Manuskript

Wie Micky Maus nach Deutschland kam

Kinder und Jugendliche lieben Micky-Maus-Hefte. Aber auch Erwachsene lesen die Comics gern. Das war nicht immer so. Als 1951 das erste deutsche Heft veröffentlicht wurde, reagierten viele Menschen ablehnend.

Deutschland im Jahr 1951: Sechs Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Städte zerstört, es gibt nicht genug Wohnungen, Lebensmittel und Geld. Kaum jemand denkt an Spiel und Unterhaltung. Genau zu dieser Zeit veröffentlicht der Ehapa-Verlag das erste deutsche Micky-Maus-Heft. Schon während des Krieges haben Comics den US-Soldaten geholfen, die Welt um sich herum für einige Zeit zu vergessen. Nun sollen sie ein bisschen Spaß in das Leben deutscher Kinder und Jugendlicher bringen.

Der erste Versuch ist ein Misserfolg: Von 300.000 Heften wird weniger als die Hälfte verkauft. Comics haben einen schlechten Ruf. Sie gelten als Teil der amerikanischen Kultur, die damals von vielen Menschen in Deutschland abgelehnt wird. Sie denken, dass Comics dumm machen, und manche halten sie sogar für Teufelszeug.

Dass die Micky-Maus-Hefte in den folgenden Jahren trotzdem Erfolg haben, liegt zum großen Teil an Erika Fuchs. Sie übersetzt die englischen Texte sehr frei, überlegt sich neue Namen für Orte und Personen, bevölkert Entenhausen mitTick, Trick und Track, Daniel Düsentrieb und anderen. Sie erfindet sogar eine neue Grammatikform: Verkürzungen der Verben wie „Seufz“ oder „Grübel“ gab es in der deutschen Sprache vorher nicht. Ihr zu Ehren wird diese Form heute auch „Erikativ“ genannt.

Auch 70 Jahre später werden die Micky-Maus-Hefte immer wieder an den Zeitgeist angepasst: Minnie Maus macht Karriere, während Tick, Trick und Track sich Videos auf DuTube anschauen. Und in alten Heften wurden Texte geändert, die diskriminierende Sprache enthielten. Manche fordern, dass die Texte so bleiben sollen, wie Erika Fuchs sie übersetzt hat. Marko Andric, der heute als Chefredakteur für die Micky-Maus-Hefte verantwortlich ist, findet die Änderungen aber richtig, denn: „Im Vordergrund der Comics steht weiterhin der Spaß. (...) Aber eben Spaß für alle und nicht auf Kosten von anderen.“