Manuskript

Freiheit und Protest: Als Model aus dem Iran

Farnoush Hamidian lebt in Deutschland. In ihrem Heimatland Iran muss sie fürchten, von der Sittenpolizei verhaftet zu werden. Der Grund: Sie arbeitet als Model. Im Exil erfuhr sie 2022 vom Tod Jina Mahsa Aminis. Die junge Frau war im Iran festgenommen worden, weil ihre Kopfbedeckung angeblich nicht den religiösen Gesetzen entsprach. In Gefangenschaft der Sittenpolizei starb sie, was heftige Proteste im Land auslöste. Farnoush Hamidian, die früher selbst von der Sittenpolizei verhaftet und misshandelt wurde, engagiert sich seitdem für die Rechte der Frauen im Iran.

SPRECHER:
Diese Iranerin fordert ihr Heimatland heraus.

FARNOUSH HAMIDIAN (iranisches Model):
Ich hoffe auf den Tag, an dem keine Jugendliche mehr sterben muss, weil sie tanzen oder frei reden will.

SPRECHER:
Farnoush Hamidian führt ein Leben, das sich zwischen der glamourösen Welt der Mode und den Protesten junger Frauen im Iran bewegt. Sie selbst wurde von der Sittenpolizei im Iran schon verhaftet. In diesem Video zeigen wir, wie Farnoush als Model im Exil zum Vorbild der jungen iranischen Frauengeneration wurde und wie sie sich für sie engagiert.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Ich bin Farnoush Hamidian, ich bin ein internationales iranisches Model. Ich lebe in Deutschland und setze mich für die Frauen im Iran ein.

SPRECHER:
Farnoush ist für die Haute-Couture-Wochen in Paris – und auf dem Weg zu Stephane Rolland. Der französische Modemacher hat sie erneut für seine Show gebucht. Beim Fitting werden die Kleider, die er für sie geschneidert hat, angepasst.

STEPHANE ROLLAND (französischer Modedesigner):
Es wird nur die Brust abgedeckt. Sonst ist alles durchsichtig.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Und das als Perserin!

SPRECHER:
Das Outfit ist sehr freizügig. Für sie als Exil-Iranerin hat das eine besondere Bedeutung.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Als iranische Frau als Model zu arbeiten, ist bereits ein Erfolg, weil es in meinem Land gesetzlich verboten ist, das zu tun. Ich habe es früher heimlich gemacht. Dieser Job an sich ist für mich schon ein Protest.

SPRECHER:
Der Damavand, ein ruhender Vulkan in der Nähe ihrer Heimat. Sie wächst mit ihren drei Geschwistern glücklich im Norden Irans am Kaspischen Meer auf. Als Jugendliche beginnt sie zu modeln. In der Islamischen Republik ist das ohne Kopftuch illegal. Hier finden Fashionshows nur im Untergrund statt. In der Öffentlichkeit müssen Frauen eine strenge Kleiderordnung befolgen.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Als ich das erste Mal von der Sittenpolizei verhaftet wurde, war ich 13. Ich war noch ein Kind und dachte, ich hätte etwas falsch gemacht. Und als ich 16 war, haben sie mich entführt, geschlagen, vergewaltigt. All das mit 16. Es hat mich kaputtgemacht, mich in so viele Teile zerrissen. Ich habe Jahrzehnte gebraucht, um das zu kitten.

SPRECHER:
2014 verlässt sie ihre Heimat und geht nach Europa. Sie hat zwar Architektur studiert, wird aber schnell von internationalen Modelagenturen unter Vertrag genommen. Vor allem in der arabischen Modeszene ist das Gesicht der Iranerin gefragt. Es erscheint häufig auf dem Cover der Vogue Arabia. Regelmäßig läuft sie bei bedeutenden Fashionshows wie hier in Paris.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Das Ausmaß an Freiheit! Das war das Erste, das mich umgehauen hat. Als ich nach Europa gezogen bin, wollte ich zunächst einfach immer nur Kopfhörer aufsetzen und singend durch die Straßen laufen. Ich dachte, dass die Leute mich für verrückt halten. Und dass keiner verstehen würde, wie frei ich war. Und was diese Freiheit wirklich bedeutet.

SPRECHER:
Im Iran gibt es diese Freiheit vor allem für Frauen noch nicht. Nachdem im September 2022 die junge Jina Mahsa Amini wegen eines falsch getragenen Kopftuches sterben muss, gehen die Menschen auf die Straße und riskieren für ein bisschen mehr Freiheit ihr Leben.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Das hat all meine Traumata wieder hervorgeholt. Und ich dachte nur, ich kann nicht immer und immer wieder dabei zusehen, wie so etwas passiert. Ich muss etwas tun.

SPRECHER:
Farnoush nutzt ihre Berühmtheit und ihren Instagram-Kanal, um die jungen Frauen im Iran zu unterstützen. Sie mahnt, klagt an und koordiniert ganz pragmatisch Hilfe aus dem Exil. Sie und auch ihre Eltern im Iran werden dafür bedroht. Sie selbst kann deswegen nicht zurück in ihre Heimat. Sie müsste damit rechnen, verhaftet zu werden.

FARNOUSH HAMIDIAN:
Ich hoffe, dass kein sechsjähriges Mädchen in der Schule mehr Angst haben muss, seine Haare zu zeigen.

SPRECHER:
Es ist der kleine Wunsch einer großen, starken Frau. Farnoush Hamidian kämpft mit ihren Mitteln für etwas mehr Freiheit im Iran.