nicht an und erhob Vorwürfe des massiven Wahlbetrugs - unbelegte Anschuldigungen, die von zahlreichen Richtern und Behörden zurückgewiesen und von unabhängigen Faktenprüfern widerlegt wurden.

Arizona ist nach Michigan, Georgia und Nevada der vierte Bundesstaat, der Anklage gegen Trump-Vertraute wegen Wahlmanipulation erhebt. Der Republikaner Trump will bei der Wahl am 5. November erneut gegen Biden antreten.

Warten auf den Supreme Court

Das Oberste Gericht der USA befasst sich an diesem Donnerstag in einer Anhörung mit dem Antrag von Ex-Präsident Donald Trump, ihm "absolute präsidentielle Immunität" gegen strafrechtliche Verfolgung zu gewähren. Ein Strafprozess vor einem Bundesgericht in Washington ist nach einem entsprechenden Antrag des Ex-Präsidenten derzeit ausgesetzt. Darin geht es um die massiven Interventionen, mit denen Trump den Ausgang der Wahl 2020 zu seinen Gunsten kippen wollte, sowie um seine Rolle bei der Kapitol-Erstürmung im Januar 2021.

Dieser Prozess sollte eigentlich am 4. März beginnen. Einen neuen Termin gibt es nicht, da die höchstrichterliche Entscheidung zur Immunität abgewartet wird. Trump ist in insgesamt vier Fällen strafrechtlich angeklagt.

kle/AR (afp, dpa, rtre, ape)

USA: Könnte ein verurteilter Donald Trump Präsident werden?

Donald Trump, der voraussichtliche Kandidat der Republikanischen Partei für die US-Präsidentschaftswahl im November 2024, ist als erster ehemaliger US-Präsident überhaupt in einem Strafverfahren angeklagt. Ab dem 15. April wird vor einem New Yorker Gericht darüber verhandelt, ob er in seinem Präsidentschaftswahlkampf 2016 Bestechungsgeld gezahlt hat, um Geschichten über außerehelichen Sex mit einem Pornostar zu vertuschen.

Dieser Prozess in New York ist nur das erste von insgesamt vier Strafverfahren, die Trump bevorstehen. In Georgia geht es um angebliche Versuche, seine Niederlage in diesem Bundesstaat bei den Präsidentschaftswahlen 2020 zu kippen. Und dann gibt es noch zwei Bundesverfahren, in denen ihm erstens vorgeworfen wird, 2020 wissentlich Wahlbetrugslügen verbreitet zu haben, um an der Macht zu bleiben. Und im zweiten Verfahren muss er sich dafür verantworten, nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus illegal geheime Regierungsdokumente aufbewahrt zu haben.

Donald Trump kommt an einem New Yorker Strafgericht an, viele Polizisten sind vor Ort
Jedes Mal, wenn Trump vor Gericht erscheint, gibt es ein Spektakel.null Selcuk Acar/Anadolu/picture alliance

Kann Donald Trump im Falle einer Verurteilung noch für das Präsidentenamt kandidieren?

Ja. Unabhängig davon, wie diese Fälle ausgehen, wird Trump für das Präsidentenamt kandidieren können. Die US-Verfassung stellt nur drei Anforderungen an Personen, die diesen Job anstreben: Sie müssen als Staatsbürger in den Vereinigten Staaten geboren worden und mindestens 35 Jahre alt sein. Und sie müssen mindestens 14 Jahre lang in den USA gelebt haben. Nirgendwo steht, dass ein verurteilter Krimineller nicht kandidieren oder Präsident werden könnte.

Könnte Trump nach dem 14. Zusatzartikel der US-Verfassung disqualifiziert werden?

Abschnitt 3 des 14. Zusatzartikels zur US-Verfassung besagt, Personen, die sich "an einem Aufstand oder einer Rebellion beteiligt" haben, nachdem sie einen Eid auf die Verfassung geleistet haben, sind von der Ausübung "eines zivilen oder militärischen Amtes in den Vereinigten Staaten" ausgeschlossen.

Aktivisten, die Trump aufgrund dieser Klausel disqualifiziert sehen wollen, verweisen auf das Verhalten des damaligen Präsidenten im Vorfeld des Angriffs auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Sie sagen, Trumps Lüge, die Demokraten hätten ihm den Wahlsieg gestohlen, hätten den rechten Mob erst ermutigt, an diesem Tag das Kapitol zu stürmen. Deswegen zähle sein Handeln als Beteiligung an einem Aufstand.

In einer Reihe von Bundesstaaten wurde versucht, Trump auf Grundlage dieses Zusatzartikels von den Wahlzetteln bei den Vorwahlen zu streichen. Im März 2024 verwarf der Oberste Gerichtshof einen solchen Versuch in Colorado und erklärte, die Bundesstaaten seien nicht befugt, Personen von der Kandidatur für ein Bundesamt auszuschließen.

Die "Verantwortung für die Durchsetzung von Abschnitt 3 gegen Bundesbeamte und -kandidaten liegt beim Kongress", stellte der Oberste Gerichtshof klar. 

Doch die Mehrheit im Kongress ist geteilt: die Republikaner haben sie im Repräsentantenhaus, und die Demokraten, wenn auch knapp, im Senat. Da ist es sehr unwahrscheinlich, dass Trumps Kandidatur aufgrund des 14. Zusatzartikels gekippt werden könnte.

Weitere historische Anklage gegen Trump

Dürfte Trump im Falle einer Verurteilung bei den Präsidentschaftswahlen wählen?

Wahrscheinlich nicht. Trump ist im Bundesstaat Florida als Wähler registriert. Verurteilte Straftäter haben dort kein Wahlrecht.

"Die meisten Straftäter in Florida erhalten ihr Wahlrecht zurück, nachdem sie ihre Strafe vollständig abgesessen haben, einschließlich der Bewährung und der Zahlung aller Geldstrafen und Gebühren", erklärt Politikreporterin Maggie Astor in der New York Times.

Trumps Bewährungszeit, sollte er eine Bewährungsstrafe bekommen, würde aber wahrscheinlich nicht rechtzeitig ablaufen, damit er sein Wahlrecht noch wiedererlangen könnte.

Donald und Melania Trump nach Stimmabgabe bei den Zwischenwahlen 2022 vor einem Wahllokal in Florida
Falls er verurteilt wird, könnte Trump sich wahrscheinlich nicht selbst wählennull Joe Raedle/Getty Images

Aber was passiert, wenn Trump ins Gefängnis muss?

Das weiß niemand.

"Wir sind so weit von allem entfernt, was jemals zuvor passiert ist", sagte Erwin Chemerinsky, Verfassungsrechtsexperte an der University of California in Berkeley, der New York Times. "Es ist reine Spekulation."

Rechtlich gesehen wäre Trump weiterhin zur Kandidatur berechtigt, auch wenn er hinter Gittern sitzt. Aber ein Präsident, der gewählt wird, während er im Gefängnis sitzt, wäre eine logistische Herausforderung.

Journalistin Astor spekuliert, Trump könnte "auf Freilassung klagen, mit der Begründung, seine Inhaftierung würde ihn daran hindern, seine verfassungsmäßigen Pflichten als Präsident zu erfüllen".

Doch wie gesagt - das alles ist noch nie dagewesen und eine Vorhersage damit nicht möglich.

Könnte Trump, falls er gewählt wird, seine Verfahren einstellen oder sich selbst begnadigen?

Theoretisch könnte Trump eine potenzielle Haftstrafe aussetzen, ohne seine Verurteilung aufzuheben. Er könnte aber auch versuchen, sich selbst vollständig zu begnadigen. Beides wären extreme Formen der präsidialen Machtausübung, die wahrscheinlich vor dem Obersten Gerichtshof (wo die konservativen Richter eine 6:3-Mehrheit haben) auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden müssten. Alternativ könnte Präsident Joe Biden am Ende seiner Amtszeit einen siegreichen Trump begnadigen, damit der von den Amerikanern gewählte Mann das Land regieren kann.

Solche Maßnahmen würden jedoch nur für Trumps Bundesverfahren gelten, nicht aber für das bevorstehende Schweigegeldverfahren in New York oder den Fall der Wahlbeeinflussung in Georgia. Präsidenten haben nicht die Befugnis, Verurteilungen aus bundesstaatlichen Verfahren aufzuheben.

Faktencheck: Versteht Trump mehr von Wirtschaft als Biden?

Nach Umfragen des Meinungsforschungsinstitutes YouGov traut eine Mehrheit der US-Bevölkerung Ex-Präsident Donald Trump im Bereich Wirtschaft mehr zu als Amtsinhaber Joe Biden.

Nur 26 Prozent der im Februar dieses Jahres befragten Wähler halten Biden für einen fähigen Wirtschaftspolitiker. Trump hingegen erreicht Zustimmungswerte von 47 Prozent.

Doch stimmen diese Umfrageergebnisse mit den wirtschaftlichen Eckdaten der Vereinigten Staaten überein?  

Boomende Wirtschaft?

Behauptung: "Biden zerstört Recht und Gesetz, die Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Unter Trump ging es unserer Wirtschaft gut, wir brauchen vier weitere Jahre mit ihm", schreibt US-Senator Tim Scott am 28. März auf X. Auch andere User sehnen sich nach der "boomenden Wirtschaft unter Trump". 

DW Faktencheck: Irreführend.

Die ersten drei Jahre unter Donald Trump verliefen zwar mit Wachstumsraten von über zwei Prozent (siehe Grafik) wirtschaftlich erfolgversprechend. Ein langanhaltender "Boom" lässt sich allerdings nicht belegen. 

Dieser ist laut wissenschaftlicher Definition geprägt von "einer ausgeprägten Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität, die sich in hohen Wachstumszahlen, einer deutlich über dem Normalwert liegenden Kapazitätsauslastung, einer spürbaren Beschäftigungszunahme und einer Börsenhausse niederschlägt". 

Trump startete seine erste Amtszeit am 20. Januar 2017 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent. Im Corona-Jahr 2020 brach die Wirtschaft um 2,2 Prozent ein, erholte sich aber im letzten Quartal wieder und schnellte dann auf 5,8 Prozent empor.

Unter Biden befindet sich die Wirtschaft nicht "im freien Fall", wie von US-Senator Scott behauptet, sondern pendelte sich bei einem Wachstum von rund zwei Prozent ein (siehe Grafik). Für 2024 wird ein Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent prognostiziert.

Der Vergleich zeigt, dass die USA weder unter Trump noch unter Biden einen Wirtschaftsboom erlebt haben, sondern vielmehr mit den wirtschaftlichen Folgen schwerer Krisen wie Corona und Ukrainekrieg zu kämpfen hatten.

Steigende Staatsverschuldung 

Behauptung: "In den vergangenen vier Jahren haben leichtfertige Ausgaben dazu geführt, dass die Staatsverschuldung auf 34 Billionen Dollar gestiegen ist". Dieser Vorwurf wird von der Trump-nahen Vereinigung "Americans for Prosperity"erhoben, die im Netz einen "Faktencheck" zu Bidens Wirtschaftspolitik anbietet.

DW Faktencheck: Irreführend.

Richtig ist, dass die Staatsverschuldung in den USA im vierten Quartal 2023 nach offiziellen Angaben auf einen historischen Höchstwert von 34 Billionen Dollar gestiegen ist. Dies entspricht 124 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts (GDP).

Richtig ist aber auch, dass die Staatsverschuldung während der Amtszeit von Trump prozentual stärker angestiegen ist als unter Biden. So kletterten die Außenstände zwischen 2017 und 2021 von 19,84 Billionen US-Dollar auf 28,13 Billionen US-Dollar. Dies entspricht einem Anstieg von 41,62 Prozent.

Unter Biden wuchsen die Schulden von 28,13 Billionen US-Dollar auf 34 Billionen US-Dollar im Dezember 2023. Dies entspricht einem Wachstum von 20,86 Prozent.

Drohende Staatspleite in den USA abgewendet

Im Gegensatz zu "Americans for Prosperity", die Biden im Wahlkampf "leichtfertige Ausgaben" vorwirft, macht das US-Finanzministerium für die Entwicklung vor allem zwei Faktoren verantwortlich: Zusätzliche Ausgaben aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukrainekrieges, sowie gleichzeitig geringere Steuereinnahmen. 

Der Rückgang der Steuereinnahmen geht unter anderem auf die 2018 von Trump eingeführte Steuerreform zurück - eine Tatsache, die von seinen Anhängern gerne verschwiegen wird. 

Trumps Steuerreform senkte 2018 Unternehmenssteuern von durchschnittlich 35 auf 21 Prozent. Auch die Einkommenssteuersätze wurden verringert. Die gestiegenen staatlichen Ausgaben wurden über Schulden finanziert. Für die steigende Staatsverschuldung ist also auch Trump mitverantwortlich. 

Biden und die Inflation

Behauptung: "Joe Biden hat in den USA eine Inflation auf Rekordniveau ausgelöst, und sie geht nicht mehr weg". Diese Kritik äußerte Glenn Allen Youngkin, Gouverneur des US-Bundesstaates Virginia, am 21. März 2024 in einem Interview mit dem US-Sender Fox News.

DW-Faktencheck: Falsch.

Die Aussage blendet wichtige statistische Daten aus. Denn sie erwähnt nicht, dass die Inflationsrate in den USA seit einem Jahr kontinuierlich sinkt (siehe Grafik).

Nach Angaben des Weißen Hauses lag der Wert 2023 bei 3,4 Prozent. Im Februar sank der Wert im Vergleich zum Vorjahresmonat noch einmal auf 3,2 Prozent. 2022, nach der russischen Invasion in der Ukraine, betrug die Rate noch acht Prozent.

Beim Amtsantritt Trumps lag die Inflation bei 2,1 Prozent und sank 2020 auf 1,2 Prozent. Während der Corona-Pandemie stieg sie 2021 auf 4,6 Prozent an.

Fazit: Ursache für die steigende Inflation sind in Wahrheit Corona und die russische Invasion in der Ukraine, die für eine Explosion der Energiepreise sorgte, und nicht Bidens Wirtschaftspolitik. 

USA: Inflation hilft Trump und schwächt Biden

Hoch am Aktienmarkt

Behauptung: "Die Aktienmärkte performen herausragend, weil sie mit meinem Sieg rechnen". Diese Behauptung stellte Trump am 29. Januar 2024 angesichts des Hochs auf amerikanischen Aktienmärkten im Netzwerk "Truth Social" auf.

DW-Faktencheck: Falsch.

"Meine Umfragen gegen Biden sind so gut", schrieb er dort, "dass Investoren darauf setzen, dass ich gewinne, und das sorgt für Aufschwung."

In der Tat: Zwischen April 2023 und April 2024 legte der S&P 500 Aktienindex um 27 Prozent zu. Der Index ist neben Dow Jones und Nasdaq das dritte große US-amerikanische Börsenbarometer. Er umfasst die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA.

Der Boom am US-Aktienmarkt hat allerdings weniger mit Trumps Umfragewerten, sondern vielmehr mit der Zinspolitik der US-Notenbank (FED) zu tun.

Die Erholung am US-Aktienmarkt setzte Ende 2023 ein, als FED-Chef Jerome Powellandeutete, "die Phase der historisch hohen Zinsraten könne angesichts der schneller als erwartet sinkenden Inflation bald der Vergangenheit angehören". 

Angesichts der guten Entwicklung der US-Wirtschaft und "in der Hoffnung, dass wenn sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen so entwickelt wie erwartet", so Powell am 4. April, könne eine Zinssenkung im Laufe des Jahres angemessen sein.

Auch andere Faktoren tragen laut Analystenzum Hoch auf den Aktienmärkten bei, zum Beispiel der "Optimismus in Bezug auf künstliche Intelligenz". Der Post von Trump zeugt eher von Selbstüberschätzung statt von Wirtschaftskompetenz.

Was weiß die Wissenschaft über das Havanna-Syndrom?

Das rätselhafte Syndrom wurde erstmals 2016 bekannt. Damals wurden in der kubanischen Hauptstadt dutzende Fälle unter US- und kanadischen Diplomaten sowie ihren Familienangehörigen festgestellt. Laut Medienberichten soll es allerdings bereits 2014 im US-Konsulat in Frankfurt am Main in Deutschland erste Havanna-Syndrom-Fälle gegeben haben. Die Betroffenen litten unter Benommenheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hör- und Sehproblemen. Einige der Betroffenen verloren dauerhaft ihr Gehör.

Seit den Vorfällen in Kuba wurden die Symptome immer wieder von US-Diplomaten und -Geheimdienstmitarbeitern gemeldet, unter anderem in Russland, China, Österreich und zuletzt in Berlin. Die Betroffenen berichteten von Übelkeit, Schwindel, starken Kopfschmerzen, Ohrenschmerzen und Müdigkeit, einige von ihnen seien arbeitsunfähig, schrieb das Wall Street Journal. 

Auch in anderen europäischen Ländern habe man US-Vertreter mit dem rätselhaften Havanna-Syndrom registriert, berichtete die Zeitung weiter. Einige der Erkrankten hätten sich mit Themen wie Gasexporte, Cybersicherheit oder politische Einmischung befasst. 

Die US-Botschaft in Havanna
Bei Angestellten der US-Botschaft in Havanna tauchten die rätselhaften Symptome das erste Mal aufnull Adalberto/AFP/Getty Images

Symptome wie bei einer Gehirnerschütterung

Die Symptome treten sehr plötzlich auf. Einen Betroffenen in Moskau erwischte es 2017, als er nachts im Bett lag, wie das Magazin GQ berichtete. Aufgrund seiner Übelkeit dachte er zunächst an eine Lebensmittelvergiftung, dann war ihm aber so schwindelig, dass er beim Versuch, ins Bad zu gehen, immer wieder hinfiel.

Es habe sich angefühlt, "als ob ich mich übergeben müsste und gleichzeitig ohnmächtig werden würde", sagte der CIA-Mitarbeiter dem Magazin. Das Ganze traf ihn vollkommen unvorbereitet. Anders als einige amerikanische Staatsangehörige in der Botschaft in Havanna 2016 habe er beispielsweise keinen hohen Ton gehört.

Experten am Center for Brain Injury and Repair an der University of Pennsylvania untersuchten einige der US-Bürger, die in Kuba verletzt wurden, und veröffentlichten 2018 eine Studie in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association. Darin schreiben die Forscher, die Patienten seien stark beeinträchtigt in ihren Gleichgewichts-, kognitiven, motorischen und sensorischen Fähigkeiten - so wie Menschen, die eine schwere Gehirnerschütterung erlitten.

Aber anders als bei Gehirnerschütterungen verschwanden die Symptome nicht, sondern nahmen nur immer mal ab, um dann mit geballter Kraft zurückzukehren. 

Psychisches Leid der Havanna-Syndrom Patienten

In einer aktuelleren Studie untersuchten Forschende in den Jahren zwischen 2018 und 2022 insgesamt 86 US-Regierungsmitarbeitende und deren Familienmitglieder, die von solchen Symptomen betroffen waren. Im Vergleich mit der gesunden Kontrollgruppe, berichteten Havanna-Syndrom Betroffene signifikant häufiger von Erschöpfung, posttraumatischer Belastungsstörung oder Depressionen.

In den klinischen Tests konnten die Forschenden jedoch keine Veränderungen in Organen und Geweben oder im Blut der Patienten feststellen. Auch in der Gedächtnisleistung sowie in Hör- und Sehtests waren keine signifikanten Unterschiede zu den Teilnehmenden der Kontrollgruppe feststellbar.

Ursache unbekannt

Was die "anormalen Gesundheitsvorfälle" auslösen könnte, bleibt ebenfalls weiterhin unklar. Aber Vermutungen gibt es natürlich.

Eine davon äußerten Experten der National Academies of Sciences, Engineering and Medicine in den USA bereits im Dezember 2020. Sie vermuten, dass gezielte Impulse von Radio-Frequenz-Energie stecken hinter den Symptomen stecken.

Andere Forscher gehen davon aus, dass Mikrowellen-Waffen hinter dem Havanna Syndrom stecken, die Gegner der USA gezielt gegen Diplomaten, Geheimdienstangestellte und ihre Familien einsetzen. Solche Waffen, die mit hochfrequenter Strahlung arbeiten, wurden bereits entwickelt. 

Infografik elektromagnetisches Spektrum DE

Mikrowellen arbeiten im Bereich von einem bis zu 300 Gigahertz. Die Mikrowelle, die viele zuhause haben, erhitzt Mahlzeiten bei einer Frequenz von 2,5 Gigahertz. Mit zunehmender Frequenz wird die Strahlung energiereicher. Mit entsprechendem Gerät kann sie gezielt auf Menschen gerichtet werden, die Strahlen dringen dann bis zu einer von der Frequenz abhängigen Tiefe in den Körper ein und können dort Schaden anrichten. Das US-Verteidigungsministerium entwickelte beispielsweise ein Waffensystem, das mit Mikrowellen bei einer Frequenz von 95 Gigahertz arbeitet.

Eine weitere Möglichkeit sind Schallwaffen - dafür spräche beispielsweise, dass einige Betroffene in Havanna einen durchdringenden Ton gehört haben, bevor ihre Symptome begannen. Andere Havanna-Syndrom Patienten hörten jedoch nichts.

Zwar könnte es auch Systeme geben, die Angriffe im nicht hörbaren Bereich ermöglichen. Doch über die ist wenig bekannt, außer, dass Militärs daran forschen ließen. Dass sie existieren wurde von Experten bisher als sehr unwahrscheinlich eingestuft.

 

Baltimore: Gefährdet die eingestürzte Brücke den Welthandel?

In den frühen Morgenstunden des 26. März brachte das mit 5000 Containern beladene Schiff Dali eine Brücke in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland zum Einsturz. Die Dali sollte nach Colombo auslaufen, als das Unglück geschah. Die ersten Befürchtungen bestätigten sich: Bei dem Unfall kam ungefähr ein halbes Dutzend Menschen ums Leben.

Auch eine weitere Annahme bestätigte sich schnell: Der Hafen der US-Ostküstenmetropole ist gesperrt worden. Etwa 40 Schiffe, die zum Auslaufen bereit waren, können ihre Liegeplätze nicht verlassen. Vom Atlantik kommende Schiffe können die Monument City Baltimore bis auf Weiteres nicht anlaufen.

Eine andere Reaktion erfolgte ebenso prompt: Die Maersk-Aktien brachen in Kopenhagen um 2,6 Prozent ein. Ein Analyst des Online-Brokers Nordnet sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Auf lange Sicht ist dieses Ereignis kein wichtiger Impuls für den Aktienkurs - es sei denn, es kommt etwas Unerfreuliches dazu, wie Hinweise auf grobe Fahrlässigkeit als Hintergrund des Unfalls." Laut Online-Dienst Bloomberg reagiert auch Gregory Daco, Chefökonom bei der Unternehmensberatung EY, gelassen: "Ich denke, dass die makroökonomischen Effekte begrenzt bleiben werden."

Das Containerschiff "Dali" unter den Trümmern der Francis-Scott-Key-Brücke. Über das Schiff fliegt ein Rettungshubschrauber.
Als am Dienstag (26.03.2024) die Sonne aufging, zeigte sich dieses Bild der Zerstörungnull Julia Nikhinson/REUTERS

Wer soll das bezahlen?

Auf die wirtschaftlichen Folgen des Einsturzes wies US-Verkehrsminister Pete Buttigieg hin. Man werde sich nun auf Lieferkettenprobleme einstellen müssen, "von denen wir wissen, dass sie kommen werden", sagte er bei einer Pressekonferenz. Diese beträfen nicht nur die Stadt und ihre Umgebung, "sondern die gesamte US-Wirtschaft".

US-Präsident Joe Biden sagte, beim Hafen von Baltimore handele es sich um eine der wichtigsten maritimen Anlaufstellen der USA - insbesondere für den Import und Export von Autos und Kleinlastern. So würden dort 850.000 Fahrzeuge pro Jahr verschifft, davon hingen rund 15.000 Arbeitsplätze ab. Dazu kommt: Die jetzt zerstörte Francis Scott Key Bridge ist eine wichtige Verkehrsader an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Laut Biden überquerten sie vor dem Unfall rund 30.000 Fahrzeuge pro Tag.

Buttigieg bezeichnete die Brücke als "Kathedrale der amerikanischen Infrastruktur". Der Wiederaufbau werde lange dauern: "Es wird nicht schnell gehen, es wird nicht billig sein, aber wir werden gemeinsam wieder aufbauen." Der Präsident hat bereits finanzielle Unterstützung versprochen: "Ich beabsichtige, dass die Bundesregierung die gesamten Kosten für den Wiederaufbau dieser Brücke übernimmt", sagte Biden in Washington. Gerechnet wird mit Kosten zwischen 500 Millionen und 1,2 Milliarden US-Dollar und mindestens zwei Jahren Bauzeit.

Die Brücke vor dem Unglück: Eine "Kathedrale der amerikanischen Infrastruktur", so Minister Buttigieg
Die Brücke vor dem Unglück: Eine "Kathedrale der amerikanischen Infrastruktur", so Minister Buttigiegnull Patrick Semansky/AP/dpa/picture alliance

Corona reloaded?    

Europäische Autobauer, unter ihnen Mercedes, Volkswagen und BMW, unterhalten in der Baltimore-Region eine umfangreiche Infrastruktur zur Verschiffung von Fahrzeugen. Darauf zielt auch der Commerzbank-Handelsexperte Vincent Stamer ab, der am Mittwoch Reuters gegenüber sagte: "Der Handel mit Deutschland dürfte von Umleitungen betroffen sein, denn der Hafen von Baltimore hat sich auf das Löschen von Pkw spezialisiert." 

Ford und General Motors haben bereits reagiert und suchen nach Alternativen zum Hafen in Baltimore. Das bestätigt auch Ryan Peterson, Gründer und Chef von Flexport, einem digitalen Frachtdienstleister aus San Francisco: "Firmen haben bereits begonnen, ihre Kapazitäten von der Ost- an die Westküste zu verlegen." Baltimore geschlossen und mehr Verkehr an der Pazifikküste? Das werde zu "Staus und Verspätungen führen". Ein Déjà vu für Firmen und Verbrauchern, so Peterson bei Bloomberg.com: Alles schon dagewesen in der Corona-Krise. Der plötzliche Anstieg von Verkehr in einem Hafen um zehn bis 20 Prozent reiche aus, um alle möglichen Arten von Verzögerungen hervorzurufen.

Der Hafen von oben, im Hintergrund die Autos, die normalerweise in Baltimore umgeschlagen werden
Der Hafen von oben, im Hintergrund die Autos, die normalerweise in Baltimore umgeschlagen werdennull Alexey Lesik//Pond5 Images/IMAGO

Auch deutsche Häfen bedroht?

Die Frage, ob auch in Deutschland so etwas passieren könnte, stellte die DW Ulf Kaspera von der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung in Hamburg, einer Einrichtung des Bundesverkehrsministeriums. Er sieht derzeit keine aktuelle Gefahr, fügte aber hinzu: "Welche Sicherheitsmaßnahmen im Detail ergriffen werden, hängt von den Hafenbetreibern ab." In Hamburg etwa sei es für weite Bereiche des Hafens Pflicht, große Schiffe schleppen und bugsieren zu lassen. Der Einsatz von Schleppern könne "solche Unfälle verhindern".

Auch Josef Hegger vom Institut für Massivbau der RWTH Aachen nahm gegenüber der Deutschen Presseagentur Stellung zur Havarie in den USA. Der Hochschullehrer ist Experte für Brückenbau. Man könne, so Hegger, durch die Kombination verschiedener konstruktiver Maßnahmen ein Höchstmaß an Sicherheit erreichen: "So muss der Pfeiler eine gewisse Resilienz haben, dass er nicht beim leichten Anprall schon einstürzt."

Die Hamburger Köhlbrandbrücke im Abendlicht
Die Hamburger Köhlbrandbrücke im Abendlicht - eine Ikone der deutschen Brückenbaukunstnull Carsten Leuzinger/imageBROKER/picture alliance

Lieber auf Grund als an den Pfeiler

Die Bundesanstalt für Wasserbau hat strikte Regeln aufgestellt, welchen Kräften bei einem Aufprall Brückenpfeiler widerstehen können müssen - abhängig von Schifffahrtsweg und Größe der dort fahrenden Schiffe. Zusätzlich gäbe es auch auf Wasserwegen "Leitplanken", die einen Aufprall verhindern sollen. "Bei den Rheinbrücken sind die großen Pfeiler und Pylone häufig am Rand des Flusses angeordnet, so dass die Flussöffnung komplett frei ist. Gibt es in der Mitte einen Pylon, dann ist er relativ massiv und keilförmig und würde ein Schiff, das dagegen fährt, sozusagen ablenken", so Hegger.

Auch bei den Brücken über den Nord-Ostsee-Kanal oder bei der spektakulären Hamburger Köhlbrandbrücke, die ein Schiff auf dem Weg zum Container-Terminal Altenwerder passieren muss, lägen die Pfeiler meistens am Rande oder außerhalb des Fahrwassers. Schiffe, so Josef Hegger liefen dort eher auf Grund, "bevor sie den Pfeiler mit voller Wucht treffen".

Die Autobahn GmbH des Bundes bestätigt diese Strategie. Die dpa zitierte einen Sprecher der GmbH mit den Worten: "Wir haben für alle Autobahnbrücken über Wasserwege ein sehr, sehr hohes Schutzniveau". Bereits seit Jahrzehnten werde darauf geachtet, dass die Pfeiler nicht in der Fahrrinne stehen und auch manövrierunfähige Schiffe im Ernstfall eher auf Grund laufen würden.

US-Stahlbildhauer Richard Serra ist tot

Was wäre die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts ohne Richard Serra? Ohne sein unerschütterliches Vertrauen in die wundersamen Energien der Schwerkraft und das Zusammenspiel von Technik und Natur. Sein ganzes Leben lang hat er daran gearbeitet, Werke zu schaffen, die mit ihrer Umgebung interagieren und die erst durch den Betrachter vollendet werden. Denn nur, wer einmal eine Skulptur von Serra betreten oder sie langsamen Schrittes umrundet hat, weiß, wie sehr diese Werke für den Menschen geschaffen wurden. Und das, obwohl ihr Volumen menschliche Maße weit übersteigt. Serras Skulpturen wachsen in den Himmel, sind tonnenschwer, stellen sich den Menschen in den Weg oder verschmelzen mit der Natur.

Gigantische Stahlskulpturen in der Wüste
In Katar schuf Richard Serra vor der WM 2022 diese Skulpturen in der Wüstenull MUSTAFA ABUMUNES/AFP

Richard Serra war eine Mischung aus Bildhauer und Baumeister

Serra sah sich selbst nicht als Bildhauer, sondern als Baumeister. Das lag daran, dass er viele Skulpturen für den öffentlichen Raum schuf: auf Verkehrsinseln, vor Museen, in Parks. Außerdem verlangte das Material Stahl, das er in den 1970er-Jahren für seine Kunst entdeckte, eine besondere Logistik. Serra arbeitete nicht in der Abgeschiedenheit des Ateliers: sondern mit Ingenieuren, Stadtplanern, Transportarbeitern und Monteuren. Anderswo als in den Hallen der Schwerindustrie war es gar nicht möglich, seine Riesenkunst zu produzieren.

US-Künstler Richard Serra steht vor einer Stahlskulptur in einem Museum
Richard Serra vor seiner Skulptur "Olson" von 1986null Andreas Frossard/dpa/picture alliance

Die bedeutendsten seiner Stahlskulpturen wurden in deutschen Stahlhütten gefertigt. BeiThyssen in Hattingen oder bei Krupp am Niederrhein. Das Ruhrgebietnannte Serra deshalb einmal sein "wahres Atelier". Nicht nur dort, auch im Saarland ließ er produzieren. Er verwendete Cor-Ten-Stahl, ein Edelroststahl, der besonders aufwendig zu bearbeiten war. Dieser hatte den Vorteil, beim Verwittern keinen Rost im herkömmlichen Sinn zu bilden. Es entstand eine braun-violette Färbung, eine spezielle Farbigkeit, die Serra als "Patina" bezeichnete.

Sohn einer Einwandererfamilie

Richard Serra wurde als Sohn einer jüdisch-russischen Mutter und eines spanischen Vaters am 2. November 1939 in San Francisco geboren. Er war der erste gebürtige US-Amerikaner seiner Familie, was ihm ermöglichte, wie er selbst einmal sagte, "einen kritischen Blick auf sein Heimatland zu werfen". Nach dem Studium der englischen Literatur in Berkeley begann er in Yale Kunst zu studieren und wurde zum Assistenten des deutschen Exilkünstlers Josef Albers. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, schuftete er in einem Stahlwerk.

Eine Stahlplatte ragt auf einer kargen Fläche in den Himmel, darauf Graffittis
Im Ruhrgebiet schuf Richard Serra die "Bramme" auf einer ehemaligen Abraumhaldenull Jochen Tack/dpa/picture alliance / Jochen Tack

Schon in seinem Frühwerk, bei dem er mit Gummi und Blei arbeitete, machte er sich auf die Suche nach einer eigenen Formensprache. Seine ersten Schritte richteten sich gegen die fest definierten Regeln der Minimal Art: Gummistreifen ließ er wie Halfter von der Wand hängen, 1968 schleuderte er flüssiges Blei in Raumecken. Auch seine stählernen Skulpturen aus geraden, gekurvten, gekippten Platten waren nicht "L'Art pour l'Art", sondern bauten eine Beziehung mit der Umgebung auf.

Serra wurde auf der Documenta in Kassel entdeckt

1977 war Richard Serra zum zweiten Mal zur Weltkunstschau Documenta nach Kassel eingeladen. Für die Ausstellungszeit von 100 Tagen stellte er die Skulptur "Terminal", Endstation, vor dem Fridericianum, dem zentralen Ausstellungsgebäude, auf. Drei gigantische Stahlplatten lehnten so aneinander, dass sie aussahen, als könnten sie jederzeit kollabieren. Nach dem Ende der Ausstellung wurde "Terminal" für 300 000 Mark nach Bochum verkauft, wo die Skulptur auf einer Verkehrsinsel in der Nähe des Bahnhofs aufgestellt wurde. Der Ankauf sorgte für großes Aufsehen und erntete auch viel Protest in der Bergarbeiterstadt, die so viel Geld für "Schrott" für Verschwendung hielten. 2005 schuf Serra für das Guggenheim Museum in Bilbao (Spanien) eine begehbare Installation aus 7 monumentalen Stahlskulpturen - zu diesem Zeitpunkt mit 20 Millionen € das teuerste und mit gut 1000 Tonnen Gewicht wohl auch das schwerste Auftragswerk, das je für einen Museumsraum entwickelt wurde.

Skulptur 'Terminal' von Richard Serra vor dem Bahnhof in Bochum: vier hohe rostige Stahlplatten
Skulptur "Terminal" von Richard Serra steht heute in Bochumnull S. Ziese/blickwinke/picture alliance

Ortsbezogenheit von Serras Kunst

Richard Serra war ein Künstler, der wie kaum ein anderer ortsbezogen gearbeitet hat, ja der dem Begriff "site-specific" in der Kunstgeschichte eine neue Bedeutung gegeben hat. Er entwarf seine Stahlarbeiten für jeden Ort neu: In der Planungsphase baute er maßstabsgetreue Modelle und simulierte die Umgebung. So konnte er seine Werke perfekt an den Raum anpassen. Mal ordneten sie sich der Natur unter. Mal stellten sie sich dem Betrachter provokativ in den Weg - wie in Bochum - oder zwangen ihn, seinen Weg zu ändern. Immer sind sie von überwältigender physischer Präsenz.

Spiralförmige Stahlskulptur von Richard Serra, in deren Mitte Kinder sitzen
Im nordspanischen Bilbao schuf Richard Serra eine der schwersten Skulpturen, die je in einem Museum zu sehen warennull Afredo Aldai/dpa/picture alliance

In einem Interview aus dem Jahre 1980 äußert sich Serra ausführlich zu den kontextuellen Bezügen seiner Skulpturen: "Ich glaube, dass wenn Skulptur überhaupt ein Potential hat, dann das, sich ihren eigenen Ort und Raum zu schaffen und sich in Widerspruch zu den Räumen und Orten zu stellen, für die sie gemacht wurde." Mit Richard Serra ist ein großer und visionärer Künstler gestorben. Er starb im Alter von 85 Jahren in New York an den Folgen einer Lungenentzündung. 

Diana Ross: Die Soul-Legende wird 80

Pause - das scheint für Diana Ross ein Fremdwort zu sein. Mit 80 Jahren hat sie noch so viel Energie wie eh und je - und ihre Karriere, dauert nun schon über 60 Jahre an.

Die Sängerin, deren Stimme sowohl samtweich als auch kraftvoll klingen kann, hat immer gewusst, dass es im Leben darum geht, unterzugehen oder zu schwimmen. Mit Mut und Entschlossenheit schaffte die Soul-Queen den Sprung aus den Ghettos von Detroit, in denen sie aufwuchs, auf die Bühnen der Welt. "Du kannst nicht einfach rumsitzen und darauf warten, dass dir jemand anders deinen Traum erfüllt", sagte Ross einmal. "Du musst rausgehen und ihn dir selbst erfüllen."

Streben nach Perfektion

Diana Ernestine Earle Ross wurde am 26. März 1944 als zweites von sechs Kindern afroamerikanischer Eltern in Detroit, Michigan, geboren. "Ich wurde dazu erzogen, Ideale zu haben und zu glauben, dass alles möglich ist und dass harte Arbeit dazu gehört", schrieb die Sängerin 1993 in ihrer Biografie "Secrets of a Sparrow". 

Die außergewöhnliche Karriere der mit zahllosen Preisen ausgezeichneten Künstlerin macht vielen schwarzen Frauen Mut. Der Weg nach ganz oben war in einer von Sexismus und Rassismus geprägten Musikindustrie allerdings alles andere als einfach: "Es scheint, dass bei jeder Errungenschaft, bei jedem Schritt, den ich gemacht habe, egal wie groß oder klein, immer jemand da war, der versucht hat, mich zu Fall zu bringen", erklärt sie in ihrer Biografie.

Durchbruch mit den Supremes

Berühmt wurde Diane Ross in den 1960er-Jahren als Leadsängerin der Supremes, mit denen sie mit Songs wie "Baby Love", "Stop! In the Name of Love" und "You Can't Hurry Love" eine neue Dimension der Popularität erreichte.

Obwohl auch Florence Ballard, Mary Wilson und Betty McGlown - die bald durch Barbara Martin ersetzt wurde - zur Originalbesetzung gehörten, erntete allein Diana Ross als Leadsängerin die Lorbeeren. Als ihre Plattenfirma Motown beschloss, die Gruppe in Diana Ross & the Supremes umzubenennen, war klar, dass ein neuer Star am Pop-Himmel aufgetaucht war. Doch mit wachsenden Ruhm wuchs auch ihr Ruf, Forderungen zu stellen, gefolgt von Wutausbrüchen, wenn diese nicht erfüllt wurden.

Diana Ross im rosafarbenen Kleid als Leadsängerin der Supremes, neben ihr zwei weitere Frauen im Kleid
Diana Ross war die Leadsängerin der Supremesnull Photoshot/Picture-Alliance

Kein Berg ist hoch genug

1970 verließ Ross die Gruppe, um eine Solokarriere zu starten. Im selben Jahr hatte sie in den USA ihren ersten Nummer-eins-Hit - mit der Single "Ain't No Mountain High Enough" aus ihrem gleichnamigen Debütalbum.

Es folgte ein Jahrzehnt des Erfolgs mit Hits wie "Upside Down" und "I'm Coming Out" - bis heute eine LGBTQ+-Hymne - und "Endless Love", ein Duett mit Lionel Richie aus dem Jahr 1981. Diana Ross avancierte zur weiblichen Solokünstlerin mit den meisten Nummer-eins-Hits in den USA. Bis heute begeistert sie mit ihren Songs Menschen auf der ganze Welt. 

Erfolg als Sängerin und Schauspielerin

Neben ihrer Bekanntheit als Sängerin war Ross auch als Schauspielerin erfolgreich. Ihre Darstellung der Billie Holiday in der Filmbiografie "Lady Sings the Blues" (1972) brachte ihr einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin ein; sie war damit die erste schwarze Schauspielerin, die für ein Filmdebüt in dieser Kategorie nominiert wurde.

Schwarz-Weiß-Foto zeigt Diana Ross vor einem Mikrofon
Diana Ross als Billie Holiday in "Lady Sings the Blues"null Courtesy Everett Collection/picture alliance

Weitere Filme, in denen sie mitwirkte, waren das Liebesdrama "Mahogany" (1975) und "The Wiz" (1978), Sidney Lumets afroamerikanische Version des Musicals "Der Zauberer von Oz".

Inspirierend

Neben 13 Grammy-Nominierungen erhielt sie zwei Grammy Lifetime Achievement Awards - einen für ihre Solokarriere und einen als Mitglied der Supremes. Sie wurde 1988 in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen, hat zwei Sterne auf dem Hollywood Walk of Fame und erhielt 2016 die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten, die Presidential Medal of Freedom.

Diana-Ross-Plakat für eine Saint-Laurent-Kampagne an einer Hausfassade in New York
Diana Ross modelte sogar für das französische Label YSL null Charles Guerin/abaca/picture alliance

Anlässlich ihres 80. Geburtstags begibt sich Diana Ross auf ihre "Beautiful Love Performances - Legacy 2024 Tour", die sie in den kommenden Monaten wieder mit ihren Fans in ganz Nordamerika zusammenbringen wird.

Aus den Ghettos zum Welterfolg

Mehr als sechs Jahrzehnte, nachdem sie die Straßen von Detroit verlassen hat, ist Diana Ross immer noch eine inspirierende Persönlichkeit. Für die Entertainerin ist Musik nach wie vor das beste Rezept gegen Weltschmerz. Auf ihrer Website schreibt sie: "Füge etwas positive Musik in deine Gedankenkette ein. Denk: 'Dankbarkeit'. Du kannst nicht aufhören zu denken, also denk gute Gedanken".

Adaption aus dem Englischen: Sabine Oelze.

Die Gerichtsverfahren gegen Donald Trump

Diese Zahl dürften selbst hochkriminelle Gangsterbosse nur schwer erreichen: Insgesamt 91 Straftaten werden Donald J. Trump derzeit zur Last gelegt, die in verschiedenen Prozessen behandelt werden sollen. Damit ist die Liste der Anklagepunkte gegen den 45. Präsidenten der USA schon jetzt mehr als doppelt so lang wie die Liste seiner Vorgänger im Amt. 

Drei Zivilprozesse hat er bereits verloren, inklusive millionenschwerer Schadenersatzforderungen. Dennoch versucht Donald Trump mit aller Macht, erneut Präsident zu werden. Mit juristischen Winkelzügen zögern seine Anwälte einen Prozess nach dem anderen immer weiter hinaus. Rettet sich Trump zurück ins Präsidentenamt - und damit womöglich in die Immunität?

Sturm auf das Kapitol

Der wohl schwerwiegendste Fall gegen Donald Trump liegt in Washington D.C. vor Gericht. Vier Bundesverbrechen werden Trump von Sonderermittler Jack Smith vorgeworfen. Im Mittelpunkt steht der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021, als eine Meute von Trump-Anhängern gewaltsam versuchte, den Regierungswechsel von Trump hin zu Joe Biden aufzuhalten.

Unter anderem steht der Verdacht auf Verschwörung, Wahlbeeinflussung und Anstachelung zum Aufstand im Raum. Im Fall einer Verurteilung droht dem 77-Jährigen eine jahrzehntelange Haftstrafe.

Der als "Büffelmann" bekannt gewordene Jacob Chansley steht schreiend im US-Kapitol
Am 6. Januar 2021 stürmten Trump-Anhänger das Kapitol in Washington DC, um den Regierungswechsel hin zu Joe Biden zu verhindernnull Manuel Balce Ceneta/AP/picture alliance

Ursprünglich sollte der Prozess dazu am 18. März beginnen. Doch der Fall liegt mittlerweile beim Obersten Gericht. Dieses muss klären, inwieweit Trump aufgrund seiner damaligen Immunität als US-Präsident überhaupt belangt werden kann.

Ob das Oberste Gericht gegen Trump entscheidet, ist zumindest ungewiss. Denn er hatte während seiner ersten Amtszeit als Präsident gleich drei der neun auf Lebenszeit ernannten Richterposten nachbesetzen können und damit auf Jahre hinaus eine konservative Mehrheit in dem Gremium zementiert. Und selbst wenn der Supreme Court ein Verfahren zulassen sollte, ist es unwahrscheinlich, dass dieses so kurz vor der Präsidentschaftswahl stattfinden würde, weil auch dies als Wahlbeeinflussung ausgelegt werden könnte.

Wahlbeeinflussung in Georgia

Parallel zum Verfahren in Washington D.C. muss sich Trump auch im Bundesstaat Georgia wegen illegaler Wahlbeeinflussung verantworten. Bei der äußerst engen Präsidentschaftswahl 2020 fehlten ihm nach der ersten Auszählung nur knapp 12.000 Stimmen, um den Bundesstaat für sich zu entscheiden.

In einem Telefonat direkt nach der Wahl, dessen Audio-Mitschnitt später veröffentlicht wurde, hatte Trump den Wahlleiter von Georgia unter Druck gesetzt, diese Stimmen "zu finden". Trump und 18 weitere Verdächtige sind vor dem Bezirksgericht von Fulton County angeklagt, über Georgia hinaus in mehreren Bundesstaaten versucht zu haben, den Wahlausgang 2020 zu manipulieren.

Auch hier droht ihm eine langjährige Haftstrafe. Die zuständige Staatsanwältin Fani Willis hat vorgeschlagen, den Prozess im August beginnen zu lassen.

Fani Willis steht bei einer Pressekonferenz umringt von weiteren Justizmitarbeitern und -mitarbeiterinnen hinter einem Stehpult mit einem Wappen
US-Bezirksstaatsanwältin Fani Willis (Mitte) stand wegen einer Liebesaffäre zuletzt selbst in der Kritiknull Elijah Nouvelage/REUTERS

Ob es soweit kommt, ist ungewiss. Staatsanwältin Willis macht bei dem Verfahren bislang keine rühmliche Figur. Trumps Anwälte fordern, sie von dem Fall abzuziehen, weil sie eine Liebesbeziehung zu einem anderen in den Fall involvierten Staatsanwalt unterhielt.

Dieser Staatsanwalt sei überbezahlt worden und habe Willis zu gemeinsamen Luxusurlauben eingeladen. Der zuständige Richter entschied in der vergangenen Woche, dass Willis im Amt verbleiben darf, der Staatsanwalt sich jedoch zurückziehen müsse. Trumps Anwälte kündigten mittlerweile an, dagegen in Berufung zu gehen.

Geheimdokumente in Mar-a-Lago

Im August 2022 fand Floridas Polizei streng geheime Dokumente in Trumps Anwesen Mar-a-Lago; dabei soll es sich um Informationen über Atomwaffen und militärische Notfallpläne gehandelt haben. Nach US-Recht ist es verboten, derart sensible Informationen privat mit nach Hause zu nehmen.

Die Anklage konzentriert sich jedoch vor allem auf den Vorwurf, dass Trump sich trotz wiederholter Aufforderung geweigert habe, diese Papiere der Regierung zurückzugeben. Auch eine Behinderung der Ermittlungen wird ihm vorgeworfen: So soll Trump über ihm treue Mitarbeiter versucht haben, Filmmaterial aus Überwachungskameras verschwinden zu lassen, das ihn belasten könnte.

Der Eingang zu Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida
Kein geeigneter Ort für US-Geheimdokumente: Donald Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beachnull Joe Raedle/Getty Images

Der Prozessauftakt war ursprünglich für den 20. Mai geplant. Doch die zuständige Richterin Aileen Cannon äußerte Zweifel, ob dieser Termin eingehalten werden könne. Cannon ist umstritten. Sie war 2020 selbst von Trump an das US-Bezirksgericht für das südliche Florida berufen worden und hatte in späteren Verfahrensfragen mehrfach im Sinne Trumps geurteilt. Trumps Anwälte wiederum wollen das Verfahren ganz abwenden und berufen sich - wieder einmal - auf dessen Immunität im Amt. Ausgang des Verfahrens: ungewiss.

Schweigegeld - falsch verbucht?

130.000 Euro Schweigegeld soll Donald Trump der Pornodarstellerin Stormy Daniels gezahlt haben, damit sie nicht länger behauptet, eine sexuelle Beziehung mit ihm gehabt zu haben. Dabei ist nicht die Schweigegeldzahlung illegal, sondern die Art, wie Trump das Geld verbuchen ließ.

Zur Last gelegt wird dem Ex-Präsidenten die Fälschung von Geschäftsunterlagen. Außerdem habe er durch diese illegale Vertuschung eines potentiellen Skandals seine Chancen auf einen Wahlsieg 2016 verbessern wollen.

Stormy Daniels vor einer roten Plakatwand
130.000 Dollar Schweigegeld zahlte Trump an Stormy Daniels null SMG/ZUMA Wire/picture alliance

Eigentlich hätte der Fall ab der kommenden Woche verhandelt werden sollen. Doch mittlerweile sind zehntausende zusätzliche Seiten an Beweismaterial aufgetaucht. Um diese durchforsten zu können, wurde der Prozessauftakt zunächst um 30 Tage verschoben. Trumps Anwälte fordern eine Anhörung, um zu klären, warum es so lange gedauert hat, die Dokumente zu erstellen. Außerdem streben sie eine vollständige Einstellung des Verfahrens an.

Über eine halbe Milliarde Dollar an Strafzahlungen

Drei Zivilprozesse hat Donald Trump bereits verloren. Bei einem Prozess im Staat New York ging es um Wirtschaftsbetrug und die Erschleichung günstiger Kredite. Am 16. Februar wurde Trump dafür zu einer Strafzahlung von mehr als 450 Millionen Dollar verurteilt.

E. Jean Carroll mit Sonnenbrille und weißem Mantel wird von zwei Frauen freudig begrüßt
Siegte zweimal vor Gericht gegen Trump: die US-Autorin E. Jean Carrollnull Angela Weiss/AFP/Getty Images

Weitere 90 Millionen Dollar muss er als Entschädigung an die US-Autorin E. Jean Carroll zahlen, gegen die er gleich zweimal vor Gericht verlor. Sie hatte ihn der Vergewaltigung beschuldigt und Trump darüber hinaus vorgeworfen, ihren Ruf zerstört zu haben, weil er sie als Lügnerin bezichtigte. Das letzte Wort ist hier indes noch nicht gesprochen: In all diesen Verfahren kündigte Trump bereits an, in Berufung gehen zu wollen.

Faktencheck: Demonstrieren diese Frauen wirklich gegen Waffenbesitz?

Die Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft dreht sich unter anderem um den zweiten Verfassungszusatz ("Second Amendment"), oft "2A" abgekürzt: Er verbietet dem Staat, das Recht der Bürger auf Waffenbesitz zu beschränken. Die Autoren der US-Verfassung begründeten dies unter anderem mit der Überzeugung, dass das Volk stets wehrhaft bleiben sollte - auch gegenüber der Staatsgewalt. Mehr als 230 Jahre später stehen viele Menschen in den USA diesem Recht kritisch gegenüber.

Besonders verbreitet ist diese Haltung unter Wählern der Demokratischen Partei von US-Präsident Joe Biden, die immer wieder versucht, das Recht auf Waffenbesitz auf Bundesebene einzuschränken. Andere, tendenziell Wähler der Republikanischen Partei von Ex-Präsident Donald Trump, verteidigen es. Und nicht wenige von ihnen wären notfalls wohl bereit, dies auch mit Waffengewalt zu tun.

Wollen diese Frauen Menschen ihre Waffen abnehmen?

Dies geht zumindest aus diversen Kommentaren hervor, die User zu dem oben gezeigten Bild abgegeben haben. Es wurde in Sozialen Medien, vor allem auf X, ehemals Twitter, seit Anfang März hunderttausendfach angezeigt.

Behauptung: Das Foto zeigt vier Frauen mit Mund-Nasen-Schutz in sportlichem Outfit in einem Park. Sie halten zwei Pappschilder hoch. Auf einem steht "2A abschaffen", auf dem anderen "Legt Eure Waffen nieder oder wir holen sie uns". Sie scheinen also gegen das Recht auf Waffenbesitz zu demonstrieren.

DW Faktencheck: Fake.

Viele User machen sich über das Bild, beziehungsweise die Frauen darauf lustig. Einige kommentieren provozierend nach dem Motto "Das will ich sehen" oder "Ich warte auf euch". Manche äußern mehr oder weniger explizite Gewaltphantasien darüber, was wohl geschehen würde, wenn diese vier Frauen das tatsächlich versuchen würden. Einige gehen auch auf die "Corona"-Masken ein. 

Der Verfasser eines X-Posts, der fast 400.000 Mal angezeigt wurde, glaubt: "Linke, weiße Frauen mittleren Alters sind der Tod dieses Landes". Wieder andere reagieren humorvoller auf die Forderung nach dem Aufgeben ihrer Waffen: "Nur, wenn sie gezwungen werden, ihre Yoga-Hosen aufzugeben".

Die Frauen feiern den Wahlsieg von Joe Biden

Wir haben geprüft, ob das Bild echt und aktuell ist. Auf die richtige Spur hat uns die Suche mit TinEye gebracht. Dort wird ein fast identisches Foto von 14. Februar 2021 angezeigt. Eine weitere Suche über Google-Lens hat uns zu einem Artikel von "ABC7News" gebracht. Der enthält eine Bildergalerie von Menschen, die am 7. November 2020 den Wahlsieg von Joe Biden und seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris feiern. Dort ist das Originalbild ebenso zu finden wie in einem "Tweet" , wie es damals noch hieß, vom selben Tag. Beiden Quellen zufolge wurde das Foto im "Dolores Park" in San Francisco aufgenommen.

Screenshot eines X-Posts mit dem Foto der vier Frauen, auf den Schildern steht: "Biden, Harris" und "Sie sind gefeuert". Der User gibt den Ort an: Dolores Park
Das Originalfoto stammt vom 7. November 2020 und zeigt Frauen, die den Wahlsieg von Joe Biden gegen Donald Trump feiernnull Reggie Aqui / ABC7 / Twitter / X

Die hügelige Landschaft auf dem Foto passt zur Topografie von San Francisco. Ein Hinweisschild zum Umgang mit Hunden in dem Park am linken Bildrand deutet auf den Dolores Part hin. Es ist zwar zu unscharf, um den Parknamen darauf zu erkennen. Die dort abgebildeten Karte ähnelt aber stark anderen Karten des Parks, die im Internet zu finden sind.

Tatsächlich steht auf den Schildern nichts vom zweiten Verfassungszusatz, sondern: "Biden, Harris" und "Sie sind gefeuert". Letzteres dürfte an die Adresse des unterlegenen Kandidaten Donald Trump gehen: Mit dem mittlerweile geflügelten Wort "Sie sind gefeuert!" schmiss der damalige Geschäftsmann und TV-Promi in der 2004 ausgestrahlten ersten Staffel der Reality-Fernsehsendung "The Apprentice" gescheiterte Kandidaten aus der Show.

Neuer Bitcoin-Rekord: Hält die Krypto-Rally an?

Der Bitcoin hat zu Beginn der neuen Woche seine Rekordjagd fortgesetzt und notierte an den Handelsplätzen bei rund 71.700 US-Dollar. Schon in der vergangenen Woche hatte die bekannteste Kryptowährung ein Rekordhoch von über 69.000 US-Dollar (63.000 Euro) erreicht, bevor sie leicht fiel. Trotzdem waren Anleger von der bemerkenswerten Erholung verblüfft, nachdem die Kryptowährung im Jahr 2022 inmitten von Marktturbulenzen regelrecht abgestürzt war. Im Vergleich zum November 2022 steig der Bitcoin-Kurs um mehr als 300 Prozent, nachdem er damals unter 20.000 Dollar gefallen war.

Auch die Marktkapitalisierung der Kryptowährung erreichte ein Rekordhoch von fast 1,35 Billionen Dollar. Der Gesamtwert des gesamten Kryptomarktes liegt derzeit bei rund 2,5 Billionen US-Dollar, dem höchsten Stand seit November 2021 und nur 10 Prozent unter dem Allzeithoch von 2,8 Billionen US-Dollar.

USA | Bitcoin Konferenz 2023 in Miami Beach
Der Kursanstieg beim Gold deutet darauf hin, dass viele Anleger mit mehr Volatilität rechnennull Marco Bello/REUTERS

Die Wiederauferstehung des Bitcoin ist zum größten Teil auf die Begeisterung der Anleger für ein neues Finanzprodukt in Verbindung mit der digitalen Münze zurückzuführen: Bitcoin-ETFs. Die Vorfreude auf diese börsengehandelten Fonds (ETFs) löste monatelange Spekulationen aus, die nach ihrem Debüt am 10. Januar dieses Jahres in einem wahren Ansturm institutioneller Anleger gipfelten.

Diese Fonds erleichtern es Anlegern, in Bitcoin zu investieren, ohne die virtuelle Währung direkt zu besitzen. Nach Angaben von Bloomberg Intelligence haben Anleger mehr als 7 Milliarden Dollar in diese Anlageprodukte investiert und damit den rasanten Aufstieg des Bitcoin-Kurses ausgelöst. Die US-Finanzaufsichtsbehörden hatten lange Zeit eine Zulassung von Bitcoin-ETFs skeptisch gesehen, weil sie ihre Anfälligkeit für Betrug und Manipulation fürchteten. 

"Das günstige Klima für den Bitcoin in den USA liegt nicht daran, dass die US-Regulierungsbehörden wohlwollender sein wollen", sagte Jonathan Biers, Chief Investment Officer bei Farside Investors, einem britischen Aktienfonds, gegenüber der DW. "Das liegt vor allem an den Siegen der Krypto-Industrie gegen die SEC vor Gericht. Das hat zu einem günstigeren regulatorischen Klima und mehr Legitimität geführt. Und das zieht wiederum mehr Geld von amerikanischen Investoren an."

Goldbarren | Symbolbild
Bitcoin ETFs und die Aussicht auf Zinssenkungen könnten die Kurse von Kryptowährungen weiter antreibennull Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Gold-Rallye sendet gemischte Signale

Neben der Rallye der Kryptowährungen hat auch der Goldpreis Rekordhöhen erreicht und sendet damit gemischte Signale, wie es um die Risikobereitschaft der Investoren an den globalen Märkten bestellt ist. Historisch gesehen ist Gold ein sicherer Hafen für Anleger und ist oft in Zeiten geopolitischer Spannungen begehrt, und wenn Anleger über einen möglichen Rückschlag bei globalen Aktien nach einer Rallye besorgt sind. Der Wert von Gold ist seit Oktober, als der Krieg zwischen Israel und der Hamas ausbrach, stetig gestiegen. Auch die Aktienmärkte haben in den letzten Monaten Allzeithochs erreicht. Viele vermuten, dass bald eine Korrektur ansteht.

Der Anstieg von Gold steht im Gegensatz zu dem des Bitcoin, dessen Nutzen jenseits spekulativer Investitionen nach wie vor umstritten ist. Während der Anstieg beim Gold darauf hindeutet, dass die Anleger defensiv handeln, spiegelt der Anstieg des Bitcoin den Hunger nach digitalen Vermögenswerten wider. Und der wird zusätzlich durch die Leidenschaft der von Spekulanten und die Begeisterung über technologische Innovationen angeheizt.

"Die Krypto-Geschichte kann mit den Geschehnissen an den Aktienmärkten und der allgemeinen Risikobereitschaft in Verbindung gebracht werden", sagte Kyle Rodda, leitender Marktanalyst bei Capital.com, gegenüber Bloomberg. "Wir sehen ein Wiederaufleben von Kryptowährungen, was auf ein irrationales, risikofreudiges Verhalten hindeutet. Und das deckt sich mit dem, was in einigen Teilen des Aktienmarktes passiert."

Signale der US-Notenbank, dass die Zinssätze in diesem Jahr wahrscheinlich sinken werden, könnten die Rallye ebenfalls anheizen, da die Anleger mit niedrigeren Kreditkosten rechnen.

Bitcoineros - Das digitale Gold und seine Versprechen

Widerstandsfähiger gegenüber Betrugsversuchen? 

Der Bitcoin entstand nach der Finanzkrise 2008 als dezentralisierte Alternative zum traditionellen Finanzwesen. Ursprünglich für Peer-to-Peer-Transaktionen zwischen einzelnen Usern konzipiert, stieg sein Wert in den folgenden Jahren sprunghaft an. Das lockte Spekulanten an und führte zu extremer Volatilität. Amateure, die sich am Daytrading mit Kryptos während der Pandemie versuchten, heizten die Kursrallye weiter an.

Doch die Blase platzte am Ende, beschleunigt durch Firmenzusammenbrüche wie den der großen Kryptowährungsbörse FTX im November 2022. Milliarden an Anlegergeldern wurden vernichtet und der Bitcoin-Kurs stürzte auf rund 16.000 Dollar ab. 

"FTX war im Wesentlichen ein betrügerisches Unternehmen", so Bier, "daher ist es natürlich gut für die Gesellschaft, dass dieser Betrug aufgedeckt wurde und zusammenbrach."

Frankfurt Deutsche Börse. Bronzefigur Bulle ( Hausse )  Dax
Bullen in der Defensive? Nach neuen Kursrekorden geht die Angst vor einer Marktkorrektur umnull STAR-MEDIA/imago images

"Bitcoin-Halbierung" könnte Kurs weiter antreiben

Was kommt also als nächstes? Die bevorstehende "Halbierung" von Bitcoin, die in den zugrundeliegenden Code einprogrammiert ist, wird die Menge an neuen Bitcoin, die in Umlauf kommt, um die Hälfte reduzieren.

Der Bitcoin wird durch einen Prozess namens "Mining" - zu deutsch "schürfen" - erzeugt, bei dem leistungsstarke Computer komplexe mathematische Rätsel lösen, um Transaktionen zu verifizieren und in der Blockchain aufzuzeichnen, wodurch "Miner" neue Bitcoins als Belohnung erhalten. Halbierungsereignisse, die etwa alle vier Jahre stattfinden, reduzieren die Ausbeute für die Schürfer und verlangsamen das Tempo, mit dem neue Bitcoins erzeugt werden.

Diese Verknappung des Bitcoin-Angebots wurde von Analysten als treibende Kraft hinter dem jüngsten Preisanstieg genannt. Da die Halbierung voraussichtlich noch in diesem Frühjahr erfolgen wird, rechnen Bitcoin-Fans mit weiteren Preissprüngen.

Kritiker stehen dem digitalen Vermögenswert jedoch weiterhin skeptisch gegenüber und verweisen auf Bedenken hinsichtlich seines Nutzens sowie auf die regulatorischen Herausforderungen nach dem Crash von 2022.

"Es gibt keinen inneren Wert", sagte John Reed Stark, ein ehemaliger SEC-Beamter und unverblümter Kritiker der Kryptoindustrie, der New York Times. "Es gibt keine nachgewiesene Erfolgsbilanz der Annahme oder des Vertrauens."

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert. Er erschien erstmals am 8. März und wurde am 11. März aktualisiert. 

Oscars 2024: "Oppenheimer" räumt ab

Mit 13 Nominierungen galt "Oppenheimer" als Favorit bei den Academy Awards (oder Oscars), ebenso wie "Poor Things" mit elf Nominierungen - und auch das quietschbunte "Barbie" hoffte auf acht Trophäen. Der große Gewinner war dann "Oppenheimer" mit sieben Oscars, darunter für die beste männliche Hauptrolle (Cillian Murphy), die beste Regie (Christopher Nolan) und in der Königskategorie: Bester Film.

Ein Mann steht auf einer Straße.
Cillian Murphy brillierte in "Oppenheimer" als Hauptdarstellernull Universal Pictures/AP Photo/picture alliance

Auch die Adaption des Dr. Frankenstein-Themas "Poor Things" bekam vier Oscars; einen davon ergatterte Emma Stone. Sie wurde als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet und konnte ihr Glück kaum fassen. Der "Barbie"-Film hingegen musste sich mit einer Trophäe begnügen - und zwar für den besten Filmsong, gesungen und geschrieben von Billie Eilish. In Schuluniform nahm sie - nach 2022 - ihren zweiten Goldjungen für die zarte Ballade "What was I made for" entgegen.

Große Freude auch bei den Macherinnen und Machern von "The Zone of Interest". Das Holocaust-Drama nach dem gleichnamigen Buch von Martin Amis wurde als bester internationaler Film ausgezeichnet - Premiere für eine britische Produktion - und bekam einen zweiten Oscar für den außergewöhnlichen Ton. Regisseur Jonathan Glazer erinnerte in seiner Dankesrede an den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Er fuhr fort: "Unser Film zeigt, wohin eine Entmenschlichung in ihrer schlimmsten Form führen kann."

Filmstill THE ZONE OF INTEREST, Kinder spielen vor einem Haus, Mütter stehen drumherum, im Hintergrund eine hohe Mauer mit Stacheldraht, dahinter ein Wachturm und Gebäude des Konzentrationslagers.
Zwei Oscars für "The Zone of Interest"null Leonine Studios

"I thank you for seeing me"

Da'Vine Joy Randolph, eine schwarze, schwergewichtige Schauspielerin, sorgte für den ersten emotionalen Moment des Abends, als sie den Oscar für die Beste weibliche Nebenrolle (in "The Holdovers") entgegen nahm. Der Preis sei so wichtig für sie, weil er ihr gezeigt habe, dass sie immer auf dem richtigen Weg gewesen sei - ohne sich zu verbiegen. Sie bedankte sich dafür, dass sie wahrgenommen werde.

Da'Vine Joy Randolph, in einem weißen Kleid, spricht in ein Mikrofon.
Da'Vine Joy Randolph appellierte an das weibliche Selbstbewusstseinnull Chris Pizzello/Invision/AP/picture alliance

Lily Gladstone ist die erste amerikanische Ureinwohnerin, die eine Oscar-Nominierung erhielt - als Beste Schauspielerin für ihre Rolle in "Killers of the Flower Moon" von Martin Scorsese. Sie musste sich allerdings Emma Stone geschlagen geben.

Auch die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller war für ihre Rolle in dem französischen Gerichtsdrama "Anatomie eines Falls" als beste Schauspielerin nominiert und ging ebenfalls leer aus. Trotzdem war sie sichtlich gerührt über die Preise für die beiden Filme, in denen sie mitspielte: "Anatomie eines Falls" bekam einen Oscar für das Beste Originaldrehbuch,  "The Zone of Interest" zwei Oscars.

Auch zwei weitere deutsche Oscar-Hoffnungen erfüllten sich nicht: Wim Wenders' poetischer Film "Perfect Days" war für Japan ins Rennen um den Besten ausländischen Film gegangen. Die deutsche Produktion "Das Lehrerzimmer" von Ilker Çatak ging ebenfalls leer aus.

Erster Oscar an die Ukraine

Die Filmcrew nimmt in feiner Abendgarderobe auf der Bühne den Oscar entgegen.
Oscargekrönt: "20 Tage in Mariupol" zeigt die Grauen des Krieges in der Ukraine null Chris Pizzello/Invision/AP Photo/picture alliance

Der Oscar für den besten Dokumentarfilm ging an die erschütternde Reportage "20 Tage in Mariupol". Es ist der erste Oscar, der in die Ukraine geht. Filmemacher Mstyslav Tschernow nutzte seine Dankesrede für einen eindringlichen Appell: "Ich wünschte, Russland hätte nicht zehntausende Menschen getötet. Aber ich kann keine Geschichte verändern. Aber der Preis kann dafür sorgen, dass die Menschen von Mairupol und die Toten nie vergessen werden." Für diese Worte gab es Standing Ovations vom Publikum.

US-Late Night-Moderator Jimmy Kimmel führte witzig und gut gelaunt durch die Gala. Für Lacher sorgte der Wrestler und Schauspieler John Cena, der seinen muskulösen Körper  splitternackt auf der Bühne präsentierte - und den Oscar-Preisträger für das beste Kostüm bekannt gab. Das sollte an einen Vorfall von vor 50 Jahren erinnern: Bei der Oscarverleihung 1974 war ein nackter Mann auf die Bühne gelaufen.

Ein nackter Mann steht auf einer Bühne, vor sein Geschlechtsteil hält er einen großen Umschlag.
John Cena traute sich was...null Chris Pizzello/Invision/AP/picture alliance

Besondern umjubelt war auch die Performance von Ryan Gosling, der den ebenfalls nominierten Barbie-Song "I'm Just Ken", gesungen hatte - mit Überraschungsgast Slash, dem Gitarristen von Guns 'N' Roses.

Eine schöne Tradition wurde nach Jahren wieder eingeführt: Ehemalige Oscar-Gewinnerinnen und -gewinner richteten persönliche Worte an die nominierten Schauspielerinnen und Schauspieler, was in der Nacht auch zur einen oder anderen Träne der Rührung führte.

Nawalny sitzt an einem Tisch und schaut in die Kamera.
Alexej Nawalny in der gleichnamigen Doku aus dem Jahr 2022null DOK.fest München

Emotional war auch der Moment, in dem - wie in jedem Jahr - an Filmschaffende erinnert wurde, die im vergangenen Jahr gestorben sind. Allen voran Alexej Nawalny, der vor wenigen Wochen in einem russischen Gefangenenlager umkam. Die gleichnamige Dokumentation über ihn war 2023 mit einem Oscar ausgezeichnet worden. 

Die Oscar-Gala war in größten Teilen unpolitisch. Einige Stars trugen roten Buttons an ihrer Kleidung, verbunden mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand in Gaza. Außerhalb des Dolby Theater in Los Angeles war der Gaza-Konflikt mehr zu spüren, es gab strengere Sicherheitsvorkehrungen - und Proteste gegen die Gaza-Krieg legten in Los Angeles zeitweise den Verkehr lahm.

Trump und Biden: Zwei alte Kandidaten buhlen um junge Wähler

Offiziell stehen die Kandidaten der beiden großen Parteien für die US-Präsidentschaftswahl Ende 2024 noch nicht fest. Doch alles deutet darauf hin, dass die innerparteilichen Vorwahlen auf eine Neuauflage der Wahl von 2020 hinauslaufen. Somit werden die Amerikaner am 5. November höchstwahrscheinlich die Wahl zwischen dem 78-jährigen Donald Trump und dem 81-jährigen Joe Biden haben.

Das mittlere Alter aller US-Präsidenten lag bei Amtsantritt nach Berechnungen des Pew Research Center bei 55 Jahren. Der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird die älteste Person sein, die jemals dieses Amt übernommen hat. Und er wird mindestens doppelt so alt sein wie der Median der Bevölkerung. Denn die Hälfte aller US-Bürger ist laut US-Zensusbehörde jünger als 40 Jahre. Wenig überraschend ist daher das Alter der Kandidaten auch ein Wahlkampfthema.

"Bidens Alter ist ein Problem"

"Es gibt eine objektive Sorge über das Alter (der Kandidaten). Das ist völlig legitim, auch wenn Menschen nicht nur nach ihrem Alter beurteilt werden sollten", sagt Larry Sabato, Direktor des University of Virginia Center for Politics, im Gespräch mit der DW. "Zugleich ist es offensichtlich, dass die Wahrscheinlichkeit wächst, ernsthaft zu erkranken oder etwas früher seinem Schöpfer gegenüberzutreten als geplant, je älter man ist."

USA: Wird Donald Trump wieder Präsident?

US-Präsident Biden hat wiederholt die Namen von Staatslenkern und Prominenten verwechselt. Kürzlich hat er im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt Abdel Fattah al-Sisi als Präsident von Mexiko bezeichnet. Al-Sisi ist der Präsident von Ägypten, das an Israel und den Gazastreifen grenzt. Mexiko hingegen liegt auf dem amerikanischen Kontinent. Auch körperlich wirkt Biden deutlich eingeschränkter als noch im Wahlkampf vor vier Jahren.

"Es ist nicht das Alter allein, um das sich die Leute sorgen", sagt der Kolumnist und Buchautor Ezra Klein in seinem Podcast "The Ezra Klein Show". "Es ist der Eindruck des Alters, den Biden vermittelt. Der Langsamkeit. Der Gebrechlichkeit."

Aussetzer und Übergewicht

Auch Trump hat mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen, darunter sein Übergewicht. Und auch er hat ähnliche Aussetzer wie Biden. So verwechselte er zum Beispiel China und Nordkorea, als er im November 2023 in einer Rede behauptete: "Kim Jong Un regiert 1,4 Milliarden Menschen." Kim Jong Un ist Herrscher von Nordkorea, das nur 26 Millionen Einwohner hat.

Auch die Namen von Nikki Haley und Nancy Pelosi brachte Trump durcheinander. Haley hatte Trump als Präsident zur US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen ernannt, dann war sie seine Konkurrentin um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Die Demokratin Pelosi war von 2019 bis 2023 Sprecherin des Repräsentantenhauses und als solche zeitweise Gegenspielerin von US-Präsident Trump.

Donald Trump und Nikki Haley im Gespräch auf Sesseln vor einem Kamin im Weißen Haus
Nikki Haley (l.) war 2018 unter Präsident Donald Trump (r.) US-Botschafterin bei den Vereinten Nationennull Jonathan Ernst/REUTERS

Doch im Gespräch mit der DW zeigten sich junge Wähler insbesondere über das Alter von Joe Biden besorgt. "Ich bin nicht 100 Prozent sicher, ob einer der beiden die Position voll auskleiden kann, aber ich glaube, bei Trump ist es wahrscheinlicher, weil er eher 'voll da' wirkt", sagt der 26-jährige Zack aus dem Mittleren Westen der USA. "Bei Biden habe ich manchmal das Gefühl, er weiß überhaupt nicht, was gerade vor sich geht."

Die gleiche Sorge hegen junge Menschen, die Trumps Politik ablehnen und im Zweifel Amtsinhaber Biden ihre Stimme gäben. "Ich stimme Trump in den meisten Punkten nicht zu, und deshalb ist Bidens Alter ein Problem, weil er verglichen mit Trump etwas gebrechlicher wirkt", sagt der 29-jährige James aus New York.

"Leider kann Trump den Job besser ausüben als Biden, denke ich", sagt die 23-jährige Emma Lengel aus der Hauptstadt Washington. "Aber keiner von beiden ist ideal. Und wenn Trump seinen Job gut macht, verheißt das nichts Gutes für die USA."

Jüngere Kandidaten konnten sich nicht durchsetzen

Bei den Republikanern waren sowohl die 52-jährige Nikki Haley als auch der 45 Jahre junge Gouverneur von Florida Ron DeSantis aussichtsreiche Kandidaten, mussten sich aber im Vorwahlkampf geschlagen geben. 

Bei den Demokraten wäre es höchst ungewöhnlich gewesen, Joe Biden herauszufordern. Schließlich ist er amtierender Präsident. Vor vier Jahren hatten noch Transportminister Pete Buttigieg, heute 42 Jahre, und Vizepräsidentin Kamala Harris, 59 Jahre, mit Biden um die Kandidatur gerungen.

Biden am Rednerpult, daneben Vizepräsidentin Kamala Harris
Viele dachten, Joe Biden (l.) würde seine Vizepräsidentin Kamala Harris (r.) zu seiner Nachfolgerin aufbauen. Doch Harris ist selbst bei Demokraten nicht beliebtnull Jacquelyn Martin/AP Photo/picture alliance

Als Biden im Wahlkampf dann Harris an seine Seite rief, spekulierten Beobachter, er würde sie zur nächsten Präsidentschaftskandidatur führen wollen, anstatt noch einmal selber anzutreten. Doch Harris ist es als Vizepräsidentin nicht gelungen, ihr Profil zu schärfen. Auch unter demokratischen Wählern hat sie nicht so viel Begeisterung entfacht, dass die Partei nun auf sie anstatt auf Biden setzen würde.

Genug von "alten, abgehobenen Politikern"

Dass alte Politiker nicht automatisch den Kontakt zu jungen Wählern verlieren, zeigt Bernie Sanders. Der Senator von Vermont erfreut sich mit 82 Jahren großer Popularität unter College-Studenten und Absolventen.

Für Jung-Wählerin Lengel aus Washington ist das Alter allein auch kein Grund, jemanden nicht zu wählen, wohl aber ein Mangel an politischer Initiative bei Themen, die junge Menschen beschäftigen. "Sie müssen sich einfach mehr unseren Sorgen widmen", sagt sie. "Ich habe diese alten, abgehobenen Politiker so satt, die an uns appellieren, um uns zu vereinnahmen, aber auf legislativer Ebene nichts für uns tun." Auch die 24-jährige Rachel Lee aus Washington sagt, sie habe das Gefühl, keiner von beiden könne die Schwierigkeiten der jungen Leute heutzutage wirklich verstehen.

"Biden und Trump könnten meine Großväter sein"

Auch alte Präsidenten haben es schon geschafft, junge Wähler anzusprechen, sagt Politikwissenschaftler Sabato, zum Beispiel Ronald Reagan: "Reagan ist mit fast 78 Jahren aus dem Amt geschieden. Und er war sehr beliebt unter jungen Leuten. Er erinnerte sie an einen Großvater."

Porträt Ronald Reagan
Ronald Reagan war von 1981 bis 1989 Präsident der Vereinigten Staaten. Er war trotz seines hohen Alters auch bei jungen Wählern beliebtnull AP

Was bei Reagan ein Plus gewesen sein mag, scheint heute eher ein Makel zu sein: "Ja, sie haben schon einige meiner Ansichten vertreten, aber sie könnten meine Großväter sein", sagt Zack aus dem Mittleren Westen. "Wer hat schon genau die gleichen Ansichten wie seine Großeltern?"

"Jedes Mal, wenn ich sie sprechen sehe, ist es, als wären das meine Großeltern, die sich in irgendetwas hineinsteigern", sagt auch James aus New York. "Ich muss dann einfach nicken und 'sicher' sagen, weil sie Widerworte womöglich gar nicht verstehen würden."

Am Ende gehe es um die verlorene Verbindung zwischen den Generationen, sagt Hauptstädterin Lee: "Um jüngere Wähler besser zu erreichen, müssen die Parteien wirklich an den Themen arbeiten, die unsere Generation am meisten angehen, und die Situation verbessern."

Mitarbeit: Janelle Dumalaon. Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

USA: Nikki Haley gibt nach Super Tuesday auf

Die Republikanerin Nikki Haley zieht sich offiziell aus dem parteiinternen Rennen um die US-Präsidentschaft zurück und macht so den Weg frei für eine erneute Kandidatur des früheren Amtsinhabers Donald Trump. Die 52-Jährige verkündete ihre Entscheidung in ihrem Heimat-Bundesstaat South Carolina, nachdem Trump am Dienstag beim "Super Tuesday" eine Siegesserie hingelegt und fast alle Abstimmungen für sich entschieden hatte.

Damit kommt es zu einer Neuauflage des Duells zwischen Trump und dem aktuellen demokratischen US-Präsidenten Joe Biden, der für eine zweite Amtszeit antreten will. Biden hat zwar rein rechnerisch noch nicht genügend Delegierte für die Nominierung als Kandidat der Demokraten gesammelt, gilt als amtierender Präsident aber praktisch als gesetzt.

"Es ist jetzt klarer als je zuvor, dass wir eine Wiederholung von Biden gegen Trump sehen werden, wenn nicht noch etwas Außergewöhnliches passiert", sagte Brandon Conradis, Politikredakteur der Nachrichtenseite "The Hill" in Washington D.C. und ehemaliger DW-Mitarbeiter. "Der Super Tuesday hat diese Realität verfestigt."

Wer Präsidentschaftskandidat der Republikaner oder der Demokraten werden will, muss sich zunächst in parteiinternen Vorwahlen durchsetzen. Offiziell gekürt werden die Kandidaten erst bei Parteitagen im Sommer. Die eigentliche Präsidentenwahl steht am 5. November an.

Biden hat als amtierender Präsident keine ernsthaften Konkurrenten bei den Demokraten. Bei den Republikanern waren einige Politiker und Politikerinnen gegen Donald Trump angetreten. Nikki Haley, ehemalige Gouverneurin von South Carolina und frühere UN-Botschafterin, war als letzte noch übrig geblieben. Vor dem Super Tuesday hatte sie nur eine einzige Vorwahl, in Washington D.C. gewonnen. 

Achtungserfolg für Haley

Immerhin einen weiteren Sieg trug Haley auch am Super Tuesday davon. Sie gewann in Vermont, einem kleinen Bundesstaat im Nordosten der USA an der Grenze zu Kanada. Aufgrund seiner Bevölkerung von weniger als 700.000 Menschen hat Vermont allerdings nur 17 republikanische Delegierte zu vergeben. Im Vergleich: Kalifornien hat bei den Republikanern 169 Delegierte. 

Haley schnitt während ihrer Kandidatur gut "bei unabhängigen und moderaten Wählern ab", sagte J. Miles Coleman, Wahlanalyst beim University of Virginia Center for Politics, der DW. "Aber bei den echten republikanischen Hardlinern holt Trump normalerweise 70 Prozent oder mehr der Stimmen."

Eine blonde Frau ist von hinten zu sehen, sie trägt eine rote Glitzerjacke, auf der "Proud American Trump 2024" steht
Von den konservativen Trump-Unterstützern konnte Nikki Haley nur wenige auf ihre Seite ziehennull Rebecca Blackwell/AP Photo/picture alliance

Unerwarteter Ausgang in Amerikanisch-Samoa

Bei den Demokraten sorgte das Vorwahlergebnis in Amerikanisch-Samoa, einem Außengebiet der USA im Südpazifik, für Erstaunen. Von 91 abgegebenen Stimmen gingen 40 an Biden - und 51 an Jason Palmer, einen bis dato unbekannten Unternehmer aus Maryland. Die Inselgruppe ist damit das einzige Gebiet, in dem Biden am Super Tuesday keinen Sieg einfahren konnte. Er und Palmer bekommen jeweils drei der sechs Delegierten, die Amerikanisch-Samoa zu vergeben hat.

Politisch schaden kann das nahezu Unentschieden im Südpazifik dem US-Präsidenten nicht. Bei Experten sorgte es aber für Schmunzeln. "Das war das seltsamste Ergebnis", sagte Coleman. "Vor heute Abend wusste niemand, wer zum Teufel [Palmer] ist. Und jetzt, nach dem Ausgang in Amerikanisch-Samoa, wird vermutlich irgendwann bei Jeopardy [eine bekannte TV-Quizshow in den USA, die Red.] nach seinem Namen gefragt."

Minnesota: Erheblicher Anteil stimmt nicht für Biden

In Minnesota stimmten nur knapp über 70 Prozent der demokratischen Wähler und Wählerinnen für Biden. Auf Platz zwei lag nicht etwa einer seiner - aussichtslosen - Konkurrenten. Dean Phillips bekam rund acht Prozent der Stimmen, Marianne Williamson knapp zwei Prozent. Aber um die 19 Prozent der Teilnehmenden entschied sich für die Option "Uncommitted". Dieses "unentschlossen" gilt als Proteststimme gegen Biden und seine Israel-freundliche Politik. Aktivisten fordern, dass er sich für einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen einsetzt und Hilfen an Israel stoppt. Die USA sind der größte Partner an der Seite Israels.

"Das wird eine weitere Protestabstimmung gegen Biden mit dem Ziel, den Krieg zu stoppen", sagte Jaylani Hussein, Co-Vorsitzender der "Abandon Biden"-Bewegung in Minnesota, der Nachrichtenagentur Reuters vor dem Super Tuesday.

Etliche Stimmen für die Option "unentschlossen" gab es auch schon bei vergangenen Vorwahlen. Das schadete nicht immer dem Bewerber, der letztlich Präsidentschaftskandidat wurde. Ernst nehmen müsse Biden das Ergebnis aber schon, sagt Conradis.

"Ich will das nicht kleinreden, es ist ein ernsthafter Grund zur Sorge für Biden", sagte Conradis der DW. "Aber es ist auch nicht klar, wie viele von den Leuten, die für 'unentschieden' bei der Vorwahl stimmten, bei der Wahl im November tatsächlich zuhause bleiben werden. Viele von ihnen werden vielleicht letztlich doch Biden wählen."

Super Tuesday bei den Vorwahlen in den USA: Was ist das?

Am diesem Dienstag, dem Super Tuesday, steht im US-Präsidentschaftswahlkampf ein bedeutender Moment bevor. Sowohl Republikaner als auch Demokraten werden in über einem Dutzend Bundesstaaten parteiinterne Vorwahlen abhalten, darunter Alabama, Kalifornien, Colorado, Maine, Minnesota, North Carolina, Texas und Virginia. Diese Vorwahlen entscheiden darüber, welche Kandidaten im November als Präsidentschaftsanwärter für die jeweiligen Parteien antreten werden.

US-Präsident Joe Biden spricht in Mikrophone
Präsident Joe Biden: Eigentlich konkurrenzlos in seiner Parteinull Evan Vucci/AP Photo/picture alliance

Auf Seiten der Republikaner konkurrieren der ehemalige Präsident Donald Trump und die ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, um die Nominierung ihrer Partei.

Bei den Demokraten strebt Amtsinhaber Joe Biden eine weitere Amtszeit an. Er tritt in den parteiinternen Vorwahlen ohne ernsthafte Konkurrenz an.

Aktuell deutet alles darauf hin, dass es am Ende erneut zu einem Duell zwischen Biden und Trump kommen wird.

Was ist der Super Tuesday?

Am Dienstag sind Vorwahlen in 15 der 50 Bundesstaaten und dem Außengebiet Amerikanisch-Samoa. Vorwahlen sind landesweite Wahlen, bei denen Wählerinnen und Wähler für die Kandidatin oder den Kandidaten einer Partei stimmen, die oder der später bei den allgemeinen Wahlen antritt. Von Maine bis Alaska und von Texas bis Kalifornien geben die Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme für den bevorzugten Bewerber ab. Die Regeln für die Vorwahlen, einschließlich der Frage, wer wählen warf, werden von den einzelnen Bundesstaaten und den Parteien festgelegt.

 Nikki Haley spricht in Portland, USA
Nikki Haley: Denkt nicht ans Aufgebennull Scott Eisen/Getty Images

Tatsächlich stimmen nicht beide Parteien in jedem dieser Bundesstaaten ab. In Alaska sind es etwa nur die Republikaner, die Demokraten ziehen am 6. April nach. In Iowa werden bei den Demokraten wiederum die Ergebnisse der seit Wochen laufenden Briefwahl bekanntgegeben. Trotzdem kommen sehr viele Stimmen für die Delegierten auf den Parteitagen zusammen.

Entscheidet der Super Tuesday die Vorwahlen?

Formell entscheidet der Super Tuesday noch nicht final die Vorwahlen. Bei den Republikanern geht die Rechnung für den führenden Bewerber Donald Trump nicht ganz auf. Er verfügt Reuters zufolge nach der Vorwahl im Regierungsbezirk Washington, D.C. über 247 Stimmen, seine verbliebene Rivalin Nikki Haley über 43.

Da mindestens 1215 Stimmen zum Sieg erforderlich sind, würde es selbst dann nicht reichen, wenn er am Dienstag alle Stimmen gewinnen würde. Die Republikaner gingen zuletzt von einer Ausbeute von mindestens 773 Stimmen aus.

Wann stehen die Ergebnisse fest?

Das kommt auf die Zeitzone an. Alaska liegt - je nach Zeitzone - zehn Stunden hinter Deutschland. In Kalifornien werden bis zum 12. März noch Briefwahlstimmen berücksichtigt, die bis Dienstag gestempelt wurden.

Warum finden so viele Wahlen an einem Tag statt?

In den USA sind Wahlen traditionell am Dienstag, was den "Tuesday" erklärt. Dabei entscheiden die einzelnen Bundesstaaten über den Ablauf der Abstimmungen, auch bei den Vorwahlen. Seit Jahrzehnten wird über eine Reform des Systems diskutiert, unter anderem über eine "National Primary", bei der alle Staaten am selben Tag abstimmen würden. Die Bündelung auf möglichst wenige Tage wäre ein Schritt dorthin.

Wählen immer dieselben Staaten am Super Tuesday?

Nein, der Ablauf in den USA ist von Wahljahr zu Wahljahr unterschiedlich. Im Jahr 2008 gab es einen "Super Duper Tuesday" mit Vorwahlen in 24 Bundesstaaten.

Der ehemalige US-Präsident Trump bei einer Rede
Donald Trump: Favorit bei den Republikanern null Alon Skuy/AFP/Getty Images

Die letzten Präsidentschaftsvorwahlen in diesem Wahljahr finden am 4. Juni statt. Offiziell gekürt werden die Kandidaten auf den Parteitagen. Der Nationalkonvent der Republikaner findet vom 15. bis 18. Juli in Milwaukee statt, der Nationalkongress der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago.

Was sind Caucuses?

Caucuses sind wie Vorwahlen eine Möglichkeit für eine politische Partei, ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahlen zu bestimmen. Im Gegensatz zu Vorwahlen handelt es sich bei Caucuses jedoch um ein System lokaler Versammlungen, die in der Regel zu einer bestimmten Zeit stattfinden und mehrere Stunden dauern können.

Sie bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, öffentlich über die Kandidatinnen und Kandidaten zu diskutieren. Die Abstimmung erfolgt nicht immer geheim, sondern manchmal auch durch Handzeichen.

Früher waren Caucuses die gängigste Form der Kür von Präsidentschaftskandidaten. Heute wird diese Methode nur noch in fünf Bundesstaaten angewandt, darunter Iowa, North Dakota und Montana.

Astrid Prange, dh, sth, Reuters, dpa 

Apple: Autonome Autos ausgebremst

Neben vielen, teilweise auch selbstgemachten Problemen schwebt über den traditionellen Autobauern in Europa, Asien und den USA eine Art Damoklesschwert: Die Angst, dass Tech-Konzerne sie an den Rand des Marktes für die individuelle Mobilität drängen könnten. Dafür standen die Initiativen von Apple und Google, eigene Autos zu bauen, die auch autonom fahren können.

Die Autobauer sahen sich in dieser Zukunftsvision nur als noch Hardware-Zulieferer, die die motorisierten Untersätze für die "fahrenden Smartphones" hätten bauen dürfen. Diese Befürchtungen könnten sich erledigt haben. Der iPhone-Konzern Apple aus Kalifornien hat seine Arbeit an einem eigenen E-Auto, Projektname Titan, aufgegeben, wie die Nachrichtenagentur Reuters kürzlich meldete.

Ein Teil der Auto-Entwickler aus dem etwa 2000 Mitarbeiter umfassenden Apple-Team werde stattdessen an KI-Software arbeiten, hatte bereits zuvor das Wall Street Journal geschrieben. Das könnte mehrere hundert Hardware-Entwickler betreffen, berichtete der Nachrichtendienst Bloomberg. Es werde aber auch Entlassungen geben. Viel zukunftsträchtiger und lohnender sei das Thema "generative KI": Es geht darum, mit Programmen wie ChatGPT aus einer immer schneller anwachsenden Menge von Informationen neue Inhalte zu erzeugen.

Ein autonomer Apple-Testwagen in dichtem Verkehr
Ein autonomer Apple-Testwagen in dichtem Verkehr - dieses Experiment geht jetzt zu Endenull Sundry photography/IMAGO

Eben doch ein schwieriger Markt

Viele Branchenkenner hatten die Bemühungen Apples, selbst zum Autobauer zu werden, generell zurückhaltend betrachtet. Zu verschieden seien die Geschäftsmodelle von Autobranche und Tech-Industrie. Beim Autobau könne man nicht einfach kompakte Elektronik-Pakete per Post zustellen oder dem Kunden per digitalem Update überspielen. Es müsste große und schwere "Hardware" über den ganzen Globus verschifft werden, die auch regelmäßig gewartet werden muss.

Außerdem dauern die Entwicklungszyklen von Automobilen - auch wegen vielfältiger Regulierungsvorschriften - nicht einige Wochen oder Monate, sondern Jahre. Zudem sind die Gewinnmargen in der Autobranche sehr viel niedriger als in Apples Elektronikgeschäft. Und die Autobauer hatten von Anfang an darauf hingewiesen, dass es nicht einfach sei, ein Auto zu bauen und zu verkaufen.

Es hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Spekulationen gegeben, Apple könnte seine Entwicklungsbemühungen vereinfachen, in dem man etwa einen großen Zuliefererbetrieb übernähme oder einen Autohersteller kaufte. In diesem Zusammenhang wurde häufig über Kontakte zu McLaren spekuliert. Der Gründer des Elektroautobauers Tesla, der südafrikanische Multi-Unternehmer Elon Musk, hatte behauptet, zum Produktionsstart seines Model 3 Apple ein Angebot zum Kauf seiner Autoentwicklungssparte gemacht zu haben. Apple-Chef Tim Cook sei aber nicht einmal an einem Treffen interessiert gewesen.

Lenkrad eines selbst!-fahrenden Mercedes , bei Anwendung des Drive Pilots
Nicht nur Tech-Konzerne arbeiten am autonomen Fahren, auch traditionelle Autobauer sind nicht untätignull Carsten Koall/dpa/picture alliance

Milliarden versenkt?

Titan soll den iPhone-Konzern, so berichtet jedenfalls die New York Times, mehr als zehn Milliarden Dollar gekostet haben. Bloomberg hatte die Kosten für das Apple-Auto auf eine Milliarde Dollar im Jahr taxiert. Andere Marktbeobachter, wie etwa die Analytiker von Guidehouse, schätzen, Apple habe 15 bis 20 Milliarden Dollar in die Entwicklung investieren wollen. Geld, das nun für andere Projekte frei wird - auch im Autobereich. Erik Woodring von Morgan Stanley etwa schrieb, das Aus werde nun "erstens Ressourcen freisetzen, die für wichtigere Themen wie Künstliche Intelligenz genutzt werden können. Zweitens zeigt es Kostendisziplin."

Der Aktienmarkt reagierte auf die Meldung mit einer gewissen Erleichterung, ohne dass die Entwicklung für große Kurssprünge sorgte. Ein kleiner Anstieg der Apple-Aktie direkt nach Bekanntwerden der Entscheidung deutete die Erleichterung der Anleger darüber an, dass der Konzern ein teures Abenteuer mit ungewissem Ausgang beerdigen wird.

"Eine gute Entscheidung"

Aus Investorensicht ist das Ende von Apples Autoprojekt folgerichtig und konsequent. Jonathan Curtis, CIO (Chief Investment Officer) des US-basierten Fondsverwalters Franklin Templeton, sagte dem deutschen Wirtschaftsmagazin Handelsblatt, es sei richtig gewesen, dass Apple sich im Autogeschäft engagiert habe. Autos seien heutzutage ja im Wesentlichen "Computer auf Rädern". Seine Fonds habe daher auch Milliarden in Apple investiert.

Nun aber, so Curtis, müsse Apple sich darum kümmern, dass die KI seiner iPhones funktioniert. Dabei verweist er auf einen Apple-untypischen Flop: "Was ist eines der schlechtesten Produkte, die Apple in den letzten zehn Jahren herausgebracht hat? Siri", so Curtis zu Apples Sprachassistenten. "Repariert Apple Siri, dann könnten sie einen massiven neuen iPhone-Zyklus in Gang setzen." Dann könnten die Kalifornier auch neue Dienstleistungen mit wahrem Mehrwert rund um Siri verkaufen. Daher, so Curtis zum Handelsblatt, sei das "Aus für das Autoprojekt eine gute Entscheidung".

Dafür sollen nun die Programmierer aus dem aufgelösten Autoprojekt sorgen. Tim Cook, CEO des i-Imperiums aus Cupertino, hatte bei der jüngsten Online-Hauptversammlung neue KI-Funktionen von Apple angekündigt. Einen Ausblick auf Software-Neuerungen für Apple-Geräte gibt es traditionell auf der Entwicklerkonferenz WWDC im Juni.