Sei doch kein Angsthase!
„Es war einmal ein kleiner Angsthase.“ So beginnt die beliebte Kindergeschichte von Elisabeth Shaw. Sie erzählt von einem kleinen Hasen, der vor allem eins hat: Angst. Und das kommt nicht von ungefähr, denn seine Oma ist ängstlich. Sie jagt ihm durch ihre Erzählungen sogar immer mehr Angst ein, statt ihn darin zu bestärken, seine Ängste zu überwinden. Seine Freunde beschimpfen ihn und nennen ihn einen Angsthasen. Als eines Tages der böse Fuchs in die Stadt kommt und seinen kleinen Hasenfreund angreift, weiß der Angsthase, dass er der einzige ist, der ihn retten kann. Er fürchtet sich zwar selbst, aber seine Angst verleiht ihm Flügel. Durch einen Trick kann er den Fuchs besiegen und seinen kleinen Freund retten. Mit einem Mal wird aus dem Angsthasen der „mutige Hase“.
Angst und ängstlich: zwei Paar Schuhe
Mit dieser Geschichte will man Kindern sagen: Es ist normal, Ängste zu haben. Denn Ängste haben ist richtig und wichtig, weil sie einen manchmal auch schützen. Man muss nur lernen, mit ihnen zu leben und umzugehen. In Situationen, in denen man sich fürchtet, darf man bloß nicht starr vor Angst werden oder in eine Schockstarre verfallen, denn sonst kann man nicht mehr reagieren. Allerdings läuft mancher gerade in einer Angst machenden Situation zur Hochform auf, weil er seine Angst unterdrückt und reagiert – wie der Angsthase.
Die Begriffe Angsthase und Hasenfuß für ängstliche Menschen gehen darauf zurück, dass Hasen scheue Tiere sind und bei Angst oder Bedrohung ganz schnell weghoppeln. Wenn einem der Angstschweiß auf der Stirn steht, die Knie weich werden oder gefühlt das Herz in die Hose rutscht, dann ist das halb so wild. Es geht letztlich nur darum seine Ängste auszustehen. Dabei sind Angst haben und ängstlich sein zwei verschiedene Paar Schuhe. Hat jemand Angst, ist das auf eine Situation bezogen, ist jemand hingegen ängstlich, dann ist das ein Wesensmerkmal.
Der Ängste gibt es viele
Aber kümmern wir uns doch zunächst einmal um das kleine Wörtchen „Angst“. Die Wurzeln des Begriffs liegen im Indogermanischen und wurden von einem Adjektiv abgeleitet, das für „eng“ und „bedrängend“ stand. Und nach wie vor beschreiben diese beiden Wörter ja sehr gut, wie man sich fühlt, wenn man Angst hat: man fühlt sich nämlich eingeengt und bedrängt von dem Gefühl der Furcht oder Sorge.
Wovor man Angst haben kann? Da gibt's einiges. Da hätten wir die Höhenangst, die Platzangst, die Flugangst, die Prüfungsangst oder die Zukunftsangst – um nur einige wenige Ängste zu nennen. Fürchtet man wirklich um sein Leben, kann man sogar Todesangst haben. Da Ängste manchmal sogar zu Krankheiten werden können, gibt es für alle diese Begriffe auch einen medizinischen Ausdruck, der auf -phobie endet, da dies das griechische Wort für„Angst“ ist. Die bekannteste scheint die Klaustrophobie zu sein, die Angst vorm Eingesperrtsein – eine für manchen seltsame ist die Arachnophobie, die Angst vor Spinnen.
Die Angst in der Umgangssprache
Da ein jeder das Gefühl der Angst kennt, gibt es natürlich auch verschiedene umgangssprachliche Begriffe für sie. So kann man schon einmal Bammel vor der Prüfung haben, Muffe vor dem Vorstellungsgespräch oder Flatter vor den Konsequenzen einer Tat. Und da Angst oft mit körperlichen Anzeichen wie einem gewissen Unbehagen in der Magengrube, Übelkeit, Verstopfung oder Durchfall einhergeht, gibt es viele Redewendungen, die genau das bildlich ausdrücken.
Der eine sagt: „Ich hab Schiss vor Hunden“, die andere: „Ich bekomm' immer Muffensausen, wenn ich einen Horrorfilm gucke“. Beide Begriffe bedeuten eigentlich, dass man Durchfall bekommt. Ärzte werden einem genau erklären können, warum Angst diese körperlichen Symptome auslöst. Diejenigen, die die Angst übermannt, müssen sich Beschimpfungen wie Schisser, Hosenscheißer oder Bangbüx anhören.
Mach' dir nicht ins Hemd!
Jemandem, der keine Angst haben soll, ruft man scherzhaft zu: „Ach, mach dir nicht ins Hemd!“ Diese Redewendung geht jedoch auf einen Brauch zurück, der nichts mit der reinen Angst zu tun hat.
Im Mittelalter trugen Männer aus den sogenannten „guten Kreisen“ lange Unterhemden, an denen Strümpfe festgemacht waren. Musste jemand zur Toilette, konnte es schon mal vorkommen, dass die Strümpfe nicht schnell genug vom Hemd gelöst wurden und ein „Malheur“, ein Missgeschick, passierte.
Wer hat Angst vorm bösen Mann?
Mancher Mensch hat ein Leben lang Ängste, ist verängstigt, wenn er angeschrien wird, läuft vor beängstigenden Situationen davon. Allerdings wird er wahrscheinlich nicht mehr von den Monstern unter dem Bett aus Kindertagen in Angst und Schrecken versetzt oder von den bösen Männern aus dem Traum, die ihm Angst und Bange machten. Die Dinge, die einem als Erwachsenen Angst einjagen, beziehen sich meistens auf reale Dinge wie die berufliche Zukunft.
So sitzt einem die Angst im Nacken, wenn man nicht weiß, wie sicher der Job ist oder man bekommt es mit der Angst zu tun, wenn die Steuererklärung ansteht. Eine andere beliebte Angst ist die Torschlusspanik. Die tritt dann auf, wenn man Manschetten hat, keinen Partner mehr zu finden, da man ein gewisses Alter erreicht hat. Sich also förmlich die Tore schließen und man ausgeschlossen wird.
Angst vor der eigenen Courage
Zum Schluss noch ein Tipp an alle Hasenfüße und Angsthasen: Lasst euch von eurer Angst nicht unterkriegen. Denn Angst ist, wie es der Volksmund sagt, ein schlechter Ratgeber. Wenn es nötig ist, werdet auch ihr den Fuchs besiegen und danach habt ihr vermutlich eher Angst vor eurer eigenen Courage als vor irgendetwas anderem.
Fragen zum Text
Welcher Begriff passt nicht in die Reihe? Schiss, Bammel, Flatter …
1. Muffensausen.
2. Muffel.
3. Muffe.
Wenn jemand Angst vor dem Zahnarzt hat, dann ...
1. hat jemand eine Dentophobie.
2. ist jemand klaustrophobisch.
3. besitzt jemand eine ausgeprägte Phonetik.
Ist jemand voller Angst, ist er/sie …
1. verängstigt.
2. beängstigt.
3. geängstigt.
Arbeitsauftrag
Schreib deine ganz persönliche Angsthasen-Geschichte. Berichte darin von einer Situation, die du selbst erlebt hast, in der du große Angst hattest, sie jedoch überwinden konntest.