Manuskript

Sumpfkrebse erobern Berlin

Mitten in der deutschen Hauptstadt haben Rote Amerikanische Sumpfkrebse einen neuen Lebensraum gefunden. Die in Deutschland bisher unbekannte Tierart vermehrt sich sehr schnell und bedroht dadurch andere Arten. Ein Berliner Fischer macht das Beste daraus: Er fängt die Krebse ein und liefert sie an Restaurantbesitzer. Die wiederum verkaufen sie ihren Gästen als Trendgericht.

SPRECHER:
Es ist ein ungewöhnlicher Anblick: Rote Amerikanische Sumpfkrebse bevölkern die Wege im Tiergarten - mitten in Berlin. Direkt am Brandenburger Tor beginnt der große Park. Wie genau die Krebse hierherkamen, ist unklar. Vermutlich stammen sie von Aquarienbewohnern ab, die jemand hier ausgesetzt hat. Seit 2018 sorgt Klaus Hidde dafür, dass die Sumpfkrebse in den Berliner Gewässern nicht überhandnehmen. Jedes Jahr zwischen Ende April und Anfang November bringt er seine Reusen aus.

KLAUS HIDDE (Fischer):
Wir sind in der absoluten Innenstadt von Berlin, und da ist Folgendes eingetreten: Da ist ungefähr vor vier oder fünf Jahren … sind die Krebse …  ist also aufgefallen, dass die Krebse sogar über die Wege hier gelaufen sind.

SPRECHER:
Seitdem sind die Sumpfkrebse zu einer wahren Plage geworden. Die Allesfresser vermehren sich rasant und bedrohen so andere Arten. Außerdem sind sie als Träger der Krebspest bekannt. Auch hier im Britzer Garten, im Süden Berlins, haben sie sich ausgebreitet.

KLAUS HIDDE:
Wir fangen in ’ner Woche im Tiergarten und Britzer Garten … fangen wir ungefähr 70 Kilo Krebse zusammen. Und 70 Kilo Krebse sind ungefähr 2.500 Krebse. Also, das ist schon ’ne ganze Menge.

SPRECHER:
Mit seinem Fang beliefert Klaus Hidde verschiedene Berliner Gastronomen wie das Restaurant „Fisch Frank“ im Westen der Stadt. Gekochte Sumpfkrebse stehen hier regelmäßig auf der Speisekarte.

OLAF PELZ (Restaurantbesitzer):
Die Krebse sind einfach sehr beliebt, weil sie neu sind. Die Leute kennen hier nur die Flusskrebse. Diese Sumpfkrebse sind ’n bisschen anders. Die schmecken vielleicht ’n klein bisschen süßlicher, nussiger. Und [das] ist interessant, das ging viel durch die Presse, und jeder möchte eigentlich mal diesen Krebs gegessen haben.

SPRECHER:
Die Sumpfkrebse werden in einem würzigen Sud gekocht. In das kochende Wasser kommen ein Lorbeerblatt, Salz, Kurkuma und Pfeffer, geraspelte Karotten und Koriander. Anschließend bleiben die Krebstiere für fünf Minuten im Topf.

OLAF PELZ:
So, dann nehmen wir den Krebs, und dem dreht man so ein bisschen den Schwanz raus, und dann kann man von der Unterseite den Panzer wegdrücken. Und dann haben Sie nur noch das Schwanzsegment - oder machen ihn eben ganz raus - und hat das reine Krebsfleisch, was man, was man dann essen kann, und in dem Fall ist das meins.

SPRECHER:
Die Krebse werden mit Salat, Baguette und Aioli serviert. Auch in der gehobenen Gastronomie sind die Sumpfkrebse angekommen, wie hier im „Mrs. Robinson's“ im Stadtteil Prenzlauer Berg. Inhaber Ben Zviel bereitet die Krebstiere mit Koji zu, einer Sauce aus fermentiertem Reis.

BEN ZVIEL (Restaurantbesitzer):
Wir verwenden hauptsächlich lokale Produkte aus biodynamischem und biologischem Anbau. Und Koji ist eine wirklich gute Basis, um diese Aromen aufzunehmen und ihnen eine weitere Dimension zu verleihen.

SPRECHER:
Doch zunächst werden die Sumpfkrebse gegrillt. Koji-Sauce, braune Butter und Zitrone geben dem Gericht eine besondere Note.

BEN ZVIEL:
Wir leben in einem Gebiet mit Süßwasserfischen, und es gibt nicht viele Krustentiere im Süßwasser. Die Sumpfkrebse sind eigentlich das einzige Schalentier, das man hier bekommt, das vielleicht an Garnelen oder Langusten erinnert.

SPRECHER:
Rote Amerikanische Sumpfkrebse in Berlin: eine Plage, die zur Delikatesse wurde.

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