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Was unser Gehirn über die Muttersprache verrät

In einer Studie wurden Menschen mit arabischer und deutscher Muttersprache untersucht. Dabei fand man heraus: Unsere Muttersprache beeinflusst unser Gehirn. Das Ergebnis könnte auch von medizinischer Bedeutung sein.

Die deutsche und die arabische Sprache unterscheiden sich stark. So kann man aus der Buchstabenfolge k-t-b im Arabischen ganz andere Wörter bilden – je nachdem, welche Vokale dazwischen eingefügt werden. So bedeutet „kitabun“ (كتاب) „Buch“, „katib“ (كاتب) dagegen „Schriftsteller“. In Gesprächen auf Arabisch muss man deshalb sehr genau auf die Wortbedeutungen achten. Wächst ein Kind jedoch mit Deutsch auf, lernt es vor allem die Satzstruktur zu analysieren, um Nebensätze und trennbare Verben zu erkennen – so wie in diesem Satz.

Ein Team des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig wollte wissen, ob diese Unterschiede auch in unserem Gehirn zu erkennen sind. Dafür untersuchten die Forscherinnen und Forscher 94 Personen, die entweder Deutsch oder Arabisch als Muttersprache sprechen. „Wir dachten, dass es unabhängig von der Sprache ist, wo sie im Gehirn verarbeitet wird“, sagt Alfred Anwander, einer der Forscher. Doch tatsächlich fanden sie deutliche Unterschiede.

Bei den Personen mit arabischer Muttersprache waren die Gehirnregionen stark verknüpft, die die Aussprache und Bedeutung von Wörtern verarbeiten. Im Gegensatz dazu fand man bei der Deutsch sprechenden Gruppe stärkere Verbindungen in dem Gehirnteil, der die Satzstruktur analysiert. „Das Ergebnis hat uns sehr überrascht, weil wir immer davon ausgegangen sind, dass Sprache universell ist“, so Anwander.

Diese Erkenntnisse könnten Menschen helfen, die nach Schlaganfällen an Sprachstörungen leiden. So kann man ihnen vielleicht bald eine Therapie anbieten, die zu ihrer Muttersprache passt. Und auch für das Lernen von Fremdsprachen könnte das neue Wissen irgendwann von Bedeutung sein. In Leipzig untersucht man bereits andere Sprachen und ihren Einfluss aufs Gehirn.

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