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Im Paradies der Kostüme

Was man hier nicht findet, findet man wohl nirgendwo: Der spanische Kostümverleih „Peris Costumes“ ist der größte seiner Art – und ein Paradies für alle, die beim Film arbeiten. Das Haus hat nicht nur ein riesiges Kostümlager, sondern produziert auf Anfrage auch selbst. Zu den regelmäßigen Kunden gehören unter anderem die großen Film- und Fernsehstudios von Netflix und Hollywood.

SPRECHER:
Das hier ist wohl der größte Kleiderschrank der Welt: rund 10 Millionen Kostüme auf einem Fleck! Hier decken sich Hollywood, Netflix, Amazon und Co. für ihre Filme und Serien ein. Was macht diesen spanischen Kostümverleih in der Nähe von Madrid so begehrt?

JAVIER TOLEDO (Geschäftsführer „Peris Costumes“):
Hier gibt es Kostüme für jede Produktion aus jeder Epoche. Absolut alles. Nicht nur Kleidung, sondern auch Accessoires. Alles, was man für eine Produktion braucht, von Kopf bis Fuß.

SPRECHER:
Serien-Hits wie „House of the Dragon“, die Vorgeschichte zu „Game of Thrones“, die Netflix-Produktionen „Bridgerton“ und auch „The Alienist“ stattete das Unternehmen „Peris Costumes“ aus. Seit 2013 leitet Javier Toledo den Verleih als Geschäftsführer. Seine Devise lautet: nie etwas wegwerfen! Entsprechend werden die Stücke immer wieder umgearbeitet.

JAVIER TOLEDO:
Je öfter die Stücke verwendet werden, desto besser. Davon profitiert unser Fundus, dass alles immer wieder zum Einsatz kommt.

SPRECHER:
Die Sammlung von „Peris Costumes“ umfasst einen eigenen Schmuckbereich mit Originalen und Replikas aus verschiedenen Jahrhunderten sowie große Schuh- und Hut-Kollektionen mit ganz unterschiedlichen Modellen. Um alle Wünsche erfüllen zu können, muss das Kostümhaus auch eigene Teile herstellen. Wie zum Beispiel in der Schuhfabrik: Hier werden monatlich Hunderte neue Schuhe angefertigt. Oder in der Lederabteilung, wo auch historische Handwerkstechniken zum Einsatz kommen.

ESTRELLA CABALLERO (Lederabteilung):
Es hängt von jedem Kleidungsstück ab, mit welcher Technik wir arbeiten. Wir haben kürzlich einen Film ausgestattet, für den wir alles von Hand fertigen mussten.

SPRECHER:
Estrella Caballero arbeitet seit mehr als 25 Jahren in der Branche und kennt alle Tricks.

ESTRELLA CABALLERO:
Hier habe ich einen Metallhelm, der eine fast exakte Kopie von Helmen aus dem Mittelalter ist. Er hat ein Gewicht von etwa drei Kilo. Deshalb machen wir daraus ein Modell aus Leder. Dieser hier ist komplett aus Leder und ist dadurch sehr leicht – eine gute Imitation! Für die Schauspieler ist es viel einfacher, mit so einem leichten Helm zu reiten. Das funktioniert sehr gut!

SPRECHER:
In den 22 Lagerhallen von „Peris Costumes“ verstecken sich auch einige historische Kleidungsstücke. Sie dienen als Vorlage für neue Kostüme, bei denen auch alte Nähtechniken angewendet werden.

JAVIER VARAS (Kostümbildner):
Das ist eine Jacke aus den 1930er-Jahren. Sie ist sehr tailliert und hat eine V-Linie. Auch die Armlöcher sind sehr eng. Heutzutage wird so etwas nicht mehr hergestellt. Aber uns dient es als Inspiration, wenn wir zum Beispiel Kleidungsstücke aus den 30er-Jahren reproduzieren wollen. Mit dieser Methode können wir unsere Lagerbestände herstellen.

SPRECHER:
„Peris Costumes“ wurde 1856 gegründet. Weltbekannt wurde die Firma aber erst nach der Übernahme durch Javier Toledo im Jahr 2013. Unter seiner Führung wuchs die Anzahl der Mitarbeitenden von zehn auf mehr als 250 an. Heute gehört das Unternehmen zur internationalen Spitze der Branche.

JAVIER TOLEDO:

Für uns ist es sehr wichtig, zu investieren. Und das haben wir in den letzten zehn Jahren getan, um die Ausstattung für jede Produktion bieten zu können – egal in welcher Zeit sie spielt. Deshalb kaufen wir zum Beispiel auch andere Kostümhäuser, Schneidereien und fertige Kostüme.

SPRECHER:
Parallel arbeitet die Firma an einer neuen Strategie, indem sie ihren Bestand digitalisiert. Mit der Hilfe von 144 synchronisierten Kameras und einer selbst entwickelten Software wird ein digitaler Kleiderschrank gebaut.

RAÚL MAQUEDA (Abteilung Fotogrammetrie):
Mit Fotografien vermessen wir sozusagen unsere Stücke, um sie in digitale Kleidung – dreidimensionale Kleidung – umzuwandeln. So können Videospiel-, 3D- und Filmproduktionen Outfits auswählen und für digitale Charaktere verwenden – zum Beispiel für Schlachtszenen mit 5000 Soldaten, ohne dafür so viele Statisten zu benötigen.

SPRECHER:
Und so wird der Kleiderschrank von „Peris Costumes“ immer größer – analog und digital.

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