Manuskript

Die Vier-Tage-Woche: ein Modell für die Zukunft?

Statt fünf Tage in der Woche nur vier arbeiten und dafür den gleichen Lohn bekommen – ist das realistisch? Eine Pilotstudie mit etwa 50 Unternehmen will das herausfinden. Sie soll zeigen, welche Veränderungen in den Unternehmen für eine Vier-Tage-Woche nötig sind und wie sich eine Reduktion der Arbeitszeit auf die Zufriedenheit und die Leistung der Mitarbeitenden auswirkt.

SPRECHER:
Jasmin Moradi-Gohar arbeitet statt fünf nur noch vier Tage in der Woche und das für denselben Lohn. Ihre Firma Brainguards ist ein IT-Dienstleister in München und testet die Vier-Tage-Woche. Der 23-Jährigen gefällt es.

JASMIN MORADI-GOHAR (Mitarbeiterin Brainguards):
Auf jeden Fall schön, einen freien Tag in der Woche noch mal dazu zu haben, dann für die eigenen Hobbys zu nutzen. Ich mache gerne Sport und, genau, hab’ so dann so ’n bisschen den Ausgleich zum Arbeiten noch.

SPRECHER:
Auch der Fensterhersteller EuroLam in Thüringen versucht es mit einer Vier-Tage-Woche. Im April soll sie starten. Steffen Mende ist hier Monteur. Mende freut sich auf mehr Zeit mit der Familie, fragt sich aber auch, ob er das Arbeitspensum dann noch schafft.

STEFFEN MENDE (Monteur EuroLam):
Ja, ich denke, einfach wird es schon nicht, ne. Man muss ja das, was man jetzt in fünf Tagen macht, muss man dann in vier Tagen machen. Und ich denke, da muss man schon einiges umplanen und muss organisieren anders, damit das auch gut läuft dann.

SPRECHER:
Ob das gelingt, will die sechsmonatige Pilotstudie herausfinden. Dahinter steht Carsten Meier von der Berliner Unternehmensberatung Intraprenör zusammen mit der Universität Münster. 45 Firmen aus verschiedenen Branchen beteiligen sich daran.

CARSTEN MEIER (Geschäftsführer Intraprenör):
Die Hauptgründe sind natürlich ganz oft [der] Fachkräftemangel, den wir da draußen finden. Also einfach ’n Weg zu finden: Wie kann ich meine bestehenden Mitarbeiter:innen glücklich machen, zufriedenstellen? Wie kann ich aber auch auf der anderen Seite für bessere Entlastung und Belastung sorgen, also auch Krankheitstage reduzieren? Und wie kann ich eigentlich die offenen Stellen, die ich habe, besser und schneller besetzen?

SPRECHER:
Studien aus anderen Ländern wie in Großbritannien belegen solche positiven Effekte der Vier-Tage-Woche. Krankheitstage gingen um 20 Prozent zurück, die Produktivität nahm teilweise sogar zu.

CARSTEN MEIER:
Allerdings haben wir so ’n bisschen festgestellt, im Vergleich zu der deutschen Wirtschaftswelt hat es da eher an Anteilen von Industrie und auch Handwerk gefehlt. Die waren eher unterrepräsentiert und das wollen wir jetzt mit dem deutschen Test auch unter anderem verbessern.

SPRECHER:
Zurück beim Fensterhersteller EuroLam. Geschäftsführer Henning Röper möchte mit der Vier-Tage-Woche vor allem Fachkräfte anlocken. In der Testphase will das Unternehmen herausfinden, ob Leistung und Produktivität stabil bleiben können.

HENNING RÖPER (Geschäftsführer EuroLam):
Da geht es halt um Optimierung von Prozessen, um Verringerung von nicht effizient genutzten Zeiten, zum Beispiel irgendwelche Leerläufe. Also die Prozessabfolge, die muss immer besser aufeinander abgestimmt sein und muss immer besser [er]folgen. Sollte in dieser Testphase natürlich an irgendeinem Punkt auftreten, wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig, dann ist der Test somit gescheitert und wir gehen ja dann wieder in den, ich sag’ mal, aktuellen Fünf-Tage-Modus über.

SPRECHER:
So auch bei Brainguards in München. Martin Fallmer ist der Chef des IT-Unternehmens. Damit die Vier-Tage-Woche funktioniert, müssen Arbeitsqualität und Leistung der Mitarbeiter steigen. Unter anderem optimierte Fallmer Team-Besprechungen, die bisher Zeitfresser waren.

MARTIN FALLMER (Geschäftsführer Brainguards):
Das haben wir dadurch gemacht, dass wir selbst in das Meeting harte Strukturen eingeführt haben und diese Strukturen jetzt dafür sorgen, dass mindestens ein Verantwortlicher dieses Meeting führt und auch dafür sorgt, dass die Punkte vorangetrieben werden.

SPRECHER:
Der Organisator der Studie, Intraprenör, erlebt selbst, dass eine Vier-Tage-Woche junge Fachkräfte anlockt. Intraprenör führte vor sieben Jahren die 32-Stunden-Woche ein. Für Nathalie Starke war das ein Grund, hier einzusteigen.

NATHALIE STARKE (Beraterin Intraprenör):
Ich glaub’, da findet gerade so ’n Kulturwandel in dem Alter oder in den Kreisen bei mir zumindest und hier auch in Berlin statt, dass wir die Arbeit schätzen, aber das Überarbeiten nicht mehr schätzen.

SPRECHER:
Die Vier-Tage-Woche hat in Island und Großbritannien überzeugt. 90 Prozent der Unternehmen blieben dabei, auch nach der Testphase. In Deutschland endet die Studie im August. Dann wird sich zeigen, ob das Modell übertragbar ist.