Manuskript

Auf den Spuren der Berliner Mauer

Touristen, die Berlin besuchen, wollen natürlich auch die Berliner Mauer sehen – oder genauer gesagt: das, was von ihr übrig ist. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn nur kleine Teile der Mauer stehen noch. An einigen Stellen findet man aber Markierungen, die zeigen, wo die Mauer früher einmal war. Wer mehr wissen will, muss Einheimische fragen oder eine geführte Tour buchen.

REPORTER:
Wo ist denn die Mauer? Wer Glück hat, entdeckt das Metallband, das ihren früheren Verlauf markiert. Aber die Mauer selbst? Wer von den vielen Berlin-Touristen findet die auf Anhieb?

TOURISTIN 1:
Nein, ich nicht. Ist sie da hinten? Dann werd ich da mal schauen.

TOURIST 1:
Weiß ich nicht. Das Brandenburger Tor? Nein, da gibt’s was anderes noch ... Weiß ich jetzt nicht.

REPORTER:
Beiderseits der ehemaligen Grenze ist die Stadt gewachsen – zusammengewachsen. Nur alteingesessene Berliner wissen, wo sie war.

REPORTER:
Wo ist die Mauer?

MANN:
Etwa hinter ihnen.

REPORTER:
Hinter mir?

MANN:
Ja.

REPORTER:
Aber da ist ja nichts.

MANN:
Da haben Sie Pech gehabt, aber da war sie mal.

REPORTER:
Und da ist sie doch noch: wenigstens ein paar Meter Mauer, mitten in Berlin, original oder künstlich nachempfunden als Eiserner Vorhang. Den Beton, der die Welt teilte, einmal anfassen – für Touristen wie diesen Kalifornier ein echtes Erlebnis.

TOURIST 2:
Ich hatte sie mir größer vorgestellt. Andererseits ist sie extrem solide, und ich wundere mich, dass sie immer noch da ist.

REPORTER:
Die übriggebliebene Mauer ist ein Touristen-Hotspot. Täglich gibt es geführte Touren.

ANDREAS HOFFMANN (Mauer-Guide):
Hier kontrollierten Grenztruppen. Am Ende, 1989, waren es 12.000 Mann. Und Wachtürme gab es alle 200 bis 400 Meter.

REPORTER:
Und der eine, der noch steht, ist ein beliebtes Fotomotiv. Ansonsten müssen die Touristenführer eben viel erzählen – von früher, über einen Teil der Stadt, den es nicht mehr gibt.

ANDREAS HOFFMANN (Mauer-Guide):
Also, Spuren findet man ja dann doch noch hier. Das heißt, man kann auch hier noch ganz gut zeigen, wie die Stadt sich verändert hat, was das für Menschen bedeutet, die hier gelebt haben.

REPORTER:
Berlin-Neulinge sind ohne Guide häufig als vergebliche Mauer-Sucher unterwegs.

TOURISTIN 2:
Keine Ahnung, wir sind gerade angekommen. Da hinten ist eine Mauer, aber ich glaub nicht, dass das die Mauer ist.

REPORTER:
Doch, auch diese Graffiti-Wand war einst Teil des sogenannten antifaschistischen Schutzwalls. Allerdings: Von den einstmals 160 Mauer-Kilometern sind 150 verschwunden – eine Grenze weniger.