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Seltene Erdennotwendig, aber nicht nachhaltig

Seltene Erden sind wichtig für klimafreundliche Technologien wie Windenergie und Elektromobilität. Doch ihre Förderung ist schwierig und umweltschädlich. Außerdem ist Europa in diesem Bereich sehr von China abhängig. Welche Möglichkeiten gibt es, diese Abhängigkeiten zu verringern und zugleich die Rohstoffe nachhaltiger abzubauen?

SPRECHERIN:
Laptops, Smartphones, Windräder und Elektroautos – diese Technologien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ohne die sogenannten „Seltenen Erden“ gäbe es sie nicht. Doch was ist das genau

MARTIN ERDMANN (Mitarbeiter bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe):
Der Begriff „Seltene Erden“ ist erst mal missverständlich, da es sich eigentlich nicht um Erden handelt, sondern streng genommen um Metalle, zumindest in der reinen Form. Und „selten“ sind diese Metalle auch nicht zwangsläufig. Sie sind in der Erdkruste genauso häufig angereichert wie beispielsweise Kupfer. Allerdings sind sie selten in abbauwürdigen Mengen zu finden in guten Lagerstätten.

SPRECHERIN:
Daher stammt der Begriff „Seltene Erden“ – weil ihre Förderung schwierig ist. Und viele Fragen aufwirft. Bei der Gewinnung der Metalle werden verschiedene Säuren eingesetzt. Zurück bleiben stark verschmutzte Abwässer, die noch dazu radioaktiv sein können.

ELIZABETH PRESS (Director of Planning and Programme Support bei International Renewable Energy Agency):
Wenn man sich diese Bergbauaktivitäten anschaut, ist das ein sehr schwieriges Erbe, sowohl in ökologischer als auch in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht. Es ist ein komplizierter Sektor mit einer schwierigen Geschichte, und es ist absolut nötig, dass wir es jetzt anders machen. Sonst wären wir genauso wie alle vor uns. Der ökologische Fußabdruck muss sich ändern.

SPRECHERIN:
Im vergangenen Jahr wurden mehr als zwei Drittel aller Seltenen Erden weltweit von China gefördert. Das Land hat früh investiert. Mit großem Abstand folgen die USA, Australien und Burma.

STEFAN BRATZEL (Gründer und Direktor des Center of Automotive Management):
Wir haben hier bei diesem Thema eine relativ große Abhängigkeit eben auch zu China. Da muss man vielleicht ein Stück weit in Europa, in den USA, sich etwas unabhängiger machen. Ganz unabhängig wird es in den nächsten Jahren aber nicht sein können.

SPRECHERIN:
In der EU landen jedes Jahr fast fünf Millionen Tonnen alter Elektrogeräte auf dem Müll. Kann Recycling die europäische Abhängigkeit von China verringern? Bis jetzt nicht. Denn die Konzentration Seltener Erden in Elektroschrott ist zu gering, herkömmliche Recyclingverfahren lohnen sich oft nicht. Das könnte sich nun ändern.

MARTIN ERDMANN:
Gerade jetzt, mit dem verstärkten Einsatz von größeren Elektromotoren oder auch insbesondere den Windkraftanlagen, wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren hier ein sehr großer Markt einfach entstehen. Allerdings ist hier auch wieder die Herausforderung, dieses Recycling in Europa durchzuführen. Aber gerade mangels des Know-hows und der Anlagenkapazitäten, die in Europa nicht vorhanden sind, werden die Reststoffe, die Schrotte meistens nach Südostasien verschifft, dann in beispielsweise Vietnam, Malaysia verarbeitet und schlussendlich dann auch in China wieder zu neuen Rohstoffen weiterverarbeitet.

SPRECHERIN:
Und so verfügt China mit rund 44 Millionen Tonnen über die größten Reserven an Seltenen Erden weltweit, gefolgt von Vietnam, Brasilien und Russland mit rund der Hälfte davon. In Estland entstand mit Hilfe von EU-Geldern jetzt die erste europäische Fabrik, in der spezielle Magnete für Motoren von E-Autos hergestellt werden. Dafür notwendig sind Seltene Erden. Für die Automobilindustrie ist die Produktion in Europa von großer Bedeutung. Hier gelten auch hohe Umweltstandards

STEFAN BRATZEL:
Das Thema Nachhaltigkeit wird in den nächsten Jahren in der Automobilindustrie eine immer wichtigere Rolle spielen. Entsprechend ist dafür Sorge zu tragen von den Automobilherstellern durch eigene Partnerschaften, dass der Abbau der Rohstoffe wie Seltene Erden eben möglichst nachhaltig, und zwar, ja, ökologisch nachhaltig, aber auch sozialverträglich stattfindet.

SPRECHERIN:
Um ihren Bedarf zu decken, suchen die Hersteller zum Beispiel von Windrädern oder Elektroautos deshalb nach neuen Lieferanten außerhalb von China. Und nehmen dafür auch höhere Kosten in Kauf.

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