Das Geschäft mit unseren Daten
Egal ob in sozialen Netzwerken, beim Online-Shopping oder auf anderen Internetseiten, wir hinterlassen unsere Spuren im Netz. Mit unseren persönlichen Daten machen andere Gewinn, indem sie die Daten verkaufen. In der EU gibt es allerdings ein Gesetzt, nach dem die User Eigentümer ihrer Daten bleiben. Aber sollten dann nicht auch die User einen Teil des Geldes bekommen? Ein deutsch-amerikanisches Unternehmen hat ein Geschäftsmodell entwickelt, bei dem die User einen Anteil des Geldes bekommen, wenn ihre Daten verkauft werden.
SPRECHER:
Facebook und Google haben leichtes Spiel: Wer auf den Plattformen Daten hinterlässt, der gibt freiwillig Informationen preis. Die Unternehmen können sie nutzen und mit ihrer Hilfe Werbung generieren – doch gehören ihnen deshalb die Daten? Zumindest in der EU gibt es ein neues Gesetz: Eigentümer bleiben die User. Doch müssten die dann nicht auch mitverdienen? Das deutsch-amerikanische Start-up Datawallet hat dafür ein Geschäftsmodell entwickelt. Die User bekommen einen Anteil, wenn ihre Daten verkauft werden.
SERAFIN LION ENGEL (Mitgründer Datawallet):
Wenn wir in fünf bis zehn Jahren zurückblicken, wird uns das heute vorkommen wie das finstere Mittelalter der Daten, als wir keinerlei Kontrolle hatten und im Grunde jeder unsere Daten beanspruchen konnte und wir keinen Einfluss darauf hatten. In Zukunft werden Daten eines der wichtigsten Güter für Menschen sein und auch eine Einnahmequelle, von der sie leben können.
SPRECHER:
Außerhalb der EU gelten weniger strenge Datenschutzgesetze, zum Beispiel in den USA. In vielen Ländern gibt es überhaupt keine Regelungen. Datawallet will Daten bündeln und die User selbst entscheiden lassen, wer sie nutzen darf. Denn die Datenmenge ist riesig.
Soziale Netzwerke sammeln Kommentare, Statusmeldungen, Likes – und sie können daraus Emotionen ablesen. Informationen kommen auch aus hochgeladenen Fotos. Online-Shops sammeln Informationen über unsere Einkaufsvorlieben und unseren Lebensstil. Wer sich bei Partnerbörsen oder Online-Foren anmeldet, gibt seine Einstellungen preis. Wer Rabattkarten nutzt, teilt mit, wie viel Geld er ausgibt.
Doch richtig lukrativ wird es erst, wenn die Datenflut aufbereitet wird. Das übernehmen sogenannte Daten-Broker. Sie kaufen die Daten auf und versuchen mit Hilfe von Big-Data-Analysen, Zusammenhänge herzustellen. Daraus entsteht eine Art digitaler Steckbrief.
KARSTEN NOHL (Berater für IT-Sicherheit):
So ein Profil beschreibt einen Menschen, beschreibt Ängste, beschreibt Bedürfnisse, beschreibt vielleicht eine finanzielle Lage, um entsprechend Werbung auch auf den Geldbeutel zugeschnitten schalten zu können; beschreibt uns so gut, wie es selbst unsere besten Freunde kaum könnten.
SPRECHER:
Karsten Nohl ist Spezialist für Datensicherheit. Seine Firma berät Unternehmen. Den globalen Datenhandel sieht er kritisch. Denn es ist ein Milliardengeschäft – allerdings nur für wenige.
KARSTEN NOHL:
Google allein als eine Firma verdient im Jahr über 100 Milliarden Dollar mit geschalteter Werbung. Diese 100 Milliarden Dollar müssen natürlich irgendwo wieder reingeholt werden durch Produkte, die dann auf Basis dieser Werbung geschaltet [gekauft] werden. Das heißt, eine einzelne Firma verdient an jedem Nutzer hunderte bis tausende Dollar pro Jahr.
SPRECHER:
Datawallet dreht nun den Spieß um. Über die Webseite der Firma können die User ihre Daten selbst verwalten und bekommen einen Anteil beim Verkauf ihrer Daten. Noch ist Datawallet zu klein, um Facebook oder Google gefährlich zu werden. Dass die Giganten Daten sammeln, können sie nicht verhindern, doch sie wollen Fairness.
SERAFIN LION ENGEL:
Im Grunde bieten wir den Leuten an, all ihre Daten, die sie im Internet erzeugt haben auf sämtlichen Plattformen, die sie nutzen, in ein Profil zu speichern und sie dann mit den Firmen zu teilen, die sie gut finden. Wer ein Datenprofil bei uns hat, kann es an eine Firma oder auch an fünfzig verkaufen.
SPRECHER:
Was Datawallet vorhat, ist visionär – ein Eigentumsrecht an den eigenen Daten und die Möglichkeit, an ihnen mitzuverdienen.