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Wenn Parteien die Rolle der Presse übernehmen

Journalisten sind dafür bekannt, kritische Fragen zu stellen. Für Politiker kann das oft unangenehm werden. Viele Parteien versuchen jetzt, das zu umgehen: mit eigenen Nachrichtenabteilungen.

Angela Merkel wird zu ihren Erinnerungen an den Mauerfall im Jahr 1989 interviewt. Auf den ersten Blick keine ungewöhnliche Situation: Eine Politikerin beantwortet Fragen zu einem politischen Thema. Schaut man jedoch genau hin, wird klar: Die Fragen stellt Angela Merkels Partei-Kollege Ralf Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender der CDU. Immer häufiger kommt es vor, dass Politiker selbst die Rolle von Journalisten übernehmen.

Die Presse gilt neben der Exekutive, Judikative und Legislative als „vierte Gewalt“. Ihre Aufgabe ist die objektive Berichterstattung über diese drei Staatsgewalten und auch über diejenigen, die ihre eigenen politischen Interessen verfolgen, wie zum Beispiel Parteien. Nun haben immer mehr Parteien „Newsrooms“ – Nachrichtenabteilungen, die eigene journalistische Inhalte produzieren.

Experten nennen dieses Vorgehen „Message Control“, die Kontrolle der Nachrichten. Frank Überall, vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), warnt, „Newsroom“ sei ein „Euphemismus“, denn „News“ werden hier mit Nachrichten verglichen, „aber eine Partei kann keine journalistische Nachricht machen.“ Eine Partei hat nicht das Ziel, ausgewogen zu berichten, sondern möchte ihre eigenen Interessen verbreiten, so Überall.

Die populistische AfD hatte als eine der ersten Parteien eine eigene Nachrichtenabteilung. Von der klassischen Presse fühlt sich die Partei nicht richtig dargestellt. Besonders über Social Media wird so ein Publikum erreicht, das keine Zeitung liest und kein Fernsehen schaut. Der DJV versucht diesen Trend nun öffentlich zur Debatte zu bringen. Schließlich kann dies, so Frank Überall, „kontraproduktiv für die Demokratie“ werden.

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