Der teure Traum vom eigenen Heim
Ob in Deutschland, Indien, oder den Vereinigten Staaten: Egal wohin man schaut, Wohnraum wird immer teurer. Das gilt sowohl für Miets- als auch für Eigentumswohnungen. Vor allem die Tatsache, dass immer mehr Menschen in Städten leben möchten, sorgt für einen ständigen Preisanstieg. Außerdem fehlt es vielerorts an neuen Wohnungen, um die hohe Nachfrage zu decken. Trotzdem bleiben die eigenen vier Wände für viele Menschen ein großer Traum.
SPRECHER:
Knapper Wohnraum ist ein weltweites Problem. Und die Wohnungen werden immer teurer, vor allem in den Städten. Aber warum haben so viele Länder mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen?
MICHAEL NEUMANN (Vorstandsvorsitzender Baufinanzierung Dr. Klein):
Wir haben einen enormen Zuzug nach Deutschland. Also, die Einwohnerzahl ist gestiegen von ungefähr 80 auf über 84 Millionen.
SELMA HEPP (Chefökonomin Immobiliendaten-Service CoreLogic):
Im US-amerikanischen Wohnungsmarkt haben wir ein Angebotsdefizit, wir haben nicht genügend neue Wohnungen gebaut.
PRASHANT THAKUR (Forschungsleiter Immobiliengesellschaft Anarock):
Wir haben immer noch einen Bedarf von fast zwei Millionen neuen Wohnungen allein in Großstädten.
SPRECHER:
Auf der Suche nach Arbeit ziehen Menschen in die Städte. Das gilt vor allem für Industrieländer wie Deutschland oder die USA. Dort leben bereits 83 Prozent der Bevölkerung in Städten, in Deutschland sind es fast 78 Prozent. Indien hingegen ist noch wenig urbanisiert. Hier sind es nur etwas über 37 Prozent. Dabei steigt die Anzahl der Menschen, die in Städten leben, weiter an. Dieser Trend treibt die Immobilienpreise weltweit nach oben, sei es für Miete oder Kauf. Im Verhältnis zum Haushaltseinkommen steigen die Kosten für Immobilien sogar überproportional. Aber es gibt Länderunterschiede: Bis 2015 verzeichnete Indien den höchsten Anstieg, danach zogen die Preise auch in den USA und Deutschland an.
PRASHANT THAKUR:
Indien ist immer noch eine wachsende Volkswirtschaft und es gibt kulturell bedingt eine Neigung, in eigene Immobilien zu investieren.
SPRECHER:
Auch in den USA besteht noch immer der Traum vom eigenen Heim. Doch für junge Menschen wird dieser immer schwerer erreichbar.
SELMA HEPP:
In diesen teuren Märkten dauert es mehr als zehn, manchmal sogar 20 Jahre, um genug für eine Anzahlung zu sparen. Das kann wirklich sehr herausfordernd sein.
SPRECHER:
2007 platzte in den USA die Immobilienblase und löste eine weltweite Finanzkrise aus. Seitdem müssen Immobilienkäufer 20 Prozent Eigenkapital mitbringen, auch in Deutschland die größte Hürde.
MICHAEL NEUMANN:
Die größere Herausforderung für viele ist tatsächlich, das nötige Eigenkapital aufzubringen. Das ist in Deutschland … auch im Vergleich zu anderen Ländern ist dieser Anteil sehr hoch. Da sind wir leider … auch da sind wir Spitzenreiter, was die Kosten anbetrifft, in Europa.
SELMA HEPP:
Manche haben das Glück, dass die Eltern ihnen beim Kauf eines Eigenheims helfen können. Aber für andere dauert es sehr lange, um eine Anzahlung anzusparen.
SPRECHER:
Dann vielleicht doch lieber mieten, statt zu kaufen?
In Indien wohnen nur 13,6 Prozent der Bevölkerung zur Miete, in den USA sind es rund ein Drittel und in Deutschland über 50 Prozent.
SELMA HEPP:
Im Moment ist es günstiger zu mieten. Viele Faktoren, einschließlich hoher Hypothekenzinsen, machen den Kauf teurer als das Mieten. Für junge Haushalte ist es derzeit einfacher, günstigen Mietraum zu finden, als ein Haus zu kaufen.
SPRECHER:
In Deutschland genießen Mieter besonders viel Schutz, auch das macht Mietwohnungen so beliebt.
MICHAEL NEUMANN:
Dann haben wir natürlich einen stark regulierten Mietmarkt, der auf der einen Seite Mieten natürlich künstlich über viele Jahre niedrig gehalten hat, der im Verhältnis zum Eigentumserwerb das Mieten auch günstiger gemacht hat.
SPRECHER:
Aber auch in Deutschland steigen die Preise für Mietwohnungen, besonders in Städten, wo es an Neubauflächen mangelt und Investoren von Vorschriften abgeschreckt werden. Dennoch kann sich Mieten lohnen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Indien.
PRASHANT THAKUR:
Wenn Sie eine Karriere beginnen, ist es ratsam zu mieten, da Sie sich ja noch nicht beruflich festgelegt haben. Sie erkunden noch, wo Sie sich niederlassen möchten, und auch Ihre beruflichen Möglichkeiten. In diesem Karrierestadium ist es nicht ratsam, Ihr Kapital in einem Vermögenswert zu binden, der nicht liquide und ortsgebunden ist.
SPRECHER:
Weltweit ist eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt nicht in Sicht.
Und überall gilt: Erst wenn mehr Wohnungen gebaut werden, werden auch die Preise sinken.