Wort der Woche

Die Leichenbittermiene

Kam einem früher jemand mit einer Leichenbittermiene entgegen, hieß das nichts Gutes. Setzt heutzutage jemand eine Leichenbittermiene auf, ist die Sache meist halb so schlimm.

Viele Deutschlernende dürften sich hier einig sein: Das Wort „Leichenbittermiene“ wurde erfunden, um sie zu ärgern. Schon allein beim Anblick dieses langen, schwierigen Worts hat man, ehe man sich’s versieht, selbst eine Leichenbittermiene „aufgesetzt“. Wer heute im übertragenen Sinne eine „Leichenbittermiene aufsetzt“ oder „zur Schau trägt“, hat ein nicht ganz ernst zu nehmendes, übertrieben kummervolles Gesicht oder zieht demonstrativ einen Schmollmund. Etwa um Mitleid zu erhalten, weil das Lernen deutscher Wörter schwierig ist. Das war im Mittelalter noch ganz anders: Der sogenannte Leichenbitter war jemand, der die Nachricht vom Tod anderer Leute verkündet hat und darum bat, zur Totenfeier zu kommen. Dem Anlass entsprechend hatten Leichenbitter einen sehr ernsten Gesichtsausdruck. Geblieben ist von diesem Beruf – samt passendem Gesichtsausdruck – nur noch das Wort, das Deutschlernenden die Verzweiflung ins Gesicht treibt. Und weil es so schön ist zum Üben, das Wort noch mal: Lei-chen-bit-ter-mie-ne.