Sprache verbindet Menschen – die IDT 2022 in Wien
Alle vier Jahre treffen sich Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer aus aller Welt zu einer mehrtägigen Konferenz. Auf der 17. Tagung, die jetzt in Wien stattfand, ging es besonders um die integrative Kraft von Sprache.
Sprache ist wichtig für den Zusammenhalt in einer globalisierten Welt, Sprache ermöglicht Teilhabe, Sprache kann aber auch ausschließen und diskriminieren: Die Internationale Tagung für Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer (IDT) 2022 in Wien zeigte auf, welche Bedeutung das Lernen einer Fremd- oder Zweitsprache in unserer Zeit haben kann. Rund 15 Millionen Menschen lernen derzeit Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache, Tendenz steigend. Wien als Drehscheibe zwischen Ost und West hat seine Türen für Menschen aus über 100 Ländern geöffnet. Sie sind zur mittlerweile 17. Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer an die Universität Wien gekommen, um sich auszutauschen, andere Kulturen kennen zu lernen und neue Impulse für den Unterricht zu bekommen.
Die "Wiener Thesen zur Sprachenpolitik"
Die IDT wird alle vier Jahre im Auftrag des Internationalen Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverbands (IDV) und seiner Mitgliederverbände veranstaltet. Diesmal wurde er vom Österreichischen Verband für Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache (ÖDaF) ausgerichtet. Der Verband wurde 1984 gegründet und bietet ein Forum für DaF- und DaZ-Interessierte aus aller Welt. Die kritische Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen der Sprachen-, Bildungs- und Integrationspolitik ist ihm besonders wichtig. Auf der Tagung formulierte der Verband mit den „Wiener Thesen zur Sprachenpolitik“ Forderungen an die Politik mit dem Ziel, die gesellschaftliche Teilhabe zu stärken. Oberstes Ziel des Sprachenlernens und -lehrens müsse die Entwicklung von Diskursfähigkeit sein, schreiben die Verfasser. Dadurch würde die verantwortungsbewusste Mitwirkung an Entscheidungsprozessen und die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht.
Die Fachvorträge, Diskussionen und Workshops drehten sich um das Tagungsmotto „mit.sprache.teil.haben“ und stellten neue Konzepte in den Mittelpunkt. Brigitte Sorger vom Institut für Germanistik an der Universität Wien thematisierte in ihrem Plenarvortrag die Sprachenpolitik als Instrument zur Teilhabe an der Gesellschaft. Sprache werde von der Politik oft instrumentalisiert, um Machtinteressen durchzusetzen, ohne die Folgen für den Alltag zu bedenken, kritisierte sie. Expertinnen und Experten sollten verstärkt auf die Politik einwirken, um Ausgrenzung, Diskriminierung und das Aussterben von Sprachen zu verhindern, forderte sie. Alle sollten ihre Sprachen sprechen dürfen.
Jugendsprache und Transkulturalität
Für Sprachenvielfalt sorgt auch die Jugendsprache: Jugendliche mit Migrationshintergrund werden oft kritisiert, wenn sie Ausdrücke aus ihrer Muttersprache in die deutsche Sprache hineinbringen. Sprachforscherinnen und -forscher sehen die Sprachvermischung hingegen als Chance. Yazgül Șimșek von der Universität Münster sprach in ihrem Vortrag von dem transformativen Potenzial der Jugendsprache. Durch Begriffe aus einer anderen Kultur wird Jugendsprache transkulturell und motiviert junge Leute, sich mit anderen Sprachen auseinanderzusetzen.
Viele Vortragende haben die Bedeutung von Mehrsprachigkeit hervorgehoben, denn für das Mitwirken an der Gesellschaft spielten sprachliche Kompetenzen eine entscheidende Rolle. Deshalb sei es wichtig, sagte der Präsident des ÖDaF Hannes Schweiger von der Universität Wien, beim Deutschlernen das vorhandene sprachliche Repertoire mit einzubeziehen. Neue Materialien für den Deutschunterricht unterstützen die Mehrsprachigkeit.
Digitales und hybrides Lernen
Auf der IDT konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch neue digitale Methoden kennenlernen oder sich über aktuelle Entwicklungen im Bereich hybriden Lernens, also der Kombination von Präsenz- und Online-Unterricht, informieren. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten möglichst viele Anregungen, Ideen und Methoden nach Hause mitnehmen, sagte Schweiger. Das mache die Tagung zu einer nachhaltigen Tagung.
Neben dem fachlichen Austausch hatte die IDT 2022 ein interessantes Kultur- und Rahmenprogramm zu bieten. Viele der 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben etwa Stadtspaziergänge genutzt, um Wien kennenzulernen. Einige habe das kaiserliche Wien erkundet, andere haben den Lesungen im Park gelauscht oder wurden selbst aktiv und haben sich an Chorgesang und Theaterspiel versucht. Ein Höhepunkt des Kulturprogramms war der Auftritt der Band „ok.danke.tschüss“ im Arkadenhof der Universität Wien. Unterstützt von Expertinnen und Experten des Goethe-Instituts und der Deutschen Welle hat die Band Songs und Musikvideos für Deutschlernende entwickelt. In Wien hat sie ihr neues Album mit dem Titel „Krasses Zeug" vorgestellt.