Ganz schön frostig: Das Eismusik-Festival
Im norwegischen Bergdorf Finse findet alljährlich im Winter ein Eismusik-Festival statt. Die Musiker spielen auf Instrumenten, die komplett aus Eis bestehen. Es ist gar nicht so einfach, sie zu bauen, und noch schwieriger, auf ihnen zu spielen. Die ungewöhnlichen Konzerte locken Besucher aus aller Welt an.
SPRECHER:
So kann Eis klingen. Hier wird ausschließlich auf Instrumenten aus Eis gespielt. Es ist das eisigste Musikfestival Europas und vermutlich das abgelegenste. Euromaxx-Reporter Hendrik Welling hat sich auf den Weg nach Finse gemacht. Hier gibt es keine Straßen, keine Autos – nur einen Bahnhof, ein paar Ferienhäuser und sehr viel Eis und Schnee. Finse liegt im Süden Norwegens in 1222 Metern Höhe auf halber Bahnstrecke zwischen Bergen und Oslo, umgeben von Gletschern, Eis und Schnee. Ist das hier wirklich der ideale Ort für ein Musikfestival? Im vergangenen Jahr fielen die Temperaturen auf minus 27 Grad Celsius. Ausgedacht hat sich das Festival Terje Isungset. Der Norweger hat vor 20 Jahren zufällig entdeckt, wie Eis klingen kann.
TERJE ISUNGSET (Gründer des Festivals):
Ich habe mich sofort in den fantastischen Klang verliebt, außerdem sieht es sehr schön aus. Also dachte ich, es wäre toll, ein Festival zu organisieren und viele kreative Leute einzuladen und zu schauen, was man aus Eis und Schnee machen kann. Wir haben nur eine Regel: Eis und Schnee müssen immer im Spiel sein.
SPRECHER:
An Eis mangelt es hier nicht. Ab Dezember gehen die Festivalmacher immer wieder auf den zugefrorenen See Finsevatnet. Hier werden die Eisblöcke herausgesägt, aus denen später die Instrumente geschnitzt werden. Neun Tonnen haben sie über die Monate geerntet. An jeder Stelle des Sees kann das Eis eine andere Qualität haben.
EVEN RYGG (Festival-Mitarbeiter):
Es gibt verschiedene Eistypen. Es liegt immer daran, wie das Wasser fließt, wenn es gefriert. Und das ist entscheidend für den Klang. Das hier ist sehr klar und hat keine Luftblasen. Damit wird man schöne Töne machen können.
SPRECHER:
Innerhalb weniger Stunden bauen die Musiker ihre Instrumente. Terje Isungset kreiert ein Element für eine Marimba aus Eis.
TERJE ISUNGSET:
Und jetzt möchte ich einen höheren Ton haben.
HENDRIK WELLING (Reporter):
Oh! Erstaunlich!
TERJE ISUNGSET:
Man kann eigentlich alle Arten von Instrumenten bauen, aber am interessantesten finde ich irgendwelche Fantasie-Instrumente – oder zumindest die, die keine reine Kopie von bestehenden Instrumenten sind.
SPRECHER:
Dieses Instrument will Hendrik Welling auf jeden Fall ausprobieren. Es ist eine Art Saxofon aus Eis, das der norwegische Jazzmusiker Kjetil Møster kreiert hat – schwierig zu bauen und noch schwieriger zu spielen.
HENDRIK WELLING:
Das ist so anstrengend! Aber einen Ton habe ich zumindest herausbekommen, oder?
SPRECHER:
Und so soll es eigentlich klingen ... Die Besucher kommen aus der ganzen Welt angereist, um eines oder mehrere der acht Konzerte zu besuchen.
BESUCHERIN 1:
Für uns ist es die Erfüllung eines Lebenstraums.
BESUCHERIN 2:
Ich komme aus Italien.
HENDRIK WELLING:
Aus Italien? Und Sie sind extra für das Eismusikfestival hierher gekommen?
BESUCHERIN 2:
Ja, weil ich es beeindruckend und unglaublich finde.
SPRECHER:
Die Zuschauer sitzen bei eisiger Kälte im Schnee. Daher dauern die Konzerte oft nicht länger als eine Dreiviertelstunde. Ob Percussion- oder Blasinstrumente: Es sind oft die leisen Töne, die die Zuschauer berühren. Nach drei Tagen beim Eismusikfestival in Norwegen geht es für Hendrik Welling wieder nach Hause. Was bleibt, sind seine Eindrücke von der Landschaft und der Eismusik, die hier perfekt harmonieren.