Keine Einzelfälle: Ausbeutung von Au-pairs
Viele junge Menschen kommen als Au-pair nach Deutschland, um in einer Familie zu leben, Deutsch zu lernen und sich um die Kinder zu kümmern. Doch oft werden sie schlecht behandelt und müssen mehr arbeiten als erlaubt.
Man lebt in einer netten Familie, betreut die Kinder und lernt nebenbei Deutsch, kann danach vielleicht sogar zum Studium bleiben: Das ist die Vorstellung, die viele mit einem Au-pair-Jahr in Deutschland verbinden. Doch manchmal sieht die Wirklichkeit ganz anders aus – wie zum Beispiel bei Ana da Silva. „Ich war in fünf Familien, eine schlimmer als die andere“, erzählt die junge Brasilianerin, die eigentlich anders heißt.
Pro Jahr kommen ungefähr 14.000 Au-pairs nach Deutschland. Laut den üblichen Verträgen dürfen sie nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten, haben Anspruch auf ein Taschengeld und sollen hauptsächlich Kinder betreuen. Doch Ana wurde vor allem als Putzhilfe eingesetzt. Sie bekam wenig zu essen, abends manchmal nur ein Stück Brot. Als sie sich beschwerte, drohte man ihr damit, sie aus dem Haus zu werfen. Fotos und Textnachrichten aus dieser Zeit belegen Anas Vorwürfe.
Wie andere Au-pairs hat Ana eine Vermittlungsagentur genutzt, um ihre Gastfamilien zu finden. Zu den Vorwürfen schreibt die Agentur, dass das Verhalten der Gastfamilien „eindeutig inakzeptabel“ ist und auch gegen die geltenden Regeln in der Branche verstößt. Man betont dort allerdings auch, dass viele Au-pair-Aufenthalte erfolgreich und ohne Ausbeutung verlaufen.
Susanne Flegel, die selbst Agenturchefin ist, sieht das kritischer. Seit Jahren kümmert sie sich um ausgebeutete Au-pairs – und kann viele Geschichten erzählen: von nicht bezahltem Lohn, vielen Überstunden und sogar sexueller Nötigung. „Es gab eine Zeit, da haben wir täglich mehrere Anrufe gehabt“, sagt sie. Flegel stört, dass die Politik bei diesem Problem oft von Einzelfällen spricht. Dabei werden die Fälle von Ausbeutung in der Au-pair-Branche offiziell gar nicht erfasst. Flegel will, dass sich das ändert – und Gastfamilien in Zukunft stärker kontrolliert werden.
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