Manuskript

Wertvolle Schätze unter dem Eis

Die Eisschicht in Grönland wird immer dünner und die kostbaren Bodenschätze, die darunterliegen, greifbarer. Immer mehr ausländische Investoren möchten diese nun fördern. Aber die Einheimischen sind der Meinung, dass die Bodenschätze Grönlands der lokalen Bevölkerung gehören. Und sie kämpfen dafür, dass es so bleibt. Ilannguaq Olsen fordert eine öffentliche Diskussion über die umweltfreundliche und nachhaltige Nutzung der Bodenschätze seiner Insel. 

SPRECHER:
Grönlands atemberaubende Landschaften. Doch die eigentlichen Schätze dieser unendlich großen Insel liegen für viele unter Eis und Schnee. Edelsteine wie der rote Tugtupit zum Beispiel; Ilannguaq Olsen würde gerne mit diesem Reichtum seiner Heimat Geld verdienen – als erster Grönländer mit einer eigenen kleinen Mine.

ILANNGUAQ OLSEN (Unternehmer):
Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, einen Schatz auszugraben. Als ich dann hörte, dass in Süd-Grönland Uran abgebaut werden sollte, wollte ich zeigen, dass es umweltfreundlichere Bodenschätze gibt, zum Beispiel solche Edelsteine.

SPRECHER:
Ob Uran, Seltene Erden oder Gold: Angelockt vom schmelzenden Eis wollen immer mehr ausländische Investoren von der autonomen Regierung der Insel Minenlizenzen. Einheimische Inuit wie Olsen ärgert, dass die Bodenschätze Grönlands bislang nur von Ausländern ausgebeutet werden.

ILANNGUAQ OLSEN:
Mit der Vergabe der ersten großen Minenlizenzen 2009 ging es los. Dabei gibt es bis heute in Grönland keine öffentliche Debatte darüber, was wir eigentlich und vor allem wie wir es aus dem Boden holen sollen!

SPRECHER:
Die vielen Neubauten in der Hauptstadt Nuuk können nicht darüber hinwegtäuschen: Fast jeder fünfte Grönländer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Unternehmer Olsen will darum, dass die Gewinne aus den Bodenschätzen im Land bleiben. Und das meinen auch viele seiner Landsleute:

FRAU:
Wir sollten von unseren Bodenschätzen profitieren. Es ist doch unser Land.

MANN:
Der Profit sollte uns gehören. Das machen andere Länder doch genauso.

SPRECHER:
So wie hier vor zwei Jahren gehen Grönländer immer wieder auf die Straße – gegen die Ausbeutung der grönländischen Bodenschätze durch Großkonzerne. Doch für den zuständigen Minister gibt es keine Alternative zu den großen Investoren aus China, Australien oder den USA. 

VITTUS OUJAUKITSOQ (Minister für Bodenschätze Grönland):
 Ein Unternehmen muss über die notwendige Erfahrung und das Wissen verfügen, um mit einer schwierigen Natur wie in Grönland zurechtzukommen. Und es muss auch das notwendige Kapitalhaben, um unsere Vorgaben erfüllen zu können.

SPRECHER:
Diese Haltung der Regierung verbittert Ilannguaq Olsen. Zuhause entdeckt er auf der Karte des Ministeriums, dass multinationalen Konzernen erneut Gebiete für Erkundungen zugesprochen worden sind. 

ILANNGUAQ OLSEN:
 Wie sollen wir gegen die ankommen? Wir haben einfach nicht die Mittel und das Geld, um solche großen Minen zu betreiben.

SPRECHER:
Doch auch um ihrer beiden Kinder willen wollen Olsen und seine Frau nicht aufgeben. Die Frage der Bodenschätze sei schließlich wichtig für die Zukunft Grönlands. Denn irgendwann einmal soll Grönland unabhängig sein.

EVA OLSEN:
 Unsere Kinder sollen es einfacher haben als wir. Sie sollen in ihrem Land selbstbestimmt leben, selbst darüber entscheiden, was mit den Bodenschätzen und allem anderem passiert. Ich wünsche mir, dass sie später in einer Gesellschaft leben, in der sie glücklich sein können.

SPRECHER:
Auf dem Weg zur eigenen kleinen Mine will Olsen nicht nachlassen. Mit einer Lizenz in der Tasche, hofft er, spätestens im nächsten Jahr loslegen zu können. Wir Inuit müssen uns mehr zutrauen, sagt er:

ILANNGUAQ OLSEN:
Weil wir so lange kolonialisiert worden sind, herrscht vor allem bei der älteren Generation immer noch die Haltung vor: Lasst die Regierungen nur machen.

SPRECHER:
Olsen will das ändern – und selbst von den Reichtümern seines Landes profitieren. Wenn auch nicht um jeden Preis: Denn wenn zum Klimawandel der Raubbau kommt, das weiß auch er, könnte von Grönlands atemberaubender Schönheit irgendwann nicht mehr viel übrig bleiben.