Als Kapitän im Büro
Vom Lkw aufs Schiff: Das ist eine der Strategien, um Waren klimafreundlicher zu transportieren. Doch auch in der Schifffahrt herrscht Personalmangel. Als Kapitän oder Kapitänin tage- oder wochenlang auf einem Schiff zu fahren, ist für viele nicht mehr attraktiv. Ein Unternehmen aus Belgien hat nun eine spezielle Technik entwickelt, mit der Schiffe auch vom Büro aus gesteuert werden können.
SPRECHER:
Der Kapitän dieses Schiffes ist 130 Kilometer entfernt. An Bord ist kein Mensch mehr. Durch diese Kameras beobachtet er die Fahrt. Kapitän Bram Van der Linden sitzt im Büro in Antwerpen und lenkt das Schiff an seinem PC.
BRAM VAN DER LINDEN (Kapitän Seafar):
Es ist fast genauso wie auf dem Schiff. Es gibt kleine Unterschiede, aber mit dem System kann man den Motor hören. Die kleinen Dinge, die wir hören können, machen deutlich, dass wir auf dem Schiff sind.
SPRECHER:
Der Kapitän kann hier bis zu drei Transporter gleichzeitig fahren. Das belgische Startup Seafar hat die Technologie entwickelt, weil es zu wenige Kapitäne gibt. Das Problem wird immer größer, denn mehr Güter sollen von der Straße auf klimafreundlichere Binnenschiffe verlagert werden.
JANIS BARGSTEN (CCO Seafar):
Das bedeutet aber auch im gleichen Zuge, dass wir dafür Personen und Besatzungen an Bord brauchen dieser Schiffe, und diese sind, wenn wir uns heute die Realität angucken, eben sehr schwer zu bekommen. Und heute [ist es] allein schon eben ein großes Problem für viele Reedereien, die Schiffe zu betreiben.
SPRECHER:
Deshalb hat auch dieser Unternehmer drei seiner Schiffe mit Seafar-Technologie ausgestattet. Seine Firma transportiert in Belgien Erde, Sand und Steine, und das möglichst umweltfreundlich.
IGOR PASHKIN (Group de Cloedt):
Ein einziger Lkw verursacht Umweltverschmutzung. Es ist zwar ein einfacher Weg, um von A nach B zu kommen, aber die Abgase pro Tonne sind ziemlich hoch. Und so kommt es zu dem Fakt, dass ein Binnenschiff 17 Lastwagen voll Erde transportieren kann und ein größeres das Doppelte.
SPRECHER:
Auch in Deutschland wollen Logistiker Seafar-Technologie einsetzen. Dieses Unternehmen lässt bereits fünf Schiffe damit ausrüsten. Der Logistiker hofft, dass der Beruf des Kapitäns auf diese Weise auch attraktiver wird.
MARIA SCHIPPERS (HGK Shipping):
Wir möchten uns einfach zukunftsfähig aufstellen und unseren Mitarbeitern und auch zukünftigen Mitarbeitern ein modernes Berufsbild schaffen, was nicht nur festgelegt ist auf einen Aufenthalt komplett an Bord, sondern möchten ihnen auch die Möglichkeit geben, dieses Berufsbild hier an Land ausüben zu können, ‘ne ganz andere Work-Life-Balance dadurch auch zu schaffen.
SPRECHER:
Tatsächlich ist deshalb auch Bram Van der Linden vom Schiff ins Büro gewechselt.
BRAM VAN DER LINDEN:
Der Grund dafür ist, dass ich eine Familie gegründet habe. Ich habe ein Kind und vermisste es. Und diese Art von Arbeit erlaubt es mir, immer noch als Kapitän zu arbeiten und gleichzeitig zu Hause zu sein.
SPRECHER:
Noch aber darf in Deutschland die Technologie nicht eingesetzt werden. Die Genehmigung ist noch nicht da, die Unternehmen hoffen aber, bald mit ersten Tests beginnen zu dürfen.