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Welche neuen Wörter Eingang in die deutsche Sprache finden

Das „Wort des Jahres“ 2023 lautet „Krisenmodus“. Wie treffend die Wahl war, zeigt sich auch bei Wörtern, die neu in die deutsche Sprache gelangen. Ein Leibniz-Institut sammelt Wortschöpfungen des Jahres.

Eine Frau zeigt auf die Großansicht einer Homepage. (Quelle: Annette Trabold/Leibniz-Institut für Deutsche Sprache/dpa/picture alliance)

Alle Jahre wieder schlägt sich der Zeitgeist in unserem Wortschatz nieder. Ab Ende Dezember macht sich dann Petra Storjohann ihren Reim darauf, welche neuen Wortschöpfungen es wert und wichtig sind, Eingang in das Neologismen-Wörterbuch zu finden. Dieses Online-Lexikon wird am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim Jahr für Jahr um 100 neue Wörter aktualisiert. „Politiker, Journalisten und Influencer sind die treibenden Kräfte für neue Wörter“, sagt Projektleiterin Storjohann. „Wobei dies in 2023 keine so kreativen Neuschöpfungen gewesen sind, sondern eher nüchterne Ausdrücke, welche sich auf die Krisen der Gegenwart beziehen.“

Viele neue Wortkombinationen

Die Wörter des Jahres 2023 zeigen: Die deutsche Sprache erweist sich als ideales Werkzeug, um immer wieder neue Wortkombinationen mit „-krise“ zu bilden. Die „Weizenkrise“ in Folge des Kriegs in der Ukraine ist relativ neuen Datums; auch die „Lieferkettenkrise“, mit „Halbleiterknappheit“ und „Chipmangel“. Die „Energiekrise“ dagegen hat schon länger Konjunktur. In ihrem Gefolge entstanden Begriffe wie „Gaspreisbremse“, „Gasumlage“ oder „Gasnotfallplan“. Angesichts des realen oder befürchteten Mangels an Energie muss „gedeckelt“ werden, ob in Form von „Gaspreisdeckel“, „Ölpreisdeckel“, „Strompreisdeckel“ oder allgemein als „Energiepreisdeckel“. Während der „Streckbetrieb“ nach Abschaltung der Atomkraftwerke wohl weniger gefragt sein dürfte.

IDS durchforstet Texte nach neuen Wörtern

Basis für all diese sprachlichen Beobachtungen am Mannheimer IDS ist die mit derzeit 55 Milliarden Wörtern weltweit größte elektronische Sammlung von deutschsprachigen Texten. Die stammen aus nahezu allen online verfügbaren Zeitungen, Zeitschriften und öffentlichen Publikationen. Ende Januar liegt das neue, gigantische Textpaket des vergangenen Jahres komplett zur Auswertung vor.

„Jedes Wort, das zuvor noch nie vorkam, wird von unserem Suchprogramm am IDS automatisch detektiert“, erläutert Storjohann. „Bis ein neues Wort im Wörterbuch ist, sollte es mindestens 50 Mal vorkommen, in verschiedenen Quellen, überregional und auch zeitlich gestreut belegt sein, also mindestens über einige Monate hinweg.“ Ein gutes Kriterium zur Aufnahme ist auch hohe Relevanz im aktuellen öffentlichen Diskurs. Soll heißen: „Wärmepumpen“ waren schon immer da, tauchen jetzt aber häufiger auf. Während „Deutschlandtempo“ und „Doppelwumms“ weiter unter Beobachtung bleiben, auch wenn diese Begriffe schon seit Ende 2022 im Umlauf sind.

„Scholzen“, „Klimakleber“ und „Panzer-Ringtausch“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist inzwischen sogar in Form eines Verbs aktiv. Wobei der Inhalt von „scholzen“ je nach politischem Standpunkt gefüllt werden mag, aus Storjohanns Sicht aber nicht zuletzt mit Stilfragen bei öffentlichen Auftritten zu tun hat. Bei Wortschöpfungen im Bereich Klimakrise schwingt häufig eine bestimmte Wertung mit: So reichen Bezeichnungen von „Klimakleber“ über „Klimachaoten“ und „Klimaterroristen“ bis hin zur „Klima-RAF“. Auffällig für Sprachwissenschaftlerin Storjohann ist auch die wachsende Zahl von Wörtern aus dem militärischen Bereich. Dem Angriff russischer Truppen auf die Ukraine sind fraglos Wörter wie „Kamikazedrohne“, „Himars-Raketenwerfer“ und „Panzer-Ringtausch“ geschuldet. Wenngleich die Zahl solcher „militärischen“ Neologismen weitaus geringer ausfällt als die Wortschöpfungen zu Zeiten der Corona-Krise. Da hat das IDS mehr als 2500 neue Begriffe verzeichnet von „Schnutenpulli“ oder „Maultäschle“ für FFP2-Masken bis hin zum „Babyelefanten“ als Maßstab für anderthalb Meter Sicherheitsabstand.

Jeder kann neue Wörter vorschlagen

Die Zahl an Neologismen in der deutschen Sprache wächst weiter. „Wir sind in Sachen neuer Wortschöpfungen nicht kreativer geworden“, sagt Storjohann allerdings. „Wir schöpfen nur die Wortbildungsmöglichkeiten und Muster aus. Und das sind nun mal die zahlreichen Wortzusammensetzungen im Deutschen.“ Im nächsten Jahr will das IDS mit einer ganz neuen, noch aufwendigeren Online-Version seines Neologismen-Wörterbuches aufwarten. Zudem nimmt das Institut auch Vorschläge für neue Wörter an, die Menschen gehört oder gelesen haben. Einreichen kann man sie zum Beispiel über die Seite owid.de im Internet.

dpa