Überwachung von chinesischen Auslandsstudierenden
China hat großen Einfluss auf seine Bürger – auch über die Grenzen hinaus. Studierende, die im Ausland für Demokratie demonstrieren, werden beobachtet und bedroht. Auch auf ihre Familien wird Druck ausgeübt.
Rowan hatte niemandem gesagt, wie sie hieß oder wohin sie ging. Die Chinesin, deren echter Name und Wohnort hier zu ihrer Sicherheit geheim bleiben, studiert im Ausland. Dort nahm sie an einer Veranstaltung zum Gedenken an das Tiananmen-Massaker vom 4. Juni 1989 teil. Es dauerte nur wenige Stunden, bis sich ihr Vater aus China bei ihr meldete. Staatliche Sicherheitsbeamte hätten ihm gesagt, dass er Rowan von ihrem Engagement abhalten soll.
Viele der rund 900.000 chinesischen Auslandsstudierenden erleben aktuell ähnliche Dinge, so die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. In Peking will man das Ansehen des Einparteienstaats schützen – und kritische Demonstrationen auch im Ausland verhindern. Besonders deutlich wird das vor Ereignissen wie dem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Paris. Chinesische Studierende berichten: Wer Demonstrationen organisieren will, wird gezielt bedroht.
Laut Theresa Bergmann von Amnesty International Deutschland übt der Staat auch Druck auf die Familien in China aus: „Es wird zum Beispiel damit gedroht, Pässe einzuziehen, Arbeitsstellen zu kündigen, Renten zu kürzen oder Bildungsmöglichkeiten einzuschränken.“ Ein weiteres Mittel zur Überwachung scheint die App WeChat zu sein, die die Daten von Nutzerinnen und Nutzern an die Regierung in Peking weitergibt. Doch wer sich aus dem Ausland bei seiner Familie in China melden möchte, ist auf solche Apps angewiesen – andere sind oft nicht erlaubt.
Für Studierende ist der staatliche Druck besonders gefährlich, so Bergmann – denn sie dürfen in der Regel nur vorübergehend an ihrem Studienort bleiben und sind finanziell abhängig. Trotzdem sprechen nun 32 Studierende aus acht europäischen und nordamerikanischen Studienländern in einem Bericht von Amnesty International über die Überwachung. Ihre Aussagen sind sehr ähnlich. Doch die chinesischen Behörden schweigen bisher zu den Vorwürfen oder dementieren sie.