Manuskript

Im Land der kleinen Burgen und Schlösser

Über 80 Burgen und Schlösser hat Günther Beinert schon gebaut – alle in Miniatur, alle in Handarbeit. Der 87-Jährige war früher Maurer. Burgen baut er schon sein Leben lang, und auch Eisenbahnen haben es ihm angetan. In seiner Heimatstadt Gerbstedt im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt kann man bei einer Wanderung 40 seiner Modelle bewundern – eine Attraktion nicht nur für Kinder.

SPRECHER:
Türme, ein Toilettenhäuschen und ein Schlosstor. Das alles hat Günther Beinert gebaut. Es ist das Schloss Mansfeld im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt – im Maßstab 1:25. Eineinhalb Jahre betrug die Bauzeit.

GÜNTHER BEINERT (Burgenbauer):
Ich habe was geschaffen, wo ich selber nicht dran gedacht hab‘. So ist es.

SPRECHER:
Mehr als 80 Modelle von in Deutschland real existierenden Burgen und Schlössern hat der mittlerweile 87-jährige Hobbybastler gebaut. Allein in seiner Heimatstadt Gerbstedt in Sachsen-Anhalt stehen mehr als 40. Sein größtes Werk ist das Schloss Mansfeld. Es hat einen Umfang von 38 Metern und ist sogar begehbar. Das Bauwerk thront auf einer Fläche von 120 Quadratmetern. Das echte Schloss steht auf der Burg Mansfeld im Südharz. Im 11. Jahrhundert erbaut, war sie einst die größte Festung in Mitteldeutschland. Das Schloss Wettin ist auch eine Arbeit von Günther Beinert. Sein Baumaterial: Zement und Bauschutt.

GÜNTHER BEINERT:
Das sind alte ‚Biberschwänze', also Dachziegel, die habe ich kleingeschlagen und [denn] wieder zusammengefügt, aber jeder Eckstein musste mit der Zange bearbeitet werden. Keine Technik, alles per Hand.

SPRECHER:
So formte er tausende Miniziegelsteine. Günther Beinert hat einst Maurer gelernt. Als Modellvorlage nimmt er lediglich kleine Sammelbilder. Die gab es in den 1930er- und 40er-Jahren beim Kauf von Zigaretten dazu.

GÜNTHER BEINERT:
Die erste Burg habe ich im Elternhaus gebaut als Fantasieburg, und weil ich mich denn dran gefreut hab‘… Ich weiß auch nicht, warum [dass] sich das so entwickelt hat.

SPRECHER:
1949 hat Günther Beinert mit dem Burgenbauen begonnen und konnte nicht mehr aufhören. Irgendwann wurden es so viele, dass im eigenen Garten kein Platz mehr war. Da half die Stadt und bot ihm Flächen zum Aufstellen an. Geld hat er für keine seiner Burgen bekommen.

GÜNTHER BEINERT:
Ich mache es ja für die Bevölkerung und für die Kinder vor allen Dingen, und die sollen sich freuen, und das Ergebnis ist mein Lohn. Mehr will ich ja gar nicht.

SPRECHER:
Günther Beinert ist ein Phänomen. Denn er hat nicht nur Burgen, sondern auch Lokomotiven gebaut und dabei an jedes noch so kleine Detail gedacht. Die Modelle stehen auf dem ehemaligen Gerbstedter Bahnhofsgelände. Darunter eine der weltweit größten Lokomotiven, genannt „Big Boy“. Und Deutschlands erste Dampflok: der „Adler“ aus dem Jahr 1835.

GÜNTHER BEINERT:
Das Kuriose ist, ich war ja nie Eisenbahner und Ahnung von Lokomotiven hatte ich gar nicht. Ich hatte aber einen Kollegen von Sangerhausen, der hat mich mit Bildmaterial versorgt, und da hat mich eine Lokomotive mehr gereizt wie die andere. Und so sind eben über 40 – 42 Lokomotiven sind hier entstanden.

SPRECHER:
Die Modelle sind zu einer Attraktion in Gerbstedt geworden. Ein Burgenwanderweg verbindet alle Miniatur-Schlösser miteinander. Auf sein Gesamtwerk ist Günther Beinert stolz.

GÜNTHER BEINERT:
Ich stehe davor, jetzt zum Beispiel, und frage mich: Wie hast du’s bloß gemacht? Wie hast du’s gemacht?

SPRECHER:
Burgen, Schlösser und Lokomotiven aus Bauschutt und Beton - dieses Freilichtmuseum ist wohl einzigartig in der Welt.