Manuskript

Eine Kläranlage für zu Hause

In Ländern wie Deutschland ist es normal, Trinkwasser in allen Lebensbereichen zu verwenden – auch auf der Toilette. Dabei ist es technisch möglich, Wasser zu sparen, indem man das bereits gebrauchte Wasser reinigt und anschließend wiederverwendet. Ein Berliner hat diese Idee realisiert und eine Kläranlage für Privathaushalte entwickelt: Seine Erfindung steht schon in mehreren Berliner Studentenwohnheimen – und könnte schon bald ein Vorbild für andere werden.

 

SPRECHER:  
Das ist Usus in Deutschland: Trinkwasser zum Händewaschen, zum Duschen und um die Toilette zu spülen. Die Toilette? Pure Verschwendung, fand ein Ingenieur aus Berlin. 

ERWIN NOLDE (Ingenieur):
Trinkwasser ist unser Lebensmittel Nummer eins, und Lebensmittel gehören ganz einfach nicht in den [ins] Klo.

SPRECHER:
Erwin Nolde will die Wassernutzung in Deutschland optimieren und hat dafür eine Kläranlage für Wohnhäuser entwickelt. Gerade baut er eine in einem Studentenwohnheim.

ERWIN NOLDE:
Ja, wir recyceln hier in diesem Fall nur das Grauwasser, also das Duschwasser und das Wasser, was von den Handwaschbecken kommt. Das … in diesem Objekt reicht es völlig aus.

SPRECHER:
Dafür müssen zuerst Dusch- und Waschbecken-Wasser gesondert aufgefangen werden. In diesen Tanks wird es dann in mehreren Etappen gereinigt – alles ohne Chemikalien. Stattdessen schwimmen kleine Teile im Wasser, auf denen Mikroorganismen sitzen. Sie fressen Bakterien auf. Am Ende wird das Wasser noch mit UV-Licht bestrahlt, das ebenfalls Bakterien tötet.

In diesem Studentenwohnheim im Norden Berlins ist eine Anlage von Nolde schon seit Januar 2023 in Betrieb. Oishik Dasgupta wohnt seitdem in diesem Zwei-Zimmer-Appartement. Er macht seinen Master in International Affairs mit Schwerpunkt Energiepolitik an der Hertie School. 

OISHIK DASGUPTA (Student):
Ich verstehe Wasser als essenzielle Ressource für unser Leben. In vielen Gegenden der Welt, sogar in Deutschland und auch in Indien, wo ich herkomme, wird sich der Wasserbedarf bis 2030 verdoppeln, und wir werden nicht genug Wasser haben.

SPRECHER:
Die meisten Studenten hier im Wohnheim wissen gar nichts von der Recycling-Anlage im Haus. Mariia aus der Ukraine auch nicht. Trotz der neuen Anlage zahlt sie nur 400 Euro Miete im Monat. Sonst sind Studentenzimmer viel teurer in der Hauptstadt.

MARIIA DAVYDENKO (Studentin):
Das [Der] Mietpreis ist ziemlich gut, weil, in Berlin sind die Preise immer hoch. Ja, und das war eine gute Surprise für mich.

SPRECHER:
Wasser-Recycling, vor allem bei Neubauten, lohnt sich langfristig. Auch weil Erwin Nolde seine Anlagen immer weiter verbessert. Vor mehr als 25 Jahren hat er begonnen, erst mal nur das Wasser zu recyceln. Mittlerweile nutzt er auch Wärmerückkopplung, das heißt, die Abwärme des warmen Handwasch- und Duschwassers wird genutzt, um damit das frische Wasser in der Leitung zu erwärmen. 

ERWIN NOLDE:
Mit dieser Recycling-Anlage sparen wir 30 bis 60 Prozent Trinkwasser ein halt, und nicht nur das Trinkwasser, sondern auch das Abwasser. Also, es gibt kein hygienisches Risiko mit diesem System, es gibt keinen Komfortverlust, und wir konnten dadurch nachweisen, dass wir ja auch nicht nur Wasser sparen, sondern auch Energie sparen, dass das Ganze absolut umweltverträglich ist, umweltfreundlicher ist als das, was sonst üblicherweise gemacht wird halt.

SPRECHER:
Gebaut hat die zwei Studentenwohnheime die städtische Wohnungsbaugesellschaft von Berlin. Sie ist die erste in der Region Berlin-Brandenburg, die Grauwasser recycelt. Die Mehrkosten der Recycling-Anlage belaufen sich bei Neubauten auf immerhin 20 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Doch sie scheinen sich zu lohnen. Denn die Gesellschaft plant weitere Projekte dieser Art.

ANDRÉ HASSMANN (Berlinovo Real Estate Company):
Die Anlage liefert genau das, was sie machen sollte, hat 'ne Amortisierung, 'ne wirtschaftliche Amortisierung von zwölf Jahren, spart entsprechend Trinkwasser, CO2 und Energie ein, führt die Energiemenge wieder zurück, ist eigentlich damit 'n wirklich rundum sehr gutes Paket, was gerade jetzt für Wohnungsbauten sich hervorragend macht.

SPRECHER:
Auch in Ländern mit Wasserknappheit und schlechter Stromversorgung funktioniert die sparsame Anlage. Um täglich 35 Liter Wasser für die WC-Spülung zu erzeugen, braucht sie so viel Energie wie eine Fahrradleuchte in 24 Stunden.

ERWIN NOLDE:
Da wo es noch keine vernünftige Kanalisation gibt, sollte man das auf jeden Fall machen, das dezentrale Wasser-Recycling. Wenn die Stromversorgung schwierig ist, na, dann brauchen wir eben so 'n bisschen PV oben auf dem Dach. Und nachts soll die Anlage ja auch laufen, noch 'nen kleinen Akku dazu. Also, mit diesen 1,5 Kilowattstunden pro Kubikmeter ist das nicht viel, das ist relativ einfach zu handhaben.

SPRECHER:
Stolz ist der Ingenieur auch auf die bisher erreichte Qualität des recycelten Wassers. Mikrobiologische Tests haben ergeben, dass es fast Trinkwasserqualität hat. Man könnte damit also auch Grünanlagen bewässern. Eigentlich auch viel zu schade fürs Klo.

ERWIN NOLDE:
Gut.