Wie Wintersport nachhaltig werden soll
Nachhaltigkeit liegt im Trend. Deswegen versuchen immer mehr Skiorte in den Alpen, das Umweltgewissen ihrer Besucher zu beruhigen. Aber können Skigebiete mit Schneekanonen wirklich nachhaltig sein? Der Schweizer Urlaubsort Laax gibt sein Bestes – kritisiert wird er trotzdem.
SPRECHER:
Der Schweizer Urlaubsort Laax in einem der größten Skigebiete Europas will der erste CO2-neutrale Wintersportort in den Alpen werden. Zum Beispiel mit Strom aus Wind-, Wasser- und Sonnenkraft. Durch GPS-Steuerung verbrauchen Schneekanonen weniger Wasser und Energie, Pistenraupen mit Hybridmotoren schonen die Ressourcen.
SKI-FAHRER 1:
Wir finden es sehr wichtig, uns um die Umwelt zu kümmern. Denn wir möchten, dass unsere Enkel hier auch Ski fahren können. Wir müssen alles daran setzen, dass der Planet und ein Paradies wie dieses nicht zerstört werden.
SKI-FAHRER 2:
Wir müssen versuchen, unser Leben zu ändern und das, was wir tun. Und wenn Laax Schritte unternimmt - das ist großartig.
SPRECHER:
Doch nicht alle sehen das so rosig. Barbara Wülser von der internationalen Alpenschutzkommission (CIPRA) steht auch dem Wintersport in Laax kritisch gegenüber.
BARBARA WÜLSER (Mitglied von CIPRA):
Verregneter Kunstschnee - ist es das, was die Leute suchen hier, auf über 1.100 Metern? Der Wintersport hat vor allem Auswirkungen auf die Landschaft mit ihrer ganzen Infrastruktur, vom Lärm, von den Emissionen. Und mit dem enormen Strom und Energieverbrauch des Kunstschnees kommen da noch weitere Faktoren hinzu, die der Natur schaden, die der Biodiversität schaden und eigentlich das zerstören, was die Leute hier in den Alpen suchen: nämlich Natur, Landschaft, Erholung.
SPRECHER:
Für nachhaltige Erholung sollen in Laax Hotelgebäude sorgen, die mit Werkstoffen aus der Region energieeffizient gebaut worden sind. Eine Skistadt, in der man essen, feiern und schlafen kann. Wie auch im "Riders Hotel", das seinen Gästen ein ganzheitliches Bewusstsein vermitteln will. Die reduzierte Einrichtung soll ein Symbol gegen die Wegwerfgesellschaft sein.
ROGER HEID (Direktor des Riders Hotels):
Wir haben zum Beispiel hier die Stühle, die „Horgenglarus“-Stühle aus Glarus. Ein sehr nachhaltiges Produkt, auch die verlieren den Wert nie, weil die gehen nie kaputt. Oder die kann man reparieren, da bekommen wir Teile.
SPRECHER:
Das Foyer wird von Vintage-Möbeln dominiert. Und im Restaurant kommen ausschließlich vegetarische Gerichte auf den Tisch. Küchenchef Pascal Bertschinger reduziert auch beim Kochen CO2, denn der Strom des Hotels wird aus Wasserkraft und Sonnenenergie erzeugt. Dennoch: Barbara Wülser sind diese Neubauten inmitten der Alpen ein Dorn im Auge.
BARBARA WÜLSER:
Für das geben die Leute Tausende von Franken aus…? Ich denke, das Wichtigste ist, dass man die natürlichen Gegebenheiten respektiert. Dass man die Identifikation behält zu dem Lebensraum, den wir hier haben, dass man das sieht, was wir hier haben, und das auch erfahren kann.
SPRECHER:
So wie in Tenna im Safiental, etwa 30 Kilometer von Laax entfernt. In dem kleinen Dorf mit rund 100 Einwohnern werden schlichte Fremdenzimmer für Touristen vermietet. Es gibt einen Schlepplift im Ort, und der wird mit Solarstrom betrieben. Edi Schaufelberger ist einer der Bewohner von Tenna, die sich hier für einen sanften Tourismus engagieren.
EDI SCHAUFELBERGER (Mitglied der Genossenschaft Solar-Skilift Tenna):
Wir fahren jetzt am Solarskilift Tenna, weltweit dem ersten, und lassen uns mit Solarenergie den Berg hochziehen. Wir sind, so gut es uns gelingt, authentisch. Wir geben das, was wir hier haben und wie wir das ganze Jahr eigentlich hier leben.
SPRECHER:
In den kleinen Ort Tenna kommen die Touristen meist mit dem Bus anstatt
mit dem eigenen Auto - entscheidend für den CO2-Abdruck. Doch die große Masse der Skifahrer kann natürlich nicht in Orte wie Tenna ausweichen. Auch die großen Wintersportzentren müssen handeln.
BARBARA WÜLSER:
Dass man versucht, eben mit kleinen Initiativen, das zu verbessern, was da ist. Laax kann vielleicht ein Vorbild sein, und es ist auch ein Beitrag, vielleicht ein kleiner, einer nachhaltigen Entwicklung. Letztlich ist es natürlich auch eine Inszenierung, weil heute ist Nachhaltigkeit auch ein Lifestyle, und den will man bedienen - dieses Bedürfnis der Gäste.
ROGER HEID:
Wir denken an die ganz junge Generation schon, die jetzt demonstrieren usw., die irgendwann dann hier auch in die Ferien kommen.
SPRECHER:
Skifahren mit gutem Gewissen? Laax tut zumindest einiges, damit umweltbewusste Skifahrer den Wintersport nicht komplett aufgeben müssen.